Epilog

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„Mom, ich hab so Angst", jammert Violett und ich seufze.

Die hätte ich an ihrer Stelle auch, was sie ihrem Vater beichten muss, wird den ganz schön schockieren. Zu dem Schock, den er seit gestern hat. Unser Kind ist schwanger. Und unverheiratet. Und das kam... überraschend. Zumindest für uns.

„Liebling, alles wird gut. Du weißt doch, dass wir dich lieben und immer für dich da sind", versuche ich sie zu beruhigen.

Ich selbst bin nicht ganz so zuversichtlich, wie ich es gerne sein würde. Ich habe mir Verstärkung bestellt und keine Ahnung, ob das richtig war. Seit knapp zwanzig Jahren haben wir Kontakt mit Ana und Christian, aber es war das erste Mal, dass ich ihn direkt kontaktiert habe.

Als es klingelt, zuckt Violett zusammen.

„Er wird uns umbringen", stöhnt meine Tochter, hält sich die Hand vor den Mund und stürmt zur Toilette.

Mein Mitleid hält sich in Grenzen, die Freuden der Schwangerschaft hatte ich bei ihr auch. Und wenn sie früher gebeichtet hätte, was los ist, bräuchte sie jetzt nicht so eine Angst haben.

José ist in seiner Dunkelkammer und brütet. Michael, unser Sohn, auf einer Klassenfahrt.

Ich trockne mir die Hände ab und gehe mit zitternden Knien zur Tür. Als ich öffne, steht Christian vor mir und sieht mich an, blass, aber gefasst. Dann zieht er mich in eine kurze Umarmung, fest und herzlich, das erst Mal seit... damals.

„Himmel, was für ein Chaos", stöhnt er und ich nicke nur.

„Aber warum hast du mich hergeholt, und nicht Ana?", fragt er und ich seufze.

„Auch wenn ihr das nicht zugeben wollt, du bist sein bester Freund. Und er kann jemand zum Reden brauchen. Du bist immer so vernünftig und rational, und da du gerade in New York warst...", ich breche ab, verlegen und ein wenig befangen.

Die Jahre sind bis auf ein paar graue Strähnen fast spurlos an ihm vorüber gegangen.

„Ich habe Ana nichts gesagt, ich sehe mal nach ihm", brummt er und ich nicke.

Es ist das erste Mal, dass er nicht laut protestiert, als ich ihn als Josés besten Freund betitele.

„Danke", bringe ich heraus, er drückt mich nochmal kurz und dann sehe ich ihn zur Kellertreppe gehen.

Mein Handy klingelt und erleichtert lese ich die SMS. Ana wird auch gleich hier sein – zum Glück. Und sie hat Verstärkung im Gepäck. Violett kommt zurück in die Küche, blass, verheult und ein Bild des Elends.

„Ana kommt gleich. Und sie bringt Ted mit", sage ich ruhig. „Christian ist im Keller und versucht, deinen Vater zu beruhigen."

Violett wird noch blasser.

„Wieso bringt Ana den arroganten Arsch mit?", fragt sie und ich grinse.

„Weil ich der Meinung bin, dass der Kindsvater dir zur Seite stehen sollte. Meinst du, Ana und ich sind blöde? Dein Vater und dein Onkel Christian vielleicht, aber Ana und ich wissen schon seit zwei Jahren, dass du und Ted ein Paar seid. Ich bin nur traurig, dass du es nicht mal mir gesagt hast. Wir hatten gehofft, wir erfahren es vor der Nachricht, dass wir Omas werden, Ana und ich."

Mein Tochter sieht mich entgeistert an.
„Ihr wusstet es?", ihre Stimme klingt piepsig und sie wirft einen panischen Blick Richtung Kellertreppe.

Sie wird immer mein Baby sein, auch wenn ich selbst ein wenig sauer auf sie bin.

„Natürlich. Seit ihr euch an deinem siebzehnten Geburtstag angezickt habt. Und nur zu deiner Information, eure Geheimniskrämerei wird heute enden."

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