Kapitel 8

18 6 2
                                    

CLAIRE

Ich ging los und ich wusste sofort wo ich hinmusste. Ich spürte, dass sich irgendjemand in der Richtung Westen befand, irgendjemand, dessen Herzschlag und Gefühle ich schon von hier aus hören konnte. Irgendwie machte es mir Angst, dass ich sowas spürte, aber ich dachte mir, diese Person kann nur Milan sein, denn was ich spürte war eine beleidigte, wütende, aber auch traurige Person, und deswegen ging ich einfach in diese Richtung.
Erstmal war es schon unheimlich zwischen den Bäumen, aber dann... irgendwie kam es mir so vor, als würden sie beruhigende Wellen aussenden. Ja, ich weiß, das klingt richtig dumm, aber so fühlte es sich an, und ich fühlte mich gleich viel wohler. Jetzt betrachtete ich alles ein bisschen genauer. Die Bäume waren alle riesengroß und ich fühlte mich schon wieder ziemlich klein, aber auch geschützt. Unter meinen Füßen wuchs Moos und Grass und die Sonne schien durch das Blätterdach und sprenkelte somit den Boden mit Gold. Ich fand alles einfach nur schön. Wunderschön.
Ich lief vielleicht eine halbe Stunde, bis ich eine Lichtung erreichte. Der Boden war voller Blumen und die Sonne schien In der Mitte von der Lichtung war ein wunderschöner See, der glitzerte, und davor saß mit dem Rücken zu mir Milan auf einem Baumstamm.
Seine Gefühle spürte ich nur noch intensiver als ich näher rankam. Ich ging einfach auf ihn zu und setzte mich neben ihm. Er sah erstmal überrascht auf, sprach mich jedoch nicht an und widmete sich seinem Gefühlschaos.
"Sie hat es nicht so gemeint," sagte ich, "sie fand einfach nur deinen Witz blöd, weil sie sich Sorgen um mich macht." Und als ich es sagte, wusste ich auch ganz genau, dass es stimmt.
"Ist Tatiana eigentlich immer so aggressiv?" fragte er mich und überraschte mich damit ziemlich.
"Nein..." meinte ich zögernd, "eigentlich ist sie nett und ruhig und hasst Konflikte, so wie ich sie kenne..."
"Komisch. Seitdem sie hier ist, hat sie sich ja öfters aufgeregt..."

Ich merkte, dass er jetzt nicht mehr so wütend war, eher nachdenklich. Es machte mich irgendwie froh, denn ich mochte Milan schon.
"Aber es war trotzdem über die Grenze," sagte Milan nun, und ich merkte wie seine Wut wieder aufflackerte, "für so wenig braucht sie ja nicht so hart zu schlagen!"
"Du musst versuchen sie zu verstehen. Sie wurde einfach so entführt von euch, in eine andere Welt, weit Weg von zu Hause. Und ihr sagt, dass sie ein besonderes Band zu dem Orakel hat, und das ich ein Orakel bin. Und dazu auch noch, dass hier Krieg ist. Sie fühlt sich für mich verantwortlich und macht sich Sorgen um mich, weil ich komische Träume hatte und einmal in Ohnmacht gefallen bin. Dann versteht man doch schon, dass es nicht viel braucht, bis sie ausrastet. Hast du ja bestimmt gemerkt."
Ich spürte, dass Milan nachdachte, jedoch noch nicht ganz überzeugt war und fügte deshalb noch hinzu:
"Und bestimmt wird sie sich auch gleich entschuldigen. Es tut ihr leid."
Milan lächelte schwach und ich wusste, ich hatte ihn überzeugt.
"Na gut, du hast mich überzeugt."
Es war als ob er meine Gedanken wiederholt hätte.
Dann lächelte er, drückte meine Hand und erhob sich. Zusammen gingen wir endlich zurück zu den anderen.
Ich dachte nach. Eigentlich mochte ich Milan. Und auch Morgan. Obwohl sie mir richtig Angst gemacht hatten, und uns hierher gebracht hatten, waren sie doch ganz nett. Und ich wollte auch, dass sich Tatiana und Milan vertrugen. Denn ich hatte ja schon gemerkt, dass sie ihn nicht besonders mochte, warum auch immer. Ich konnte ja keine Gedanken lesen, nur Gefühle spüren... Okay, das ist auch nicht ganz normal, aber eigentlich auch egal.
Milan könnte eigentlich ein guter großer Bruder sein. Ich hätte ihn auf jeden Fall gerne als Bruder Und Tatiana auch. Eben als große Schwester.
Wir waren wieder da und Morgan und Tatiana sahen ziemlich erleichtert aus, als sie uns erkannten.
Milan und ich gingen auf sie zu und schließlich blieben wir vor Tatiana stehen.
"Na? Ich warte."
Milan sah sie an und ich versuchte Tatiana in Gedanken dazu zu bringen, dass sie sich entschuldigte.
Sie war erst überrascht, aber kapierte dann und sagte:
"Also, 'tschuldigung für vorher. War nicht so hart gemeint."
Er lächelte darauf und meinte:
"Gut, dieser Witz war vielleicht auch nicht der Beste zu dem Zeitpunkt. Und, Tatiana, es tut mir leid, dass ich dich geärgert habe."
Er grinste dann und fügte noch hinzu:
"Auf jeden Fall ein bisschen."
Ich sah zu meiner Freude, dass Tatiana lachte. Dann sagte sie aber:
"Bitte, nenn mich nicht Tatiana, das ist so lang und anstrengend, und mein Name gefällt mir jetzt auch nicht so... Tania reicht völlig."
"Na, dann, ist es also Tania, auch wenn ich deinen Namen schön finde."
"Ach, Milan ist auch nicht schlecht."
Danach musste er lachen und sie unterhielten sich weiter. Ich war einfach so froh, dass sie sich vertrugen und hopste zu Morgan, der mich ernst ansah.
Nach einer Weile, wo ich seinem Blich schweigend standhielt, bat er mich endlich, alles von meinen Träumen, von dem In-Ohnmacht-fallen, kurz gesagt von allem von dem Tag, wo ich Tania zum ersten mal getroffen habe.
Also begann ich, und meine Geschichte dauerte so lange, dass es irgendwann Mittags war und mein Magen mich knurrend unterbrach.
Morgan lachte, und meinte er würde uns etwas zu essen besorgen, aber dass ich danach noch weitererzählen sollte und verschwand im Wald. Ich saß einfach nur da und lächelte vor mich hin.
Grade schien alles nicht mehr so schwer und unheimlich und ich fühlte mich leicht und froh. Ich wünschte, dieses Gefühl würde ich für immer behalten können.

So, FrederikGregersen, dieses Kapitel ist dir gewidmet, ich weiß ja es ist dein Lieblingskapitel! Also, auf jeden Fall viel Spaß beim Lesen weiterhin!

Fate Of The Blue Eyes -DeutschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt