Kapitel 8

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Sie waren ins hinterste Zimmer der Krankenstation gebracht worden. Die Gänge waren in einem hellen Weiß gehalten und reflektierten das Licht, das die Lampen aussendeten. In dem Weiß der Gänge waren auch die Zimmer. Schlicht mit einer Liege ausgestattet. An der hinteren Wand waren kleine Schränke eingelassen. Sie wartete hier zusammen mit Fellis auf den Doktor der den Scan durchführen wollte. "Alles okay?", fragte sie die immer noch schwankende Fellis.
"Setz dich hierhin.", und drückte sie leicht in Richtung der Liege. Sie leistete keinen Wiederstand und seufzte dankbar auf als sie endlich auf der Liege ruhte.
"Es geht wieder", antwortete sie mit brüchiger, leicht heißerer Stimme. Fehlt dir irgendetwas fragt sie langsam. Sie wartete geduldig auf eine Antwort, aber es kam keine Antwort.
"Fellis?"
Als sie zu ihr schaute, sah es so aus als wenn sie schliefe. Ihre Brust hob und senkte sich leicht. Auch ein Puls war noch da, dennoch wollte sie gerade nach einem Arzt rufen, als die Tür auch schon leise aufglitt. Der Arzt war so Mitte 30 und stürzte sofort zu ihnen, nachdem er sie entdeckte.
"Nimmt sie irgendwelche Medikamente?", fragte er hastig als er sich vergewissert hatte ob sie noch lebte.
"I..ich weiß es l..leider nicht.", sagte Saiwa leicht stotternd, währenddessen zog der Arzt aber schon einen kleinen Zylinder aus der Tasche von Fellis. Der Arzt beobachtete sie eine Weile und flößte ihr dann eine Kapsel, welche er aus dem Zylinder entnahm, vorsichtig ein. Langsam öffnete Fellis wieder ihre Augen.
"Kannst du mich hören?", fragte der Arzt.
Keine Reaktion von Fellis. Der Arzt klopfte ihr leicht gehen die Wange. "Hallo?"
Verwirrt drehte Fellis ihren Kopf zu ihm. Erleichtert atmete der Arzt auf.
"Geht es dir besser?" Ein langsames Nicken ihrerseits. Langsam und deutlich sprach er zu ihr.
"Okay, wir müssen dich eine Weile hier behalten." Wieder ein leichtes Nicken. Dann drehte er sich zu Saiwa.
"Kannst du es den anderen ausrichten?" Sie nickte, war jedoch leicht verwirrt. Fehlte ihr nichts? Als weitere Anweisungen ausblieben, schritt sie zur Tür. Kurz bevor sie rausging, drehte sie sich nochmal um. Der Arzt, der laut seinem Schild Dr. Roberts hieß hatte sich wieder über Fellis gebeugt. Er konnte anscheinend mit bloßem Auge erkennen ob einem Menschen etwas fehlte oder nicht. Medizinisches Auge nannte man die Gabe auch. Es war passend für einen Arzt.

Als sie dann durch die Tür trat wurde sie von drei Personen erwartet. Liam, Nori und auch Ms Kumura hatten sich auf den den Sitzen vor dem Raum niedergelassen. Sofort trat Nori zu ihr.
"Was ist mit ihr?" Sie wich einen Schritt zurück und antwortete dann. Gespannt hörten alle ihr zu, was ein unangenehmes Gefühl in ihr verursachte. Sie mochte es nicht wirklich im Mittelpunkt zu stehen.
"Okay. Ich verstehe."
Nori war sichtlich geschockt, dass so etwas passiert war. Er lies sich wieder auf einen Stuhl sinken. Ms Kumura wandte sich nun an Saiwa. Mit einem eindringlichen Blick fragte sie, "Was ist passiert, Saiwa?"
"Ich weiß nichts genaues", versuchte sie auszuweichen, aber Ms Kumura blickte sie immer noch geradewegs an. Wieder wiederholte sie ihre Frage, "Was ist passiert Saiwa!"
Sie schaute weg und begann zu erzählen. Sie begann zu erzählen wie sie zufällig ihr Gespräch belauscht hatte, wie sie ihr nachgeschlichen war, wie er Fellis mit der Wellenpistole bedrohte und sie erzählte wie es schlieslich zur Explosion kam. Nachdem sie endlich fertig war mit erzählen, erhob sich Ms Kumura und ging. Im Vorbeigehen sagte sie noch, "Nimm dir den Tag frei. Ruh dich aus." dann wandte sie sich um und lief den Gang abwärts.
Dann sank Saiwa in sich zusammen. Ihre Muskeln gaben nach und ihre Knie kamen unsanft auf dem Boden auf. Nach so langer Zeit gab sie nach und Tränen flossen über ihr Gesicht.
"Scheiße!"
Ihre Schultern begannen zu beben.
Liam, der sich plötzlich neben sie niedergelassen hatte, streichelte ihr behutsam über den Rücken. Du hast nichts falsches gemacht, redete er behutsam auf sie ein. Er blickte hilfesuchend Nori an, der ein wenig mit der Situation überfordert schien.
Als er ein wenig überlegt hatte, schien er etwas aufmunterndes gefunden zu haben
"Genau, du hast meine Schwester gerettet", kam er ihm zu Hilfe worüber Liam sehr dankbar schien. Und dennoch war jemand gestorben. Egal was sie getan hätte, irgendjemand wäre gestorben. Sie hatte nichts tun kommen. Ein Leben wurde für ein anderes gegeben, und ihre Unfähigkeit nichts ändern zu können, ärgerte sie am meisten. Und deshalb flossen ihre Tränen. Aber wo ein Anfang ist, kommt auch ein Ende. Irgendwann versiegten ihre Tränen. Irgendwann hatten ihre Schultern aufgehört zu beben. Langsam verdrängte ihr Verstand ihre aufdringlichen Emotionen und übernahm wieder die Kontrolle über den immer noch schwachen Körper. Sie lies die 2 Jungen zurück. Sie hatte kein Ziel. Irgendwohin würden ihre Beine sie schon tragen. Irgendwann war das Grau der Schule zu einem Grün geworden und auch Blau mischte in den Farben mit. Sie war anscheinend draußen angekommen. Langsam nahmen ihre stumpfen Augen wieder einen klaren Schimmer an. Sie stand auf einer Wiese nahe dem Schulwald. Sie blickte in den Himmel. Seit wann hatte die Dämmerung eingesetzt. Sie blinzelte und plötzlich verschwand das Rot am Himmel und er wurde wieder blau. Nachdem ihr Gehirn endlich verstanden hatte keuchte sie auf. Ihr Magen zog sich zusammen. Was ging hier vor sich? Ihre Beine gaben dem Drang zu rennen nach und erledigten ihre Sache vorzüglich. Immer schneller kam sie von diesem unheimlichen Ort fort aber je weiter sich ihr Körper entfernte so näher erschien der Ort wieder am Horizont. Als sie eine Weile gerannt war, erkannte sie instinktiv, dass sie sich keinen Fleck fortbewegt hatte. Ihr Atem wurde schneller und ihr Puls hatte seine Höchstgeschwindigkeit erreicht. Immer hektischer dachte sie über die Vorgänge nach, aber je mehr sie darüber nachdachte, je mehr bekräftigte sich ihr Verdacht, dass es keine Lösung gab. Das beruhigte ihr Herz kein bisschen. Kräftig schlug es gegen ihre Lunge und erschwerte ihr zunehmend das Atmen. Immer wieder drehte sie sich im Kreis, konnte aber in jeder Richtung das selbe entdecken. Saiwa sank zu Boden während sich der Himmel schon wieder rot gefärbt hatte. Sie wollte nicht mehr und sie konnte auch nicht mehr. Es war genug. Sie konnte ihre Stimme nicht mehr im Zaum halten, dafür war sie zu schwach.
"Es reicht! Hör auf!" Sie schrie es regelrecht aus ihr hinaus.
"Ich will nicht mehr! Lass mich in Ruhe!"
Sie wusste nicht was sie anschrie, wen sie anschrie. Aber es musste sein. Ihre ganze Wut, ihre ganze Angst, schrie sie in dem Moment aus sich heraus. Dann sank sie nach vorne. Verlassen von aller Kraft aller Kraft lag sie in dem weichen Gras. Tröstlich um schmiegte es ihre Haut und gab ihr ein Gefühl von Geborgenheit. Der Duft von Erde und Blumen benebelten sie. Sie wollte gar nicht mehr aufstehen und in diesem benebelten Zustand überkam sie eine tiefe Dunkelheit. Langsam sank sie in des Schlafes Schoß und überließ all ihre Sorgen der Zukunft. Ein angenehmer Frieden breitete sich in ihr aus und spiegelte sich auf ihrem Gesicht nieder. Es war als hätte sie alles Schreckliche vergessen, all das was an diesem Tag passiert war, war wie weggefegt, und ihr Bewusstsein frei von Gedanken. Mit diesem inneren Frieden schlief sie endlich ein.

Er sah sie dort am Boden liegen. Er hatte sie schon eine ganze Zeit beobachtet. Er hatte ihre Tränen gesehen, ihre Wut und ihr Angst. Jetzt war sie zusammengebrochen und lag ihm weichen grünen Moos. Der Himmel strahlte wieder in seinem wunderschönen Blau. Wolken bedeckten das große blaue Meer, während sich die Bäume sanft ihm Wind wiegten. Er ging auf sie zu und hockte sich zu ihr herunter. Er strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht um es betrachten zu können. Ein friedlicher Ausdruck lag auf diesem und ihr Geist und ihre Seele waren in einen tiefen Schlaf gefallen. Dann legte er eine Hand auf ihre, von Haar umrahmtern Stirn. "Vergesse" flüsterte er und ihre Augen begann kurz zu zucken, hörten aber sofort wieder auf. Er lächelte und hob sie sanft auf Während er sie zu ihrem Wohnheim trug, betrachtete er sie. Wieder war sie ein Stück gewachsen und ihr Gesicht hatte weibliche Züge angenommen. Sie war wohl erwachsener geworden. Als er schließlich in ihrem Haus war, legte er sie auf ihr Bett. Ein letztes Mal sah er sie an, dann drehte er sich um und ging. Es brach ihm fast das Herz sie zurückzulassen, aber ihr Wiedersehen musste warten.

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