KAPITEL 3

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Während ich mir meine Hände unter dem kühlen Wasser des Waschbeckens abschrubbe, denke ich über den bisherigen Tag nach. Angefangen hat alles ganz...naja, normal: Ich stand auf, und bin dann im Bett geblieben. Und jetzt: Ich hab keine Zustände wegen Hale mehr, hab ihn sogar für kurze Zeit total vergessen und verdrängt, was mir ganz ehrlich seltsam vorkommt. Fünf Wochen hab ich getrauert, und auf nur einen Tag, ja, sogar nur in einer Minute hat sich das alles geändert. Ich bin eigentlich nicht so, dass ich mich schnell wieder fange, oder dass ich mich auf ein mal so gut mit einen Typen verstehe. Aber bei IHM war das alles selbstverständlich, dass ich wieder einigermaßen in Ordnung war . Ich hab mit ihm geredet und ihm geholfen. Was sagt man immer: Zwei Minuspole ergeben einen Pluspol? Und wir sind ganz eindeutig negativ gestimmt. Hmm...wenn ich jetzt so darüber nachdenke, hab ja vielleicht ich gerade einen Nervenzusammenbruch.  Ich kenn noch nicht mal seinen Namen, und wir haben eindeutig miteinander geflirtet. Oh mein Gott! Ich kenn nicht mal seinen Namen! Anabel, das hast du ja toll hingekriegt. Ich bin nur mitgekommen, weil ich mir selbst schon auf den Keks gegangen bin, nicht um  wieder einen Kerl kennenzulernen. Obwohl, ich fühle mich ja nicht zu ihm hingezogen. Okay, nicht übermäßig viel. Bereit für eine neue Beziehung bin ich jedenfalls noch nicht. Und jetzt mal ehrlich: Eine erwachsene Frau kann einen erwachsenen Mann begegnen, mit ihm flirten und Spaß haben, ohne dass es etwas Ernstes oder sonst irgendwas wird. Wir sind hier im echten Leben und nicht in irgendeinen Hollywoodspielfilm! Aby, warum machst du dir darüber Gedanken? Hör auf damit! Es ist doch gar nichts passiert. Atmen! Ich spritze mir etwas Wasser ins Gesicht und hoffe, dass es mich wieder zu klaren Gedanken bringt. Als ich in den Spiegel, der über dem Becken angebracht ist, aufschaue, sehen meine Wangen gerötet aus. Super!

Ich bin auf halben Weg zurück zu Jo, als diese ihren Kopf zu mir dreht und mich verwundert anstarrt. Als ich wieder auf die Bank rutsche, sieht sie mich immer noch an. Nur, dass sie diesmal grinst. Und zwar breit. >>Was ist denn?<<, frage ich und wundere mich. Was hat sie denn? Hab ich Klopapier an den Füßen? Nicht auch das noch! Schnell schaue ich runter zu meinen Schuhen, die aber kein Toilettenpapier aufweisen. Ganz ruhig, denke ich und lächle in mich hinein. Dass mich jetzt schon Klopapier aus der Fassung bringt! >>Du siehst so...anders aus. Irgendwie strahlst du. War etwas auf der Toilette, das ich wissen sollte?<<, fragt sie mit einem unschuldigen Blick. >>Was, nein!<<, wehre ich ab. Ich spüre schon wieder, wie meine Wangen eine verräterische Farbe annehmen. Sie taxiert mich von oben bis unten und stellt dann völlig nüchtern fest: >>Du lügst.<< >>Hmmm<<, seufze ich.

>>Nun komm schon, raus mit der Sprache. Hat's was mit dem heißen Typen zu tun, der aus der Tür kam, und genau so dämlich gegrinst hat, wie du jetzt?<<, hakt sie nach. Mich hat das immer erstaunt, sie hat eine erstaunliche Kombinations-, und Beobachtungsfähigkeit, bei der es mir immer kalt den Rücken runterläuft. Er hat gelächelt?  Wenn ich nur daran denke, werde ich sofort wieder rot. Angefangen von den Wangen bis runter zu meinen Armen. Dass ich nie länger als fünf Minuten ein Geheimnis bewahren kann! >>Aaah, ich hab's ja gewusst! Ich dachte mir so: Entweder hat es etwas mit Aby zu tun, oder er hat sich einfach nur einen runtergeholt. Warum sollte er denn sonst so grinsen. Nur hab ich dabei eher an Letzteres gedacht, da du ja heute nicht gerade optimistisch drauf warst. Aber als du dann wieder zurückgekommen bist, war's eindeutig<<, kreischt Jo.

>>Jetzt komm mal wieder runter, es ist nicht so wie du denkst<<, murre ich. Kleiner Rückfall von depressiver Verstimmtheit. >>Wie ist es denn dann?<<, fragt sie, und rutscht näher zu mir. Vollkommen aufmerksam stützt sie das Kinn in die Hände und sieht mich mit starrem Blick an. Es schadet ja nicht, wenn ich es ihr erzähle, sie wird sich sogar freuen, denke ich zumindest. Nur komm ich mir wie Betrügerin vor. Ich wollte zwar wieder glücklich sein, aber nicht wegen eines neuen Kerls, das wäre einfach zu lächerlich. Und Jo würde mich wahrscheinlich rauswerfen, wenn ich mich nochmal in so etwas hineinsteigere, nur um dann wieder enttäuscht zu werden. Sie liebt mich zwar, aber das ganze nochmal mit und wegen mir zu ertragen? Negativ. Was hab ich vorhin nochmals gedacht: Schritt zwei erledigt? Nie und nimmer. Langsam frage ich mich, wo der heutige Tag noch hinführt. Meine ganzen Gefühle fahren Achterbahn und sind danach noch mehr verwirbelter als zuvor. Ich kann noch nicht mal einen klaren Gedanken fassen und zwei Minuten die gleiche Gefühlsregung haben. Ich bin verwirrt, verletzt, depressiv und dann aus heiterem Himmel wieder entspannt und fast glücklich. Ich verstehe die Welt nicht mehr...nein, ich verstehe MICH nicht mehr!

>>Hallo? Erde an Aby<<, sagt Jo und schnippt dabei mit den Fingern vor meinem Gesicht herum, >>also was ist jetzt los? Spann mich nicht so auf die Folter!<< Widerwillig beginne ich ihr den Vorfall auf der Toilette zu schildern. Als ich fertig erzählt habe, bin ich total ausgelaugt und senke meinen Blick. >>Krass<< ist alles, was Jo danach von sich gibt. >>Krass<<, sagt sie jetzt erneut, >>das ist ja nicht zu fassen! Ich bin ja sowas von großartig! Nur was ich nicht so ganz verstehe ist, warum du trotz allem immer noch wie ein kleines Häufchen Elend herumhockst und Trübsal bläst. Er scheint mir die perfekte Lösung zu sein.<<

>>Was redest du denn? Die perfekte Lösung wofür, wo wir uns doch nicht kennen! Kann sein, dass ich ihn ein wenig attraktiv finde, aber das alles erscheint mir nicht richtig<<, sage ich schulterzuckend. >>Aby. Das ist vollkommener Quatsch! Er kennt dich nicht, sieht heiß aus... Etwas besseres gibt's ja gar nicht. Das einzig Richtige, was man in deinem Fall tun kann, damit du endlich wieder zu dir findest? Drei Wörter: One-Night-Stand. Schnapp ihn dir, dann kannst du auch wieder was Festes beginnen. Schließ endlich mit der Vergangenheit ab!<<, flüster-schreit sie. Ich wäre beinahe von der Eckbank gekippt. Das hat sie jetzt nicht gesagt! >>Sag mal, hast du sie noch alle? Du willst, dass ich wieder so wie vorher werde? Dann hättest du mir auch Zeit lassen können, darüber hinwegzukommen, anstatt mich zu zwingen!<<, sage ich mit überschlagener Stimme. Diese Frau macht mich rasend!  >>Anabel, jetzt hör mir mal zu!<<, sagt sie leise, >>ich hab mir fünf Wochen lang dein Geheule anhören dürfen. Noch länger und ich hätte dich erwürgt. Ich hatte es satt, genau wie du! Und es ist bis jetzt alles super gelaufen! Du fängst nicht wieder an, in meinem Gästezimmer zu hocken und Eis zu essen! Denn du bist wieder gewaltig nah dran, das erkenne ich an deinem Blick. Und jetzt mach mal halb lang! Sei. Verdammt. Nochmal. Glücklich! Oder ich zerre deinen Loverboy höchstpersönlich zu unserer Wohnung, wo ich euch beide dann einsperren werde und das so lange, bis ihr endlich Sex habt!<<. Während sie spricht wird sie immer lauter. Dass sie immer davon ausgeht, dass Sex die Lösung von so gut wie jedem Problem ist! Ich blicke mich nervös um, und hoffe, dass es keiner mitbekommt, wie wir uns hier zanken. Das wäre wirklich das letzte. Noch mehr Aufmerksamkeit. Ich hab gar nicht mitbekommen, dass wieder jemand auf der Bühne steht. >>Ah, da haben wir ihn ja<<, sagt Jo sarkastisch. >>Was ist dein Problem? Ich dachte, du bist meine Freundin!<<, fauche ich. Jetzt denke ich weder an den Typen vorne, noch daran, mich wieder zu verkriechen. Wüten zu sein ist sowieso viel erfüllender. Jo sieht mich ärgerlich an: >>Ja, und zwar deine Beste! Die übrigens nur  dein Bestes will!<< Dass wir uns jetzt streiten, kommt mir so unecht vor. >>Entschuldige mich<<, sagt sie und steht auf.

Hallo<3 Hinterlasst mir Kommentare und Verbesserungsvorschläge:) Ist die Geschichte logisch? Weist die Story in dem Teil einen roten Faden auf? Heute bin ich nicht so in Schreiber-Stimmung, hoffe aber trotzdem, dass es euch gefällt! LG:)


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