Kapitel 6- Liebes- und Traumblasen

139 8 1
                                    

Ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen, aber innerlich rasten die Gedanken durch mein Hirn. Seine Band hieß Badboys? Hatte er etwas mit Badboy69 zu tun? War er Badboy69?

Luigis Blick galt nicht eine Sekunde mir. Ein bisschen kränkte mich das aber er schien wohl für seine Gitarre zu leben. Irgendwie war es schon süß, wie er auf diesen Fernseher starrte. Luigi konnte niemals Badboy sein - oder doch? Ließ ich mich mal wieder nur vom äußerem Schein der Männer blenden?Wäre zumindest nicht das erste Mal.Ich weiß noch genau wie ich mit einem total heißem Kerl zusammen war und ich mich einfach in ihm getäuscht habe. Woher sollte ich denn auch wissen, dass er ein Stripper war, wenn ich ihn in einer Stripperbar kennengelernt hatte wo er sich auszog? Ich meine,das macht doch eigentlich jeder.

"Spielst du eigentlich auch ein Instrument?",

 riss er mich aus meinen Gedanken.Diese zarte Stimme war einfach unverkennbar.

"Ja, ich kann Trompete spielen, Tuba, Querflöte, also eigentlich alles was mit Blasen zutun hat",

sagte ich locker.Meine Mutter hatte damals darauf bestanden.Luigi riss seine Augen weit auf und wandte sich endlich vom Fernseher ab.

"Meinst du das ernst?"

,,Ja klar'',

erklärte ich. Wieso reagierte er denn so komisch? Ich hatte eben eine seltsame Mutter. Damals hatte sie zu mir gesag:

,,Wenigstens etwas in deinem Leben solltest du blasen. Vielleicht ist es ja auch eine Vorübung''

Sie hatte recht. Auf Kindergeburtstagen hatte mir die Fähigkeit immer geholfen.Leider war das aber auch einer der einzigen Sachen die ich konnte.

Luigis Mundwinkel umspielte ein schiefes Grinsen, als er wieder den Fernseher fixierte.Machte er sich gerade über mich lustig?

"Warum guckst du so, glaubst du mir nicht?",

fragte ich ein wenig beleidigt.War ja mal wieder typisch, dass man mich nicht ernst nahm.

"Doch doch, ich hätte es dir nur nicht zugetraut, aber irgendwie passt es zu dir"

"Ich kann das echt gut, ich spiele schon mehrere Jahre"

Der Italiener nickte nur schaute die Sendung weiter.

" Ich kann dir ja zeigen wie gut ich blasen kann, ich habe das schon oft geübt"

Luigi sah ziemlich schockiert aus.

,,Wieso nicht?'',

sein Akzent klang verführerisch.

,,Es ist zwar noch viel zu früh, aber wenn du unbedingt willst...''

Ich nickte begeistert.

,,Ich muss nur noch kurz nach oben, in mein Bad''

Schnell sprintete ich die Treppe hoch und suchte verzweifelt im Handtuchschrank nach meiner Tuba. Normalerweise versteckte ich sie im Badezimmerschrank, weil unser Hund sie gerne für seine Zwecke gebrauchte.Es war mir normalerweise peinlich, darüber zu sprechen, wie gut ich blasen konnte, aber vor Luigi nicht. ER würde niemals zweideutig denken, schließlich war er ein charmanter Italiener, der eine pure Leidenschaft verströmte. Also suchte ich zwischen meinen Sportsachen nach meiner Trompete, die ich dort gebunkert hatte, falls die Tuba unauffindbar war.

,,Ich werde dann Trompete blasen, warte kurz'',

rief ich nach unten und wühlte weiter, bis ich endlich das kühle Metall an meinen Fingern spührte.

Luigi rief sofort zurück. Wow, er hatte sofort geantwortet, also war er wohl gespannt. Wie süß.Er war süß.

" Hauptsache du bläst..."

,,Mach ich'',

brüllte ich vorfreudig hinunter und stürmte voller Elan ins Erdgeschoss, in dem Luigi schon wartete. Vor der Tür blieb ich kurz stehen. Was sollte ich eigentlich spielen? Nervös drückte ich die Klinke herunter. Trotz jahrelanger Blaserfahrung wusste ich nicht was ich spielen sollte, wie war das möglich? Das musste wohl an Luigi liegen, er brachte mein Gehirn zum abstürzen. Ich öffnete die Tür und trat schüchtern ein. Ich war doch sonst nie schüchtern?

,,Du bist der Erste, bei dem es mir wirklich wichtig ist was er von meinen Blaskünsten hält. Sonst war es einfach immer so nebenbei...''

Ich verstummte. Wieso hatte ich meinen Mund jetzt nocheinmal aufgemacht?

Luigis Kopf schoss herum.Mir wurde mulmig zumute.Sein geschockter Blick versetzte mir einen Stich.Hatte ich etwas falsches gesagt? Ich überlegte kurz. Wenn ich einen Fehler machte, sollte er sich vielleicht besser auf meinen Ausschnitt konzentrieren, als auf das Blasen.Also zupfte ich mein Top noch ein wenig herunter.

,,Ich.... ich fange dann mal an'',

sagte ich nervös und hob meine Trompete an den Mund. Was sollte ich spielen? Ich sah zu Luigis immer noch geschocktem Gesicht, jetzt klappte auch sein Mund auf. Vermutlich betachtete er meinen Ausschnitt. Ich musste grinsen. Dann spielte ich los, das erste Lied, das mir bei dem Blick in Erinnerung kam, war - wieso auch immer - Lady Marmalade. Ich blies die ersten Zeilen und wurde sicherer. Luigi saß immer noch stockstarr da.

Ich bedeutete ihm mit einem Handwink, aufzustehen und zu tanzen, aber er dachte gar nicht daran. Dachte er überhaupt an irgendetwas? Bestimmt würde ihm gleich die Sabber aus dem Mund laufen.Ich streckte meine Brust selbstbewusst heraus und war total in meinem Element. Langsam stand Luigi auf und lief auf mich zu. Seine Augen waren immer noch so weit geöffnet wie nur irgendwie möglich, das musste seine Bewunderung sein. Ich meine, nicht jeder kann das so gut wie ich. Ich legte meinen Kopf in den Nacken und fing mit dem Refrain an. Luigi stand jetzt stocksteif vor mir. Was hatte er denn?

Ich tanzte einen Schritt vor, kreiste meine Hüfte, um kurz darauf in einen Spagat zu versinken. Es tat weh, doch ich spielte trotzdem weiter. Wieso machte er mir nicht nach? Meine Augen suchten die von Luigi, aber der starrte einfach nur auf mich hinab. Bevor der reagieren würde, würde ich ja wohl eindeutig noch drei weitere Lieder zu Ende spielen können!Aber dazu kam es nicht mehr.Luigi stellte sich hinter mich und küsste meinen Nacken. Schlagartig verteilte sich eine Gänsehaut auf meinem Körper. Sein Oberlippenbart war so hart, als ob Steine an meinem Nacken reiben würden, dabei schwärmte er doch immer von der Nivea man - Werbung mit dem Softi Bart. Abrupt hörte ich auf zu spielen, das Gefühl im Nacken war einfach nervtötend.Ich drehte mich um, Luigi sah mich mit einem breiten Grinsen an. War er nicht gerade noch geschockt gewesen?

,,Heidi ich...ich...woher wusstest du nur, dass Trompete blasen so wundervoll wie eine Oper zu hören ist? Ich... ich steh total da drauf!''

Vollkommen aufgewühlt sah er mich an. War er wirklich schwach geworden? Ich sah zu ihm hoch, auf seinen Oberlippenbart, und konnte nichts anderes hervorbringen als:

,,Hmm.... dein Oberlippenbart ist hart wie Stein. Ich dachte du benutzt Nivea?''

Luigi sah mich noch geschockter an als vorher.

,,Ich... nein.... ich... woher weißt du das nur? Ich benutze nur ein Nivea- Fake''

Zum Ende des Satzes hin wurde er immer weinerlicher.

Ich trat einen schritt vor um ihn zu Trösten, als ich etwas an meinem Becken spürte.

"Heidi...ich kann nicht mehr. Tut mir so leid, du bist einfach unwiderstehlich. Vor allem wie du Trompete spielst."

Luigi drückte mir die Trompete fest in die Hand.

,,Bitte spiel noch einmal. Für mich''

Ich weiß nicht, was ich in dem Moment getan hätte,hätte es nicht an der Tür geklingelt. Der romatischste Moment in meinem Lebenzerplatzte in einer Traumblase. Wer wagte es, solche Momente von solchenunfassbaren Menschen zu stören? Wenn mein Bruder das war...ich würde ihn mitder Trompete erschlagen.

SahneschnitteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt