|4.| Kapitel

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Harry's POV:

Müde stand ich im Garten vor dem Tanzgebäude und versuchte angestrengt nicht im Stehen einzuschlafen.

Hinten bei den Bäumen sah ich Louis und den blonden Typen von gestern. Ich konnte Louis Miene nicht genau erkennen, aber ich sah das sie anscheinend stritten. Jedenfalls konnte ich sehen wie Louis aufgebracht mit seinen Händen rumfuchtelte.

"Hi", hörte ich eine Stimme hinter mir sagen. Ich drehte mich um und erblickte Maik, der mich müde anlächelte. "Na auch noch müde von gestern? War ja dann noch ziemlich lange", grinste ich ihn an. "Joa schon. Muss gleich zu Gesang und wollte nur kurz fragen, ob du nach der Schule Zeit hast, um was mit mir zu unternehmen?", lächelte er mich lieb an.

"Er hat leider schon etwas vor. Aber du findest sicher jemand anderen", ertönte plötzlich die Stimme von Louis und ich zog eine Augenbraue hoch.

Er hatte mir gar nicht erzählt, dass wir heute Nachhilfe machen wollten. "Vielleicht ein anderes Mal?", meinte ich zu Maik und er nickte nur und verschwand im Gebäude. Hoffentlich war er nicht sauer.

"Keine Sorge, Curly. Ich denke er wird drüber hinwegkommen, nichts heute mit dir zu machen", sagte Louis mit einem selbstgefälligen Grinsen.

Bevor ich etwas erwidern konnte, hatte er sich schon entfernt und ich beschloss, langsam auch zum Unterricht zu gehen. Wie eine Katze hatte sich Louis angeschlichen und war eben so leise wieder verschwunden. Louis wäre sicher eine süße Katze. So flauschig und schön. Ich schüttelte meinen Kopf um die komischen Gedanken, über die ich selber lachen musste los zu werden.

Später saß ich im Tanzsaal und warte auf Louis. Nach kurzer Zeit kam er in den Saal geschlurft und schaute mich mit einem unmotivierten Blick an.

"Wir machen heute nur Stangenübungen, also einfach ein paar Grundübungen", meinte er und er wirkte auf mich irgendwie abwesend.

Als ich mich nicht sofort bewegte fragte er mich, auf was ich denn warte würde und das ich doch endlich mal anfangen sollte. Mit einem verwirrten Blick über seine harsche Stimme, die er sonst nicht hatte, stellte ich mich an die Stange und fing an drei grand battement de la croix auszuführend.

"Ich dachte du tanzt schon 15 Jahre? Willst du mir erzählen, dass das dein ernst gemeintes und gutes Auswärts ist? Ist das dein fucking ernst?", ich zuckte bei dem wütenden Ton seiner Stimme zusammen.

"Wie soll man am Ende unsere Nachhilfe eine Verbesserung sehen, wenn du noch nicht mal die Grundübungen perfekt beherrscht, die man hier eigentlich perfekt können sollte?", schnaubte er und drehte mein Bein mit einem Ruck richtig.

"Entschuldigung ich war abgelenkt, mein Bein hat sich einfach ein wenig eingedreht", murmelte ich eingeschüchtert.

"Schon gut, dass macht heute keinen Sinn, ich habe keine Lust mehr", seufzte Louis und ich bekam ein schlechtes Gewissen, dass er seine Freizeit für mich opfert und ich mich noch nicht mal richtig anstrengte. Naja eigentlich tat ich es ja, aber eben waren meine Gedanken nun mal nicht beim Ballett.

Louis nahm seine Tasche und ich folgte ihm in den Wintergarten, wo er sich auf den Rasen setzte. Unsicher blieb ich neben dem Rasen stehen und blickte runter zu meinen Händen.

"Du kannst dich ruhig setzen, ich meinte das eben wirklich nicht Böse, aber ich will einfach das du dich mehr anstrengst."

Zögerlich setzte ich mich neben ihn und schaute zu ihm, als er ein Packung Zigaretten aus seiner Tasche holte und im Begriff war, sich eine anzuzünden, ehe ich ihn stoppte: "Du kannst doch hier nicht rauchen, was ist wenn die Feuermelder angehen?"

"Habe ich schon öfters, da passiert nix. Muss nur schauen, dass mich keiner von den Spießern sieht."

"Aber das Rauchen ist doch ungesund, man stirbt schneller und außerdem noch als Tänzer. Da braucht man doch eine gute Lunge", sagte ich und blickte ihn mit großen Augen an.

"Wir sterben alle irgendwann. Ob ich ein Jahr früher oder später sterbe ist mir egal. Außerdem ist meine Lunge eh noch gut genug, um Jahrgangsbester zu sein."

"Mmh okay, wenn du meinst. Ich gehe dann mal. Schreibst du mir, wenn du wieder Zeit für Nachhilfe hast?", fragte ich mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen. Louis nickte mir nur zu und etwas enttäuscht machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer, da ich noch mit meiner Mutter telefonieren wollte.

Ich legte mich gemütlich in mein Bett und wählte die Nummer meiner Mutter, die ich schon ewig auswendig konnte. Nach nur dreimaligem Klingeln nahm sie ab.

"Hallo Mum."

"Harold, schön, dass du dich meldest."

"Es ist schwere als ich gedacht habe, mum. Ich glaube ich schaffe das alles nicht."

"Du bist doch erst wieder eine Woche da, lass erstmal ein wenig Zeit vergehen."

"Ich bekomme jetzt sogar Nachhilfe, von einem der Älteren, weil ich so schlecht bin. Aber ich denke, dass ich es schon irgendwie schaffe. Wie geht es Gemma?"

"Naja Schatz, mach dir keine Sorgen, aber ihr geht es wieder ein wenig schlechter. Sie schafft das schon, du kennst doch deine Schwester."

"Wie schlecht ist es wieder geworden, es ging ihr vor einer Woche doch schon so viel besser?"

"Sie ist wieder im Ballettunterricht zusammengeklappt. Ich bekomme es einfach nicht hin, dass sie etwas isst."

"Mum, ich will zu euch. Ich muss doch für Gem da sein."

"Mach dir nicht zu viele Sorgen, sie schafft das schon. Ich melde mich bald wieder oder, wenn etwas ist. Konzentriere dich auf deine Ausbildung, ich bin stolz auf dich mein Schatz."

"Okay mach ich. Hab' dich lieb Mum."

"Ich dich auch Harold, bis dann."

Meine Hände gingen in meine Haare und ich zog leicht an ihnen. Ich machte mir schreckliche Sorgen wegen Gemma. Sie hatte schon immer ein Problem mit dem Essen und in den letzten Jahren hatte es sich zu einer Essstörung entwickelt, die aber in letzter Zeit eigentlich besser geworden war.

Eigentlich hatte ich auch so meine Probleme mit dem Essen, aber durch meine Schwester habe ich gesehen, wie schlimm es ist, tiefer in diese Krankheit zu rutschen.

Mittlerweile esse ich auch schon wieder relativ normal, niemand von meiner Familie hat es bemerkt, dass ich auch angefangen hatte, fast nichts mehr zu essen.

Ich esse vielleicht immer noch zu wenig, weil ich einfach Angst davor habe, noch fetter zu werden. Wenn ich an meinen dicken und untrainierten Bauch denke, wird mir schlecht.

Mit meinem jetzigen Aussehen werde ich nie einen Freund oder Freundin finden, denn niemand will so was Fettes als Partner.

Ich hatte noch nie eine Freundin oder einen Freund. Auf was ich stehe, weiß ich daher auch nicht so ganz, nur das ich Jungs eventuell ein wenig bevorzuge.

Bei diesem Gedanken kam mir sofort Louis in den Kopf und wie schlecht ich heute war. Ich musste mich unbedingt verbessern, um Louis zu zeigen, dass ich tanzen kann.

Dafür muss ich mich allerdings auch mega anstrengen. Das heißt pro Tag zwei extra Stunden, wo ich alleine trainiere und auf Essen sollte ich vielleicht auch erstmal verzichten.

Ich hörte nicht auf meinen Verstand, dass ich nicht wieder so anfangen sollte und schob den Gedanken beiseite, so krank wie Gemma zu werden.

Ich esse nur ein paar Mal nichts. Das ist ja nicht schlimm. Wenn ich will, werde ich einfach wieder ganz normal essen.

Ob Louis meinen hässlichen Bauch oder meine dicken Beine schon bemerkt hat? Vielleicht hat er mir deswegen schon einen angewiderten Blick geschenkt, den ich nicht gesehen habe. Eventuell hat er sogar darüber nachgedacht, warum ich so hässlich bin.

Ich war mir sicher, dass er schon eines der Dinge gemacht hat und entschlossen machte ich mich zum Tanzsaal auf, während alle andern Schüler um diese Zeit in der Mensa sitzen um zu Essen.

Louis werde ich es zeigen. Ich kann auch gut sein und vor allem werde ich schlanker sein, als alle andern.

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Dancing in Love ||LarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt