Kapitel 7

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Seit Jamils Telefonanruf war ich wie beflügelt. Am nächsten Morgen kam ich pfeifend die Treppe runter. Meine Schwester Zein saß mit einem Cappuccino auf dem Sofa und schaute mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an.
»Sex gehabt, Schwester?«
Ich zeigt ihr meinen Mittelfinger. »Nicht jeder ist so sexsüchtig wie du, Schwesterherz!«
Sie guckte erstaunt.
Grinsend ging ich in die Küche und machte mir ebenfalls einen Cappuccino. Dann nahm ich mir einen Pancake aus dem Kühlschrank, steckte ihn kurz in die Mikrowelle uns klatsche dann Erdnussbutter drauf.
Der warme Pancake ließ die Erdnussbutter schmelzen, was ein samtiges Gefühl in meinem Mund verursachte. Dieses Gefühl kroch durch meinen ganzen Körper, als ich an Jamil denken musste.

Zoë, stopp. Nur ein Telefonat. Nur ein Freund. Nur ein Mittagessen. Alles easy.

Ich räumte meinen Teller und mein Messer in den Geschirrspüler, schnappte mir meine Tasche und verließ das Haus. Ich stöpselte meine Kopfhörer ein und stellte »Sober« von Jaxon auf Endlosschleife.

**

In der Schule angekommen klingelte es direkt zur ersten Stunde. Ich hielt nach Jamil Ausschau, doch ich konnte ihn nirgendwo entdecken. Enttäuscht setzte ich mich auf meinen Platz.

Die Minuten vergingen und er tauchte immer weiter nicht auf. Ich fing an, mir Gedanken zu machen.
Was, wenn er wieder auf seine alte Schule gewechselt hatte?
Was, wenn er vielleicht einen Unfall hatte?
Was, wenn er jetzt verletzt in einem Straßengraben liegt und kurz vorm Sterben ist???
Oh Gott!!!

Zoë!!!
Was soll das denn??
Er ist erwachsen.
Er ist okay.
Er hatte keinen Unfall.
Wahrscheinlich ist er einfach nur krank.
Und wenn er die Schule gewechselt hat, dann bestimmt nicht einfach so.

Ich versuchte, mich selber zu beruhigen, doch es klappte einfach nicht.
Auf einmal wurde die Tür zum Klassenzimmer weit aufgerissen.
Und ein verschwitzter Jamil stand in der Tür.

»Sorry, Miss, verschlafen!«, rief er der Englischlehrerin zu, knallte die Tür zu, lief zu meinem Tisch und ließ sich auf den Platz neben mich fallen.

Ein riesen Stein fiel mir vom Herzen.

Ich lächelte Jamil an.
Er bemerkte es und erwiderte es schnell, dann drehte er sich auch schon wieder nach vorne.

Enttäuscht drehte ich meinen Kopf ebenfalls zur Tafel.

Kurz darauf lehnte Jamil sich zu mir rüber. Ich konnte sein Parfum riechen.

Geil.

»Also Donnerstag gehen wir zusammen in der Mittagspause wieder irgendwohin, damit du deine Fressen kriegst, Pferdchen.«

Empört starrte ich ihn an.

»Jamil», Schlag gegen den Unterarm, »was«, Boxer gegen den Oberarm, »fällt«, Boxer gegen die Brust, »dir«, Boxer in den Bauch, »ein!«, Schubser gegen den Oberkörper.

Jamil grinste mich an.

»Ruhig, Brauner.«

Ich rastete noch mehr aus.

»Hör auf!«, rief ich.

Alle drehten sich zu mir um. Ich wurde rot. Jamil lachte unterdrückt. Ich wurde ein wenig wütend auf ihn.
Was fällt ihm bitte ein? Mich erst mal beleidigen, dann vor der ganzen Klasse über mich lustig machen. Er versuchte wieder einen Scherz, doch ich war angepisst auf ihn. Er merkte das und versuchte alle paar Sekunden, meine Aufmerksamkeit mit Witzen auf sich zu lenken, doch ich ignorierte ihn. Nach kurzer Zeit wurde er auch anpisst und ignorierte mich ebenfalls. Innerlich zuckte ich mit den Schultern. Soll er doch.

So ging die Doplellstunde dann auch bald zu ende. Beim Rausgehen lief Jamil dicht hinter mir und seine Hand berührte leicht meinen Arsch. Im Vorbeigehen flüsterte er mir ins Ohr:»Ich freu mich auf Donnerstag, Kempinski.« Dann war er um die nächste Ecke verschwunden. Ich bekam eine Gänsehaut.

Hat er grad wirklich seine Hand an meinem Arsch gehabt? .....
Okay...

***********

In der Pause setzten Vic und ich uns auf eine Bank, die in der Sonne stand. Jamil stand bei ein paar Typen unter einer der hohen Eichen, die unseren gesamten Schulhof umsäumten. Vicci erzählte mir etwas über ihren neuen Lehrer, doch ich hatte nur Augen für Jamil.
Er fuhr sich langsam durch seine Haare.
Ich beobachtete sein Verhalten.
Er redete viel.
Er lachte.
Er lachte schön.
Er drehte sich um.
Weil ein brünettes Mädchen ihn angetippt hatte.
Er erkannte sie anscheinend.
Er breitete die Arme aus.
Sie schlang ihre um ihn und sie umarmten sich.

Ich spürte einen seltsamen Stich.
War das Eifersucht?

»Oh Gott, Zoë, das ist Luna Prinz die gerade Jamil umarmt!« Vics Stimme erschien mir Meilen weit weg.

Wie aus Trance fuhr ich hoch.
Ich schaute Vic an, sie guckte erwartungsvoll. Ich verarbeitete ihren Satz und blickte wieder zu Jamil und der Brünetten.

Tatsächlich.

Und anscheinend schienen die beiden sich prächtig zu amüsieren. Sie redeten miteinander und lachten zusammen, Luna legte ihre Hand auf Jamils Arm.

Vicci machte Kotzgeräusche neben mir.
»Das kann ja wohl nicht wahr sein.«

Ich fühlte einen Neid auf Luna. Aber unberechtigt, oder?
Ich zuckte mit den Schultern.
Vicci sah mich mit zusammengekniffenenen Augen an, widmete sich dann aber ihrem Sandwich. Ich hing die restliche Pause mit meinen Gedanken in den Wolken.

Fuck me like you hate me, kiss me like you miss meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt