Zwei Punkt Sechs

7 0 0
                                    

„Komm schon, Shadow. Wir wollen es doch noch pünktlich schaffen!" Ich jedenfalls. Shadow kommt nach gefühlten Stunden endlich auf mich zu gerannt und lässt sich an die Leine binden.

„So ist's brav. Wir gehen jetzt Oma abholen." er wedelt mit dem Schwanz, als ob er weiß wo es hingeht.

Ich gehe durch die Eingangstür nach draußen und ziehe mir meine Latschen an. Dann sehe ich mein Fahrrad. Hmm.. Könnte funktionieren..

Ich binde Shadow für einen Moment an die Regenrinne, neben der Haustür und hole einen alten Korb für den Lenker aus dem Schuppen.

„Hör auf zu winseln. Ich bin ja gleich soweit." Mit Mühe schaffe ich es den Korb fest zumachen und hole dann Shadow. Ich nehme ihn hoch und setze ihn in den Korb. Zuerst wehrt er sich, aber nach einiger Zeit sitzt er so still, dass ich sogar aufsteigen kann.

Ein Problem gibt es aber. Bei jedem Auto springt Shadow fast aus dem Korb und es ist sehr schwer das Fahrrad gerade zu lenken, wenn ein strampelnder Welpe daran herumruckelt.

Wir fahren eine Weile. Ich bleibe einige Male stehen und lasse Shadow aus den Korb, damit er sein Geschäft nicht da drin erledigt.

Mittlerweile ist es später Nachmittag und die Sonne neigt sich dem Horizont zu.

„Komm jetzt Shadow. Los, komm."ich setze ihn ein letztes Mal in den Korb.

Kurz vor der Praxis von meiner Oma ist eine scharfe Kurve. Ich sehe nichts, also fahre ich einfach drauf zu. Hinter mir höre ich ein Auto anfahren und sehe aus dem Augenwinkel wie es anfängt zu überholen. So ein Idiot. Wenn jetzt Gegenverkehr kommt...

Plötzlich kommt ein Auto um die Ecke geschossen und Shadow erschrickt so sehr, dass er es endgültig schafft aus dem Korb zu springen. Dabei reißt er so sehr am Lenker, dass ich quer über die Straße schieße. Das Auto hinter mir versucht quietschend stehen zu bleiben und landet wieder auf der ursprünglichen Fahrbahn.

Oh nein, oh nein, oh nein!  Ich steuere jetzt genau auf das andere Auto zu, welches versucht auszuweichen.

Ich schmeiße mich vom Fahrrad. Mit voller Wucht knalle ich in den Graben und sehe zu wie das Fahrrad auf die Windschutzscheibe knallt. Das Fahrzeug kommt quietschend zum stehen.

Stille. Nur das Zirpen der Grillen ist zu hören. Ich sehe mich um.

„Shadow?Shadow??" Wo ist dieser verdammte Hund? Ich gehe zur Unfallstelle.

„L-Lina?" Die Stimme kenne ich doch.. „L-Lina, b-bist du das?"

„Oma? Wo bist du?"

„Hier..." ich gehe um das Auto mit dem Fahrrad herum und entdecke sie auf dem Fahrersitz.

„Nein...Nein! Wieso sitzt du in diesem Auto? Das kann doch gar nicht sein.."

„L-Lina,ruf den Krankenwagen.." Wieso habe ich das denn nicht schon längst gemacht?

„J-ja, richtig!" ich wähle. Meine Stimme ist nur noch ein Flüstern.

„Hallo? Notrufzentrale.."

„Hilfe! Hier..Hier war ein Unfall. Das Fahrrad ist vorn aufs Auto gekracht.. Sie müssen dringend einen Krankenwagen schicken!"

„Bleiben Sie ganz ruhig. Wo befinden Sie sich denn gerade?"

„K-kurz vor Jacobshagen, in der Nähe der Tierarztpraxis."

„Sehr gut, das machen Sie toll. Wir schicken sofort ein Krankenwagen zu Ihnen. Sagen Sie mir bitte noch Ihren Namen?"

„M-Melina...Melina Bergstein."

„Okay, Melina, der Krankenwagen ist gleich vor Ort. Bewahren Sie Ruhe!"

„K-kann ich irgendwas tun?Meine Oma..sie liegt im Auto..i-ich will ihr helfen.."

„Reden Sie mit ihr. Reden Sie auf sie ein. Gehen Sie sicher, dass sie gut atmen kann. Sie darf auf keinen Fall das Bewusstsein verlieren!"

„Okay, okay.."

„Sind noch mehr Verletzte am Unfallort?" ich sehe mich um. Der Typ aus dem anderen Auto kommt angerannt. Er kommt mir irgendwie bekannt vor.

„Nein."

„Sind sie verletzt?" bei diesem Satz setzen die Tränen ein.

„Nein.."

„Melina, ich leg jetzt auf, aber Sie müssen mir versprechen Ruhe zu bewahren."

„Werd' ich."

Das war gelogen. Ich werde wahrscheinlich gleich zusammenbrechen.

Es ist alles meine Schuld.

Meine Schuld...

Me and MyselfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt