Prolog

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>>Du und ich. Brandston's. Jetzt!<<
Das sind die Worte, die Jo mir an den Kopf geschmissen hat. Sie hat mir etwas anständiges und sauberes zum Anziehen ausgesucht und mich danach aus unserer WG befördert. Meinen Protest hat sie dabei ignoriert.
Seit ich meinen Freund vor fünf Wochen verlassen habe, bin ich die meiste Zeit in meinen Zimmer gewesen, hab mir Filme angesehen und tonnenweise Eis gefuttert. Das, und in den ersten paar Tagen ein paar Rachepläne gegen Hale geschmiedet. Nicht falsch verstehen, ich bin ein netter Mensch, aber als ich herausgefunden habe, dass er mich betrügt, war ich am Boden zerstört, hab mich so richtig gehen lassen und bin öfters mal aufbrausend geworden. Es war die schlimmste Zeit in meinem Leben. Ich wollte niemanden sehen geschweige denn mit jemandem reden. Ich weiß, ich bin nicht die Einzige, die einen Idioten als Freund hatte, aber ich hab ihn geliebt. Ich dachte wirklich, dass wir eines Tages heiraten würden. Und dann kommt so was. Das war das Harte daran. Ich war glücklich und habe absolut NICHTS mitbekommen. Es war reiner Zufall.

Ich hatte früher von der Arbeit aus, und wollte ihn zu Hause überraschen. Ich dachte, dass wir gemütlich Essen gehen und uns danach einen Film ansehen würden. Ich öffnete also mit meinen Schlüssel die Tür zu unserer Wohnung,und fand ihn und die Schlampe aus dem Cafè um die Ecke nackt auf dem Boden vor. Ich drehte mich weg, und rannte zurück zu meinem Auto. Danach hab ich ihn kaum mehr gesehen. Ich war zu wütend, wollte ihm am liebsten immer wieder eine reinhauen also habe ich meine Sachen aus der Wohnung geschafft und Jo war so gnädig, mich bei ihr wohnen zu lassen. Sie hat meine Wutausbrüche immer mit einem Lachen quittiert, ich habe mich ja selber kaum ernst genommen. Aber es hat mich auf andere Gedanken gebracht.

Fünf Wochen hat sie meine Trauertour mitgemacht, jetzt hat sie wohl genug. Schon früher wollte sie mit mir ausgehen, hat aber dann wieder von mir abgelassen, wenn ich gesagt habe, dass ich nicht möchte. Sie ist meine beste Freundin seit dem College und wir machen fast alles zusammen, erzählen uns so gut wie jedes wichtige Detail in unserem Leben.
Lustlos bewege ich mich die Treppe in das Erdgeschoss hinunter und zucke zurück, als ich in die Sonne hinaustrete. Dass sie überhaupt scheint, ist mir gar nicht aufgefallen. Es ist zwar September, aber ich bin trotzdem überrascht.

>>Jetzt komm schon!<<, mault Jo. Ich gebe mir einen Ruck, da sie mich nicht aufgegeben hat. Wir gehen zu ihrem dunkelblauen Chevrolet und steigen ein. Auf der Fahrt reden wir nicht viel, aber so ist es gut. Als wir 10 Minuten später auf den Parkplatz zum Brandston's einbiegen, ist es ziemlich voll. Normalerweise sind nicht so viele Leute hier, außer wenn...
>>Jo?<< Fragend sehe ich sie an.
Sie sieht kurz zu mir rüber, antwortet aber nicht. Also versuche ich es erneut: >>Spielt heute eine Band? Du weißt doch, dass ich zur Zeit nicht gerne unter solchen Menschenmassen bin!<<
>>Du musstest endlich mal wieder unter Leute. Früher hast du mich doch immer zu solchen Konzerten gezerrt. Und außerdem wärst du nie mitgekommen, wenn ich gesagt hätte, dass heute jemand spielt<<, sagt sie nun.

>>Da hast du recht gehabt. Wär ich nicht<<, gebe ich zurück. Ich hab nicht in den Spiegel gesehen, weiß aber ungefähr, wie ich aussehe: Wie eine Vogelscheuche, die eine wenig zu viel Heu um die Hüften hat. So sollte ich nicht in die Öffentlichkeit, und erst recht nicht, wenn mich in meinem Lieblingslokal gleich so eine Horde von Menschen sehen kann. Meiner Meinung nach ist das Brandston's  das beste Café in Charlotte, wenn nicht sogar in ganz North Carolina.
Jo sieht mich ein wenig streng an. >>Jetzt steig aus und hab Spaß. Du kannst dich nicht ewig verkriechen, nicht wegen Hale. Er hat dich nicht verdient, das habe ich schon von Anfang an gesagt.<<
Fast hätte ich wieder geheult, doch sie hat recht. Aber das macht die Sache nicht einfacher. Also öffne ich die Tür und steige trotz allem aus. Aus dem Auto höre ich Jo jauchzen. Sie reißt die Autotür auf und kommt auf mich zugehopst. >>Schön, dich wieder zu haben, Aby!<<, sagt sie mit einem Grinsen zu mir und hakt sich unter. Ich hoffe, dass sie Recht hat. Ich fühle mich nämlich mehr wie tot, als lebendig. Lebendig, das war ich zuletzt vor einem halben Jahr.

Der erste Teil meines neuen Projektes! Ich hoffe, es gefällt euch:) Ich freue mich über alle Kommentare und auch über Kritiken. Also lasst sie zahlreich hier:) Eure Liz<3

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