Kapitel 14

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Man merkte immer mehr, wie es Herbst wurde. Draußen wurde es kühler und die Windstöße frischer, der Himmel klarer, die Luft wurde rauchiger. Die Bäume färbten sich langsam gelb und orange und die Tage wurden sichtlich kürzer. 

Jamil brachte mich jetzt jeden Tag nach der Schule nach Hause. Doch heute war etwas anders.
Er wartete wie immer Donnerstags nach der Schule vor meinem Raum weil sein Lehrer ihn dann immer früher raus ließ. Ich ging sofort zu ihm und begrüßte ihn glücklich. Doch er schenkte mir nur ein kurzes Lächeln und ging dann sofort in Richtung Ausgang. »Äh, Jamil?« Ich rannte ihm hinter her. »Alles okay?«, fragte ich und zupfte an seinem Ärmel. »Jaja«, sagte er nur abwesend und hielt mir die Tür auf. Dabei sah er mich sehr eindringlich an und ein Kribbeln durchfuhr meinen ganzen Körper. 

Holla, die Waldfee.

Doch auf einmal grinste er mich an. »Darf ich dir einen Kaffee kaufen?«, fragte er mich. »Klar...«, antwortete ich perplex. Er lächelte und ich hackte mich bei ihm unter. So gingen wir zu unserem kleinen Café. Er kaufte sich selber einen Espresso-Shake und mir einen Vanille-Macchiato.
Mit unseren warmen Getränken liefen wir zur Bushaltestelle. Doch dort machte Jamil keine Anstalten anzuhalten. Ich guckte ihn fragend an. »Lass uns laufen, Zoë.« - »Wieso?«
Wieder dieser eindringliche Blick.
»Ich möchte mit dir das schöne Wetter genießen.«

What the hell??

»Na gut...«
Wir liefen schweigend bis zu meinem Haus. Das dauerte eine dreiviertel Stunde.
Als wir endlich angekommen sind, hatte ich die Schnauze voll.
»H A L L O  Jamil. Kannst du mir jetzt mal sagen was das soll?? Ich bin jetzt wegen dir fast 'ne scheiß Stunde gelaufen und du redest kein einziges Wort mit mir. Was soll das? Was ist passiert?« Ich schaute ihn erwartungsvoll von unten an. Doch er schaute mir nur in die Augen. Und dann glitt sein Blick langsam an mir herunter. Ich fühlte mich unbehaglich

Ich fuchtelte. Vor seinem Gesicht herum. »ERDE AN JAMIL?«
Er zuckte zusammen und schaute mich dann verstört an.
»Ich geb's auf«, seufzte ich und wollte mich grad umdrehen, da hörte ich ihn sich räuspern. Ich blieb stehen mit dem Rücken zu ihm.
»Du siehst schön aus heute.«
Mir wurde heiß und kalt gleichzeitig. Sowas hatte er noch nie gesagt. Nie in so einem Tonfall. Ich schaute hektisch nach oben.
Bloß nichts anmerken lassen...
Ich drehte mich zu ihm um und er war auf einmal ganz nah an mir. Ich wollte etwas sagen doch er hob seine Hand und strich mit seinem Daumen über meinen Mund. Ich atmete zittrig aus.
Dann trat er einen Schritt zurück und drehte sich um. Verschwand um die nächste Straßenecke.
Ließ mich zurück. Als verwirrtes Bündel, mit klopfendem Herzen und pulsierenden Lippen.
Ich kramte in meiner Tasche nach dem Haustürschlüssel und bekam ihn erst beim vierten Versuch ins Schlüsselloch. Ich rannte hoch in mein Zimmer, kickte meine Schuhe aus und ließ mich auf's Bett fallen.
Was war das denn?
Mein Smartphone brummte. Mein Bruder hatte mir geschrieben es gab Essen. Ich antwortete ihm "kein Appetit".
Dann kramte ich meine Schulsachen heraus und erledigte unkonzentriert meine Hausaufgaben.


★★★★★★★★★★


Am nächsten Tag sah ich Jamil nicht in der Schule. Er erschien nicht zu unseren Kursen und seine Freunde hatten auch nichts von ihm gehört.
Als ich nach Hause ging beschloss ich, ihn besuchen zu gehen. Als ich vor seinem Haus stand spürte ich wieder dieses leichte Kribbeln in mir, aber ich ignorierte ihn. Ich klingelte und die Tür summte und ich trat ins Haus und war in einer halben Minute im sechsten Stock, in welchem Jamil mit seiner Schwester wohnte. Er lehnte in der Tür und hatte nur Sweatpants an. Er grinste mich müde an. Mein Blick glitt zu seinem Sixpack und ich musste mich zusammenreißen damit mir kein Sabber aus dem Mund tropfte.
»Was ist los, Jamil?«
Er schloss mich in seine Arme und ich inhalierte den Duft seines männlichen Duschgels und seiner Haut.
»Ich hatte sehr starke Kopfschmerzen die ganze Nacht über. Aber jetzt geht es wieder einigermaßen. Ganzen Vormittag über geschlafen.  Komm rein.« Ich ging an ihm vorbei. Seine Kopfschmerzen waren nichts neues. Ich zog meine Schuhe und meine Jacke aus und bemerkte, dass es generell ziemlich dunkel war in der Wohnung. Klar, er hielt ja kein Licht aus wegen seinem Kopf.

Fuck me like you hate me, kiss me like you miss meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt