13. Kapitel

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Als ich aufwachte, lag ich nackt im Bett. Ich sah Cassy von hinten. Sie war bereits angezogen, saß auf der Bettkante und telefonierte. Dabei streichelte sie immer wieder meine Arme und Hüfte.

"Ja, natürlich. Gerne... Aber ich habe gerade Besuch... Ja, eine Freundin ist bei mir. Ich kann sie doch nicht weg schicken... Sie mitnehmen? Ähm... Okay. Wenn das für dich in Ordnung ist... Gut. Dann bis später."

Cassy legte auf und drehte sich zu mir um. "Na? Bist du wach, Zuckerstück?"

Ich nickte mit einem verschlafenen Grinsen. Sie streichelte über meine Wange. "Mein Bruder hat gerade angerufen. Ein Freund von ihm hatte einen Unfall und er muss zu ihm ins Krankenhaus. Seine Frau ist arbeiten, deshalb brauchen sie kurzfristig jemanden, der auf die Kinder aufpasst. Ich mache mich gleich auf den Weg. Möchtest du mitkommen?"

Ich blinzelte einige Male. "Ähm, ja, klar, wieso nicht... Aber... Wird er sich dabei nichts denken?"

Cassy schüttelte den Kopf. "Ach, nein. Du bist einfach nur eine Freundin, die zufällig zu Besuch war, als er anrief."

"Ok. Dann wird es schon in Ordnung sein", sagte ich. Sie klopfte mir einige Male auf die Hüfte und sagte: "Dann zieh dich an. Wir müssen los."

Ich hüpfte aus dem Bett und zog mich an. Mit der Straßenbahn fuhren wir zwölf Stationen, inklusive einmal umsteigen, bis zur Wohnung von Cassys Bruder Joshua. Die Wohnung war im fünften Stock, weshalb wir den Fahrstuhl den Treppen vorzogen.

Oben angekommen begrüßte uns Joshua an der Wohnungstür. Er hatte das gleiche blonde Haar wie seine Schwester und nussbraune Augen. Besonders groß war er nicht, aber dafür muskulös und ziemlich hübsch. "Liegt wohl in der Familie", dachte ich.

"Und du musst Cassys Freundin sein", sagte er, nachdem er Cassy liebevoll umarmt hatte. Er schüttelte mir die Hand.

"Ich bin Leila", stellte ich mich vor. Joshua nannte mir ebenfalls seinen Namen, den ich bereits kannte. Er bat uns herein und die Kleinen begrüßten uns.

"Tante Cassy!", hörte ich die Zwillinge schon von weitem rufen. Sie kamen über den Flur gerannt und stürzten sich auf Cassy, welche beinahe das Gleichgewicht verlor.

Sie drückte den beiden einen Kuss auf die Stirn und bekam dafür kichernde Ekellaute als Erwiderung.

"Lucas, Eric, sagt bitte Hallo zu meiner Freundin Leila", sagte sie dann. Die Jungs begrüßten mich. Sie glichen ihrem Vater wirklich aufs Haar. Ich grüßte zurück und fragte: "Wie alt seid ihr denn?"

"Wir sind schon fünf!", sagten beide gleichzeitig. Sie waren wirklich niedlich.

"Danke, dass ihr so kurzfristig gekommen seid, Mädels", sagte Joshua. "Essen ist im Kühlschrank. Nehmt euch was, wenn ihr wollt. Ansonsten weißt du ja, wo alles ist, Cas." Er verabschiedete sich von den Jungs und uns und machte sich auf den Weg ins Krankenhaus.

Ich muss gestehen, dass ich mich ab diesem Zeitpunkt etwas seltsam fühlte... Ich war mir nicht sicher, wie ich mit den Jungs umgehen sollte. In meinem Familien- und Freundeskreis gab es keine Kleinkinder. Ich hatte nichts mit ihnen zu tun. Cassy hingegen war Kindergartenpädagogin und wusste genau, was zu tun war.

"Entspann dich, Zuckerstück. Die beiden sind pflegeleicht", flüsterte sie mir zwinkernd zu.

Und sie hatte recht. Lucas und Eric waren wirklich süß. Ich konnte sie allerdings nicht auseinanderhalten. Aber ich vermied es einfach, sie beim Namen zu nennen.

Wir verbrachten einen schönen Nachmittag mit ihnen, spielten Pirat und bauten Türme und Häuser mit Lego. Ach, ich liebte Lego! Wer denn nicht?

Als wir so mit ihnen spielten musste ich daran denken, selbst Kinder zu bekommen. Ich hatte noch nie so konkret darüber nachgedacht, aber ich wollte schon mein erstes Kind bekommen, bevor ich dreißig war... Und immerhin war ich schon vierundzwanzig. Wenn man dazu rechnete, dass ich den Vater meiner Kinder vor der Zeugung gern länger kennen würde und zumindest drei Jahre vor der Familiengründung mit ihm zusammen sein wollte, so blieb mir eigentlich nicht mehr viel Zeit. Hinzu kamen auch noch neun Monate Schwangerschaft, was man schon fast als ganzes Jahr zählen konnte. Und so ein Baby zu machen funktionierte zumeist nicht beim ersten Mal. Ein paar Monate müsste man es schon versuchen...

Genau genommen musste ich bald auf Partnersuche gehen, um meine Familienpläne in die Tat umzusetzen. Aber wollte ich das auch? Wollte ich nicht eigentlich meinen Traumpartner gar nicht suchen, sondern einfach durch eine schicksalshafte Fügung finden? Wollte ich nicht eigentlich noch Single sein und auf Aufriss gehen und viele Männer ausprobieren, bis ich durch Zufall den Richtigen bei einem One-Night-Stand kennen lernte?

Vielleicht wollte ich auch einfach nur mein gemütliches Leben so weiter leben, wie es gerade war. Frei von allen Bindungen und mit Cassy, die für alles zur Verfügung stand, was mir sonst im Leben fehlte...

CassyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt