Erklärungen im Krankenbett

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„Cope, wie geht es dir?" Eleanor stützte ihren Kopf auf ihren Händen ab und betrachtete mich mit einem sorgevollen Blick. Ihre Haare waren zu einem unordentlichen Zopf zurückgebunden und unter ihren Augen zeichneten sich bläuliche Schatten ab.
Vorsichtig strich sie mir über die Wange. Eine einzelne Träne rollte über ihr Gesicht.

„Ela ..."Ich platzierte meine Hand auf ihrer. „Warum weinst du denn? Es geht mir doch gut."

„Aber du liegst im Krankenhaus." Ihre Stimme war schrill und zittrig. Mit unsicheren Händen entledigte sie sich ihres Mantels und setzte sich erneut an meine Seite. Rote Flecken bevölkerten ihre Haut. „Ich bin beinahe umgekommen vor Sorge. Keiner wollte mir sagen, wie es dir geht, du ... auf einmal bist du umgekippt und hast dich nicht mehr bewegt. Oh Gott, Cope, ich ... ich dachte du wärst tot." Ihre Augen wurden glasig und ihre Hand, welche nun auf meinem Arm lag, begann unkontrolliert zu zittern. „Ich dachte, du wärst tot", wiederholte sie leise und richtete ihren leeren Blick auf mich.

Einen Moment starrte ich sie bewegungslos an; konnte nicht fassen, was sie gerade sagte. Schnell erhob ich mich und schloss meine Arme um ihren bebenden Körper. Ein leises Stöhnen verließ meinen Mund; der Schwindel hatte durch die ruckartige Bewegung wieder zugenommen, doch die tröstliche Nähe zu Eleanor war jede Art des Schmerzes wert.

„Es waren K.o.-Tropfen", flüsterte ich in ihr Ohr und wiederholte damit das, was der Arzt am frühen Morgen, kaum dass ich mein Bewusstsein wiedererlangt hatte, zu mir sagte. „In meinem Getränk waren K.o.-Tropfen. Ich ... ich kann mich an nichts mehr erinnern." Meine Stimme wurde immer leiser, bis sie ganz abbrach und auch mein Körper zu zittern begann.

Eleanor verstärkte ihren Griff um meine Schultern; ihr Schluchzten ebbte ab.

„Oh Gott und ich dachte, du wärst bei Daisy. Ich ... wir hatten vorher über Daisy und Jay geredet, weiß du noch? Als du weg warst ... ich hatte einfach angenommen, du wärst bei ihr, um ihr zur Verlobung zu gratulieren. Ich war so leichtsinnig, so verantwortungslos; ich habe einfach weitergetanzt, ohne auf dich zu achten. Und auf einmal begannen die Ersten zu schreien ... die Menschenmasse lichtete sich und in ihrer Mitte ... in ihrer Mitte lagst du." Eleanor stockte und holte tief Luft. Ihre Hand fand meine und mit einer flinken Bewegung war sie in mein Bett geschlüpft. „Zwei Männer kamen dir gleich zur Hilfe; sie haben mir später erzählt, dass du dich zu ihnen auf das Sofa gesetzt hast, kurz bevor es passierte und über Kopfschmerzen klagtest. Sie ... sie wollten dir etwas zu trinken holen, doch da bist du schon umgekippt. Oh, Cope!"

Meine beste Freundin vergrub ihr Gesicht in meiner Halsbeuge und begann von neuem zu schluchzten.

Ich lag still neben ihr; unfähig einen der wirren Gedankenstränge zu fassen, welche sich in meinem Gehirn überschlugen. Mit einem Mal wurde mir heiß und kalt. Unartikulierte Laute verließen meinen Mund. Meine Hand begann unkontrollierbar zu zucken. Atemlos betätigte ich die Klingel neben meinem Bett. Wenige Sekunden später öffnete eine Krankenschwester die Tür und eilte auf mich zu.

„Miss Copeland, ist etwas passiert?" Ihr Gesicht verschwamm vor meinen Augen. Der Druck auf meinem Schädel wurde übermächtig. Ich öffnete meinen Mund, doch kein Ton wollte diesen verlassen.

Erst nach mehreren Anlaufen, brachte ich die Worte „Beruhigungsmittel" und „zu viel Aufregung" hervor. Sofort machte die Schwester kehrt. Ich begann zu wimmern. Mein Körper bäumte sich unnatürlich auf. Meine Arme machten sich selbstständig, Tränen vermischten sich mit Schweiß.

Eleanor begann panisch nach der Schwester zu rufen und versuchte meine Arme und meinen Körper in die Matratze zu drücken.

Mein Sichtfeld wurde mit dem Eindringen einer kühlen Nadel in tiefe Nacht getaucht.

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Auf meinen eigenen Wunsch hin, wurde ich noch am selben Tag entlassen. Mein Arm schmerzte an der Einstichstelle der Nadel und mein Schädel dröhnte noch immer von den Medikamenten, welche mir verabreicht wurden.

Eleanor hatten einen Arm um meine Taille gelegt und stützte mich; von meiner Widerrede, dass ich sehr wohl allein laufen könne, wollte sie kein Wort hören.

Doch insgeheim war ich froh, dass sie sich nicht abhalten ließ, da ich das Gefühl hatte, auseinanderzubrechen, wenn mich nichts zusammenhalten würde. Die Erinnerung an den gestrigen Abend waren noch immer ein klaffendes Loch in meinem Gedächtnis; ein Loch, welches auch all die Worte und Berichte nicht zu füllen vermochten.

Erst die Ankunft in meiner vertrauten Wohnung brachte etwas Ruhe über meinen geschwächten Körper. Ich ließ mich auf dem Sofa nieder, während Eleanor in der Küche verschwand, mir ein Glas Wasser brachte und daraufhin ankündigte, uns etwas Schönes zu kochen.

Allein bei dem Gedanken an Essen drehte sich mein Magen um, doch ich brachte es nicht über mein Herz, es ihr zu sagen. Sie sah so zuversichtlich aus; als ob eine leckere Mahlzeit die Zeit zurückdrehen und alles ungeschehen machen würde.

Ich schloss meine Augen und versuchte zu schlafen, doch das Fehlen mehrerer Stunden ließ mich nicht still sitzen. Ständig flatterten meine Augen auf und ein unangenehmes Kribbeln lief durch meine Beine; es war nicht auszuhalten.

Mit schweren Gliedern erhob ich mich und trat an die große Fensterfront. Die Nacht brach herein. Ferne Lichter erhellten die Stadt. Es herrschte für einen Moment Stille. Kein Auto fuhr über die breite Straße, noch ertönten etwaige Geräusche aus der Küche.

Ein entspanntes Seufzen entkam meinem Mund und ich ließ meinen Kopf gegen das kühle Glas sinken.

Ich verharrte einige Minuten in dieser Position, bis ich die Kraft fand, mich von dem atemberaubenden Panorama abzuwenden und Eleanor Gesellschaft zu leisten.

Doch noch bevor ich eben diese erreichte, klingelte mein Telefon. Ich kniff meine Augen zusammen. Schmerzhaft hallte das laute Geräusch in meinem Schädel wieder.

„Ja?", meldete ich mich mit zusammengepressten Zähnen.

„Hermine, hier ist Amanda. Wie geht es dir? Ich habe gehört, was gestern passiert ist, die Zeitungen sind voll davon." Überrascht stützte ich mich an der Kommode ab.

„Die Zeitungen? Amanda, warum berichten die Zeitungen darüber?" Verwirrt fuhr ich mir über das Gesicht und rieb meine müden Augen, welche noch immer schwer in ihren Höhlen lagen.

„Mach dir darüber keine Gedanken, das erkläre ich dir später, denn der eigentliche Grund, weshalb ich anrufe, ist ein ganz anderer. Und zwar ist Draco Malfoy vor einer halben Stunde in meinem Büro erschienen und wollte mit dir sprechen. Da du nicht hier warst, lässt er fragen, ob du ihn morgen um Zwölf Uhr in seinem Büro treffen kannst?"

„Ich ...", ich stockte, nicht wissend, was ich antworten sollte. „Amanda, ich ..." Unwirsch brach ich ab und schüttelte meinen Kopf. Draco musste scherzen. „ Ich habe momentan kein Interesse daran, ihm unter die Augen zu treten. Er ist dafür verantwortlich, was gestern passiert ist. Es war seine Feier."

„Darüber will er mit dir sprechen, Liebes." Amandas Stimme hörte sich sanft an. Schwer seufzte ich. Ich wusste, dass es ihr wichtig war, dass ich solche Termine wahrnahm und insgeheim wusste ich, dass es auch mir wichtig war, da ich Copeland durch öffentliche Präsenz formen und definieren konnte.

„Um Zwölf, sagtest du?", lenkte ich deswegen ein und wusste im selben Moment, dass meine Entscheidung gefallen war.

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Es wird dringend Zeit, dass ich mich bei euch für eure rege Teilhabe bedanke!
Die über tausend reads und hundert votes nach nur sieben Kapiteln machen mich unfassbar glücklich <3

Habt ihr schon irgendwelche Vermutungen, wie das Treffen verlaufen wird?

Ich wünsche euch ein schönes Wochenende! (:

MaskenhaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt