KAPITEL 9.3

35 3 1
                                    


Ich wische kurz mit meinem Jackenärmel über die Bank und entferne somit den gröbsten Dreck. Ich setze meinen Helm ab und lasse mich dann seufzend auf die knarzenden Holzbretter nieder. Meine Hände platziere ich neben mir um mich abzustützen, da mein Rücken von der Fahrt ein wenig schmerzt. Im Gegensatz zu Suz bin ich sehr wohl eingerostet.
Ciaran setzt sich neben mich und streckt seine Beine aus.

Es war zwar schon kalt, als ich aus dem Haus gegangen bin, aber jetzt ist der Wind noch beißender. Ich rutsche auf der Bank ein Stück nach unten und kuschle mich in meine Jacke. Gottseidank habe ich das Innenfutter nicht rausgenommen.
>>Ist dir kalt?<<, will er wissen.
>>Es geht schon.<<

>>Willst du...Möchtest du meine Jacke?<<, fragt er mich fürsorglich. Bevor ich auch nur zu einer Antwort ansetzen kann, hat er schon den Reißverschluss seiner Jacke bis zur Mitte aufgezogen.
Sein Angebot rührt mich, aber ich wiegle ihn dennoch sanft ab. >>Nein, danke. Sonst ist es mir auf der Rückfahrt zu kalt, wenn ich mich jetzt so verpacken lassen würde.<<

Als mich Ciaran skeptisch ansieht, nicke ich und lächle. Daraufhin zieht er den Reißverschluss wieder hoch, rutscht aber näher zu mir her, sodass sich unsere Arme und Beine berühren.
Ich lehne mich leicht an seine Schulter und muss mich ehrlich zusammenreißen, um mich nicht  an ihn zu schmiegen. Er glüht regelrecht, während ich mich wahrscheinlich wie ein Eisklotz anfühlen muss.  Vielleicht denkt er sich das auch, denn er legt jetzt einen Arm um mich. Dagegen wehre ich mich nicht - ich genieße es vielmehr.

Nach einer Weile friert mich nicht mehr so viel, was wohl an ihm liegt. Körperlich und geistig. Schon allein der Gedanke an das, was wir machen, lässt mich innerlich schmelzen. Wenn Hale mich in den Arm genommen hat, hatte das immer so etwas besitzergreifendes, was mir aber erst jetzt bewusst wird. Jetzt, da ich einen Vergleich habe.
Von Ciaran umarmt zu werden, bringt ein vollkommen anderes Gefühl in mir zum Vorschein. Geborgenheit und Akzeptanz.

Ich ziehe meine Stirn kraus, weil mir bewusst wird, was ich da gerade denke. Warum denke ich in einem solchen Moment an meinen Ex? Was bitteschön läuft denn mit mir falsch? Warum kann ich mich nicht einfach entspannen?

Ich rücke ein Stückchen von Ciaran weg, der seinen Arm nur langsam zurückzieht. >>Stimmt was nicht?<<, fragt er bedrückt.
>>Können wir wieder nach Hause fahren? Ich...Sonst wird es mir wirklich zu kalt<<, sage ich mit rauer Stimme.

Zuerst sieht er ein wenig enttäuscht aus, aber kurz darauf ist sein Lächeln wieder zurück. >>Ja, klar.<<

Er steht auf und reicht mir dann die Hand. Ich nehme sie und er zieht mich mit Schwung hoch. Ich stoße einen kurzen Quietscher aus und suche mein Gleichgewicht. Behutsam hält er mich an der Hüfte fest und stellt mich gerade hin. Ich kann seinen Blick auf mir spüren, aber ich schaue stur zur Seite. Ich murmle ein Danke und gehe dann langsam den Schotterweg zurück. Ciaran folgt mir, bleibt aber ein paar Schritte hinter mir. Ich bin den Tränen nahe und darum froh, dass er mich nicht so sehen kann.

Als wir wieder bei unseren Motorrädern sind, habe ich mich wieder einigermaßen gefasst. Als ich schon dabei bin, mir meinen Helm aufzusetzen, hält mich Ciaran am Arm fest und zwingt mich, innezuhalten.

>>Was ist denn los?<<, fragt er und hält mich immer noch fest.
>>Nichts<<, gebe ich zurück. Ich sehe ihn immer noch nicht an, sondern starre auf die große Kiefer zu meiner Rechten.
>>Anabell<<, drängt er, >>du kannst mir ja noch nicht einmal ins Gesicht blicken. Hab ich was Falsches gemacht?<<
Nur damit er Ruhe gibt, schaue ich ihm in seine Augen und sage: >>Nein, alles ist gut.<<

Der Blick, den er mir jetzt zuwirft, zerreißt mir das Herz. Trauer, Wut und Schmerz liegen darin, und das nur wegen mir. Er leidet nur wegen mir.

Als wir von der Schnellstraße fahren, denke ich über vorhin nach. Ich habe Hale mit Ciaran verglichen. Habe ernsthaft den Kerl, den ich jahrelang geliebt habe, und der gleichzeitig der größten Idioten der Welt ist, mit Ciaran verglichen. Den liebsten und charmantesten Typen, den ich je kennengelernt habe.
Warum? Was will mir mein Unterbewusstsein damit wohl mitteilen? Dass ich mich noch zu Hale hingezogen fühle? Dass ich mich schuldig fühle?
Dass ich das vorher nur geleugnet habe, um mich besser zu fühlen? Denn ich habe mich in Hale's Armen ebenso geborgen und sicher gefühlt wie in Ciaran's. Oder dass ich Hale mal genauso beschrieben habe? Als lieb und charmant?

Aber ich denke, der Hauptgrund ist, dass ich Angst habe, dass sich Ciaran als genauso ein Arschloch entpuppt, wie Hale eins ist. Ich kenne Ciaran jetzt wie lange? Nicht einmal zwei Tage. Da muss es ja schieflaufen.  

Ich bin so in Gedanken versessen, dass ich gar nicht mitbekomme, wie vor mir ein Lastwagen nach links ausschert.


Hallo:) Lieben Dank, dass ihr so weit lest. Ich brauche gaaanz dringend eure Meinung zu dem Kapitel!! Findet ihr das Thema mit Hale passend oder eher zu weit hergeholt? Und wie steht ihr zu Ciaran?
Wünsche euch noch einen schönen Tag<3 LG





High AboveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt