„Bist du dir sicher, dass es dir gut geht?"
„Ja, Papa, alles gut." Da nimmt man mal 'nen paar Kilo ab und dann ist es auch wieder falsch. Wenigstens passt das Kleid jetzt. Wie sich herausgestellt hat, war es ganze zwei Nummern zu klein, weil die Verkäuferin meinte, es würde groß ausfallen. Wer's glaubt. Man kann ja wohl keine 42 mit einer 38 vergleichen. Da kann das Kleid noch so groß ausfallen.
„Du isst so wenig. Gehst du in der Schule überhaupt noch Mittag essen?"Das war ich schon vorher nicht.
Ich ziehe mir die Schuhe aus und gehe ins Wohnzimmer, wo Papa im Türrahmen steht.
„Ich fresse nur nicht mehr alles in mich rein"
„Hast du doch nie." wir setzen uns zusammen auf das Sofa und schauen Fern. Es läuft Fußball. Ich habe keine Ahnung von Fußball. Ich kenne nur das Ziel des Spiels: Ball ins andere Tor schießen und dabei so viele verletzen wie nötig. Wenn möglich, nicht wenn der Schiedsrichter guckt.
Papa legt die Füße auf den Tisch und ich tue es ihm gleich.
„Laut Mama schon."
„Ach, Quatsch! Deine Mutter meint das doch nicht so." Oh doch, das tut sie.
„Na ja, wie du meinst."
Dann schweigen wir. Papa nuckelt an seinem Bier und ich sehe gelangweilt dem Spiel zu. Nach ein paar Minuten wird es mir zu ruhig.
„Für wen bist du?" frage ich.
„Für niemanden. Ich sehe nur dem Spiel zu." Was für eine Logik.
Wieder Schweigen. Ich sehe auf mein Handy. Anna hat geschrieben.
„Gehst du jetzt eigentlich zur Abschlussfeier?"
Ja sicher. Nicht. Ich schreibe „Ich weiß noch nicht" und packe es wieder in die Hosentasche.
„Wie wird eigentlich dein Zeugnis?"
„Ich glaube nicht so gut."
„Wie?"Soll ich es buchstabieren?
„Na ja, die Mathe Prüfung lief nicht so gut."
„Solange das das einzige Fach ist geht es ja." Das sagst du jetzt.
„Lass dich überraschen."
„Sag das lieber nicht zu deiner Mutter." sagt er mit einem viel sagenden Blick in meine Richtung. Ich kann verstehen was er meint. Mama bekommt sowas ganz leicht in den falschen Hals.
„Ich geh dann mal hoch."
„Ja, mach das."
Fast an der Tür angekommen, höre ich schon ihr Auto vorfahren. Jetzt aber schnell!
„Ach, ehm, Lina? Warte mal kurz." Beeil dich! Er steht auf und hastet zu seiner Geldbörse im Flur. Heraus zieht er locker zwei 50 Euro Scheine.
„Dein Taschengeld für die Ferien." flüstert Papa und reicht sie mir. Ich nehme mir einen und schiebe seine Hand zurück.
„Danke." flüstere ich zurück und drücke ihm einen Kuss auf die Wange. Dann verschwinde ich nach oben. Genau in dem Moment geht die Tür unten auf.
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Me and Myself
Teen FictionLina ist erst 16, als die Welt über ihr zusammenbricht. Nach einem wunderschönen 10. Klasse Abschlussball freut sie sich auf die Sommerferien, in denen sie außerhalb der Stadt und weit weg von ihrem Leben die Zeit bei ihrer Oma genießen kann. Doch...