14. Kapitel Twiggy POV

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In meinem Bauch rumorte es fürchterlich, mit hängendem Kopf schlurfte ich die verregnete Strasse entlang. Das Studio war schon von weitem zu sehen, das hässlichste Gebäude weit und breit. Und jedesmal wenn ich hochblickte, versetzte mir der Gedanke dort gleich rein zu gehen einen Stich in den Magen. Unweigerlich schweiften meine Gedanken zu Brian, seine spöttischen Blicke, die sexuellen Anspielungen, all dies galt nun nicht mehr mir. Und obwohl ich mich dafür hasste, musste ich mir eingestehen, dass er, seit er diese Frau kennengelernt hatte, fröhlicher und produktiver war als je zuvor. Auch seine Abstürze konnte man nun in einer Zeitspanne von einem Monat an der Hand abzählen, dies wäre in der Vergangenheit unmöglich gewesen. 

Tränen traten mir in die Augen, brennende Tränen der Machtlosigkeit. Kopfschüttelnd schluckte ich die Trauer runter und wischte mir mit dem Handrücken über die Augen. Ich konnte nicht so weiter machen, konnte nicht Nacht für Nacht in Tränen und Scotch ertrinken. 

Als ich den Proberaum betrat, stand Brian bereits hinter dem Mikro und sang die ersten Zeilen von User Friendly, sie hatten ohne mich angefangen. Ein säuerliches Brennen machte sich in meinem Hals bemerkbar, eine erdrückende Hitze überkam mich. Mit zitternden Fingern packte ich die Bass Gitarre aus und begann sie zu stimmen. Ginger Fish begrüsste mich mit einem Nicken und Pogo grinste als er mich sah, bloss Brian tat als hätte er mich nicht bemerkt und sang ungerührt weiter. Etwas stimmte hier nicht, sein ungleiches Augenpaar strahlten nicht wie sonst wenn er sang, glasig und starr lagen sie in den Augenhöhlen, tiefe Ringe zierten seine bleiche Haut, er schien lange nicht mehr geschlafen zu haben. Er musste zu viel von etwas genommen haben, Koks und Whiskey, dachte ich mir. 

Nach der Probe liessen wir uns in die ledernen Sessel fallen, alle plauderten ausgelassen, ausser Brian und meine Wenigkeit. Dieser starrte nur geistesabwesend vor sich hin, nicht einmal die halb volle Scotch Flasche vor ihm auf dem Couchtisch hatte er angerührt. "Was ist los?", noch bevor ich den Satz zu Ende gesprochen hatte, bereute ich ihn sofort wieder. Die Köpfe der anderen fuhren augenblicklich in die Höhe, betretene Blicke warfen sie von Brian zu mir und wieder zurück. Er hob langsam den Kopf, warf mir einen langen Blick zu und sprach mit monotoner Stimme:" Hast du gewusst dass Schwäne ein leben lang zusammen bleiben? Keine Untreue, keine Affären...warum sind wir nicht wie Schwäne Jordie?" Einen Moment lang herrschte Stille, verdutzt blickte ich zu Boden. Nach einer Weile räusperte ich mich, "Weil wir Menschen sind?" Er schnaubte verächtlich, "Ja, weil wir Menschen sind." Sein Blick hellte sich etwas auf, leicht schwankend erhob er sich und kam mit grossen Schritten auf mich zu. Vor mir angekommen, streckte er die Hand aus. Ohne nachzudenken ergriff ich sie, mein Puls stieg, mir wurde übel. "Was hast du vor?", fragte ich unsicher. Er zog mich hoch und griff mir lächelnd an den Schritt, "Wir sind keine Schwäne Jordie, wir sind Menschen." Mit diesen Worten zog er mich in das kleine, schmutzige Badezimmer und schloss die Tür hinter sich. 

The Antichrist SuperstarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt