Es waren nicht immer schöne Erinnerungen. Es gab keine perfekte Kindheit. Keine perfekte Familie. Aber wie die guten Seiten gehören auch die schlechten zum Leben dazu. Auch wenn mir unsere Streitereien fast immer das Herz brachen. Wieso musste es sowas geben. Meist waren es Unwichtigkeiten, und die kleine Stimme im Kopf wird fast nie gehört. Geh hin, vertrage, dich. Du warst doch auch schuld, flüstert sie leise und beständig im hintersten Winkel deines Bewusstsein. Doch der Hass und die Wut haben meine Stimme meist übertönt. Es ist noch Zeit, nicht jetzt, ich bin nicht schuld, so schrie ich zurück. Aber dann war keine Zeit mehr. Es gab keine Chance mehr. Denn das was war, ist nicht mehr. Unser Abschied verlief schweigend und Reue bestimmte mein Leben. Ach wie hätte ich gewünscht, mich zu entschuldigen. Ach hätte ich doch auf mein Gewissen gehört. Wenn ich doch nur mehr Zeit gehabt hätte. Doch ich hatte sie nicht. Ich habe mich nicht entschuldigt. Ich habe nicht gehört. Und ich hatte nie die Zeit. Dies erkennt man erst, wenn die Chance die man hatte, man verloren. Wenn die Zeit, die so mir so viel erschien, plötzlich mir aus den Finger zerrann. Es tut mir so, so leid.
Doch kommst du zurück wenn mich entschuldige.Schweißgebadet wachte sie auf. Sie riss ihre Augen auf und wollte ruckartig aufstehen, doch ihr Körper reagierte nicht. Panik breitete sich in ihr aus. Ihr Herz schlug schneller und ihr Atem ging auf und ab. Shit, dachte sie sich. Was ist hier los? Wieso kann ich mich nicht bewegen? Beruhige dich, Saiwa. Ganz langsam. Jetzt beruhigte sich ihr Puls wirklich und ach ihre Atmung verlangsamte sich stückweise.
Sie schlug wieder ihre Augen auf, doch glänzte etwas ruhiges nun in ihnen. Langsam begann sie ihre Umgebung abzusuchen. Sie war anscheinend in ihrem Zimmer. Auf ihrem Bett folglich. Alles war an seinem Platz. Bett, Nachtisch, Teppich, Fenster, schwarz gekleideter junger Mann. Alles war .... Halt.
Seit wann gehörte bitte ein Mensch zu ihrer Innenausstattung. Wer war er. Eine Maske schien sein Gesicht zu verdecken, denn egal wie sehr sie sich anstrengte sie konnte nichts genaues erkennen.
Anscheinend hatte er sie bemerkt, er ging geradewegs zu ihr.
"Nah, wach"
Ein Schauer lief ihr über den Rücken, die erste Reaktion ihres Körpers. Trotzdem war es nicht gut, irgendwoher kannte sie seine Stimme. Und das gefiel ihr gar nicht. Er nahm die Maske ab beugte sich über sie.
Er hatte schwarze Haare, die bis in seine grau-grünen Augen fielen, auf ihre Weise schon fast schön, wäre die Situation anders gewesen.
Ihr Puls begann sich wieder zu beschleunigen. Auch das hatte er anscheinend gemerkt.
"Du kannst dich nicht bewegen, stimmts?"
Ihr Atem wurde unruhiger
"Hey, ich habe nichts unanständiges vor, kapiert!"
Das half ihr auch nicht wirklich.
Er richtete sich wieder auf.
"Beruhige dich!", befahl er und es schien zu wirken.
Er selbst schien von der Wirkung seiner Worte überrascht.
"Ich werde sie jetzt lösen."
Sie schaute ihn fragend an. Er stöhnte und mit einem Seufzen, das ungefähr 'bist du wirklich so blöd' bedeute, antwortete er,
"Süße. Na die Fesseln, aber du musst dich entspannen. "
Sein Sarkasmus ging ihr jetzt schon auf die Nerven. Auch wenn ihr nichts gutes schwante, blieb ihr nichts anderes übrigen als zu gehorchen
Sie entspannte sich also soweit es in ihrem derzeitigen Zustand möglich war.
"Also, es kann entweder eine Blockade der Synapsen sein oder deine Muskeln sind blockiert, verstanden?"
Sie ignorierte mal wieder seinen Sarkasmus und konzentrierte sich auf das was er gesagt hatte. Wenn die Synapsen ihres Gehirnes blockiert wurden, dann könnte sie auch keine Licht manipulieren. Sie versuchte langsam dem Raum das Licht zu entziehen. Naja langsam war, relativ. Schlagartig wurde es in ihrem Zimmer dunkel. Der junge Mann zuckte zusammen. Seine sonst große und kräftige Statur war nun nicht mehr so beeindruckend und in seinen Augen lag die blanke Furcht.
"Lass das!", fuhr er sie wütend an.
" Verflucht" murmelte er in sich hinein. Er hatte also Angst in der Dunkelheit. Fast tat er ihr leid, aber nur fast. Ihre Gedanken kehrten zu ihrem eigentlichen Problem zurück. Wenn sie das Licht noch lenken konnte, waren ihre Synapsen nicht beschädigt oder geblockt. Dann gab es wohl entweder eine Beschädigung der Leitung oder ihr Muskeln konnten die Signale nicht annehmen. Sie tippte mal auf letzteres. Das andere wäre wahrscheinlich zu zeitaufwendig. Sie durchforstete ihren Kopf. Was hatte sie nochmals im Unterricht dazu gelernt. Sie glaubte es war so, dass bei einem großen Energieschub, die Blockade aufgehoben werden konnte. Saiwa suchte ihren Körper nach Energiereserven ab, und sammelte sie auf einen Punkt. Als Versuchsobjekt hatte sie ihren linken Arm auserkoren während der junge Mann sich langsam wieder aufgerappelt hatte. Dennoch ignorierte sie ihn. In stetigen Schüben sandte sie die Energie durch ihren Arm. Er begann zu zucken und dann konnte sie ihn wieder bewegen. Langsam spürte sie auch die anderen Körperteile wieder. Versuchsweise beugte sie ihren Arm und weil er ihr leid tat erhöhte sie die Lichtkonzentration auf Dämmerlicht Niveau. Er atmete dankbar auf. Sie stoppte damit die Bruchteile ihrer Energie durch ihren Arm fließen zu lassen. Ein plötzlicher Schmerz durchschoss ihren Arm. Sie verzog vor Schmerz ihr Gesicht. Die Blockade wurde gelöst, dafür wurde der Schmerz aber mit jedem Moment schlimmer. Langsam begannen nun auch ihre anderen Körperteile schmerzhaft zu pochen. Sie brachte nur noch ein verkrampftes Hilfe aus ihrer nun auch schmerzenden Kehle. Der junge Mann, der bis grade noch mit sich beschäftigt war, sah sie an und bemerkte ihr verkrampftes Gesicht. Dann begann auch schon ihr Blickfeld zu verschwimmen. Der Schmerz hüllte sie vollends ein. Und er wurde immer schlimmer. "Hey, hey trink", hörte sie noch als schon eine kalte Flüssigkeit ihre Lippen benetzte. Langsam öffnete sie ihren Mund und die kühle Flüssigkeit rann ihr die Kehle hinunter. Dann begann ihr Blickfeld sich zu verdunkeln. Nachdem sie den letzten Schluck genommen hatte, begann der Schmerz endlich nachzulassen, was den Effekt noch verstärkte. Nicht einschlafen, sie ignorierte das Schütteln, was durch ihren Körper ging. Plötzlich spürte sie einen Schmerz auf ihrer Wange. Sie öffnete ihre Augen und hielt sich ihre brennende Wange. Langsam schärften sich die Umrisse der Umgebung wieder. Nach einigen Momenten konnte sie in ein sorgenvolles Gesicht blicken. Zaghaft fragte sie, "Was ist los?"
"Was los ist, er schien leicht ungäubisch an zu lächeln, "Du bist fast gestorben!"
Es dauerte eine Weile bis ihr Hirn die Information verarbeitete, und noch länger bis es überhaupt eine passende Reaktion gefunden hatte
Sie schluckte. Sie war fast gestorben? Und sie begann dich schuldig zu fühlen.
"Tschuldige", murmelte sie. Er fluchte weiter in sich hinein. Saiwa kriegte nur, was wäre passiert wenn er nicht da gewesen wäre, mit.
Dann nach einigen Minuten drängte sich eine neue Frage on den Vordergrund.
"Was machst du in meinem Wohnheim?"
"In deinem ?" , er lachte. Sie war verwirrt und ihr Gehirn versuchte die Knoten in ihrem Verstand zu entwirren. Langsam kam die Erkenntnis. "Du bist der fehlende Schüler?
Er zog eine Augenbraue hoch.
"Mein Name ist aber ein wenig anders. Ren Nagame, der dir das Leben gerettet hat."
"Oh, danke. "
"Was nur eine Danke, dein leben ist nur ein danke wehrt. Wenn das so ist hätte .... "
Obwohl er sich weiter mit sich stritt, hörte es sich dennoch an als wäre er erleichtert, dass ihr nichts passiert war. Sie war ihm wirklich dankbar. Dennoch kam er ihr so bekannt vor. Irgendwann hatten sie sich bestimmte getroffen, und nach ihrem Gefühl war nichts Gutes passiert.
"Sind wir uns schon mal begegnet?"
Langsam, fast misstrauisch kam ihr die Frage über Lippen. Er sah sie an. Seine grau-grünen Augen, in denen Trauer lag.
Er blickte nach draußen.
"Ich weiß es nicht."
Er schwieg, dann fügte er schließlich traurig hinzu,
"Es kann sein aber der Grund wieso ich fehlte und wieso ich nicht weiß, ob wir uns schon mal begegnet sind, ist dass ich mich nicht mehr erinnern kann. Alles vor dem Ende der Frühlingsferien ist verschwommen.
Etwas bedrückendes lag auf seiner Stimme und sie wusste nicht was sie dazu sagen konnte. Vielleicht, whoa guy, du musst mir jetzt nicht deine Lebenprobleme erzählen, aber das wäre wohl arg verletzend, und immerhin war er ihr Mitbewohner.
"Das tut mir leid für dich. Weißt du gar nichts mehr."
Jetzt sah er sie wieder an
"Ich kann mich an meine Familie erinnern und auch bruchstückhaft an den Unterrichtsstoff. Dennoch kenn ich die, die sich meine Freunde nennen nicht mehr. Erlebnisse, Bekanntschaften mein ganzes Leben scheint unvollständig und das ganze letzte Jahr ist fort."
"Aber mach dir nichts draus", er lächelte sie aufmunternd an.
"Es ist nicht deine Schuld."
Er drehte sich um und machte sich daran die Schiebetür, die in der Hälfte des Zimmers angebracht war, aufzuziehen.
"Wenn etwas ist, sag es einfach."
Sie nickte und er begann hinter der Schiebetür zu verschwinden. Dann wurde es wieder still in ihrem, nun kleinerem Zimmer. Es war gut, dass die Tür schallisoliert war. Sie seufzte. Erst jetzt wie erschöpft sie eigentlich war. War auch klar, dem Tod knapp zu entrinnen kostet auch Kraft. Aber wie war sie eigentlich hierhergekommen. Sie konnte sich nur noch schemenhaft, fast gar nicht erinnern was passiert war. Irgendwas mit einem roten Himmel, aber selbst da war sie sich nicht sicher.
Irgendwas war passiert aber sie hatte keinen Plan was. Und dann war da auch noch die Blockade gewesen. Wer hätte es tun können. Es gab nur wenige die in der Lage waren, und überhaupt wer war davon in der Nähe. Oder war es jemand aus ihrem Umfeld.
Ren? Sie bezweifelte es zwar, aber wiederum gab es ja auch noch dieses schlechte Gefühl bei ihm. Sie musste vorsichtig sein. Die Erschöpfung, ausgehend von dem Schock und des Energieverbrauchs machte sich in ihr breit.
Sie sank müde zurück auf ihr Bett.
Es war scheiße sich nicht erinnern zu können. Die Müdigkeit und die Erschöpfung hatten sie wohl nun endgültig eingeholt. Langsam fielen ihr die Augenlider zu und sie fiel in einen unruhigen Schlaf.
Und dieser Schlaf war durchtränkt von Blut und von den letzten Momenten des Lebens. Und trotz dessen war es ungewöhnlich bunt in diesem Traum.
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Timeless In Its Unreality
FantasyWas wäre wenn du in einer Welt lebst, zertrümmert von Krieg? In einer Welt, die die Farce des Friedens trägt? In einer Welt, wo es Superkräfte gibt und dennoch Diskriminierung herscht? Tja dann bist du am Arsch und in meinen Buch. Ich werde dich je...