Jahrelang betrachte ich ihn durch meine Fenster, beobachte ihn durch das einzige Objekt, an dem mir noch etwas liegt: Meinen Zauberspiegel. Durch ihn kann ich meiner Erlösung beim Aufwachsen zusehen. Das klingt vermutlich als wäre ich ein Stalker - was ich nicht bin. Nicht gänzlich. Aber wenn ein uralter Zaubermeister kommt und sagt, dass genau dieser Junge einmal mein Schicksal besiegeln wird, ist man neugierig.
Entweder er wird meinen Tod oder meine Errettung bedeuten. Das wusste der Zaubermeister nicht, konnte es nicht vorhersagen. Natürlich muss ich den Jungen ansehen, zusehen wie er erwachsen wird. Wie seine Mutter ihn verlässt und sein Vater in ein Krankenhaus kommt und nur noch er allein übrig ist.
Ich weiß, dass er Adam heißt. Dass er keine Freunde hat und schwer arbeitet. Es ist schrecklich hier draußen, in unserer Gegend. Niemand sonst lebt hier. So wie es sein sollte, wenn die eigene Straße verflucht wurde.
Ist das Leben nicht zum Kotzen.
Er weiß nicht einmal, dass ich existiere. Dass ich hier ausharre und warte, bis unsere Wege sich kreuzen. Ich hoffe für den Zaubermeister, dass er sein Wort hält und die Prophezeiung stimmt. Dass ich noch vor Ende meines 21. verfluchten Lebensjahr zurückverwandelt werde. In die junge Frau, die ich einmal war. Die ich noch immer bin, jung und hübsch und unbeschreiblich bezaubernd. Der Fluch hat nur mein Äußeres verändert, mich zu einem Biest gemacht. Das hat man wohl davon, wenn man armen verrückten Bettlern für die Nacht keine Zuflucht gewährt, sie hinterrücks in dein Haus einbrechen und sich als Magier herausstellen.
Ich wurde jetzt vor genau zwanzig Jahren und fünf Monaten verflucht, was bedeutet, dass mir noch genau 27 Wochen bleiben, bevor der Zauber endgültig wird. Und entweder Adam hilft mir dabei, den Fluch zu brechen oder er vernichtet mich. So oder so werde ich das Risiko eingehen müssen, denn ein ewiges Dasein als Monster verkrafte ich nicht. Ich wurde nicht dafür erzogen, unansehnlich zu sein. Ich bin die Tochter reicher Eltern gewesen, hatte einen regelrechten Hofstaat an Verehrern und Freunden.
Ich will das zurück. Ich will wieder die zwanzigjährige sein, die ich vor der Verwandlung war. Und ich weiß, dass ich das schaffe. Der Zauber hält mich in einem alterslosen Zwischenraum gefangen, derselbe Grund wieso ich nicht aus dem Haus kann oder wieso meine gesamte Existenz ausgelöscht wurde. Für die Außenwelt existiere ich nicht. Habe ich nie existiert. Niemand weiß, dass ich hier in diesem Haus bin und ein Dasein friste, das Menschenunwürdig ist. Nun, auch Biest-unwürdig. Einzig der Zaubermeister, der mir von Adam erzählte und dafür meine verbliebene Schmuck-Sammlung einsteckte. Und natürlich der Magier, der mich überhaupt erst in diese Lage gebracht hat.
Tik, Tok. Unaufhörlich rennt meine Zeit.
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Tale as old as time
Fanfiction»Und wo ist deine verwelkende Rose? Deine sprechenden Hausangestellten?«, fragt er lachend und kurz überlege ich, ihm den Kopf abzureißen. Die Kraft dafür hätte ich, nur, wer erlöst mich dann von meinem Schicksal? »Bitte«, sage ich und schnalze mit...