Hermines Erkenntnis und Copelands Entscheidung

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Verwundert betrachtete ich am nächsten Morgen einen Brief, welcher in einem blütenweißen Umschlug vor meiner Wohnungstür lag. Ginnys Name prangte mir entgegen.

Stirnrunzelnd hob ich den glatten Umschlug auf und schloss die Tür. Meine Beine trugen mich in mein Wohnzimmer. Der Geruch frisch gemahlten Kaffees stieg mir in die Nase, doch ich war zu sehr auf den Umschlag konzentriert, als das ich einen weiteren Gedanken daran verschenkte. Rasch öffnete ich das Kuvert.

Liebe Hermine,

wie geht es Dir? Wir alle haben lange nichts mehr von Dir gehört; ich hoffe, du bist mir wegen unserer Meinungsverschiedenheit nicht mehr böse. Lass uns noch einmal darüber reden, ja? Wäre mein Geburtstag nicht die perfekte Gelegenheit?
Ich habe ein nettes Zusammentreffen in alter Manier mit all unseren Freunden aus der Schulzeit geplant und würde mich sehr über Dein Kommen freuen.
Du fehlst mir, Hermine und ich beginne mir Sorgen zu machen. Ich weiß, dass Du es nicht hören möchtest, aber Du hast Dich verändert, seit Du zu diesem einen Casting gegangen bist; ich vermisse meine Hermine. Versteh mich nicht falsch, Copeland ist keine üble Person, aber sie ist nicht Du.
Sei nicht sauer wegen dieser Bemerkung, aber es fällt mir – uns allen - schwer zu akzeptieren, dass Du Dir ein Leben aufgebaut hast, welches uns nicht miteinschließt.

Melde Dich doch bitte aus Deinem Exil! (Ich weiß nicht einmal, ob dieser Brief bei Dir ankommt, da ich nur ihn nur an Deine Agentur schicken konnte.)

Liebste Grüße,
Ginny und Harry, welcher mir während des Schreibens die ganze Zeit über die Schulter gespäht hat

Ich legte den Brief zur Seite und wurde ganz ruhig. Ginnys Worte jagten mir jedoch durch den Schädel, gefolgt von Copeland und Hermine. Von zwei unterschiedlichen Persönlichkeiten, welche beide in meinem Herzen wohnten. War ich wirklich so töricht gewesen, zu glauben, mich von Hermine distanzieren zu können? Ich hätte wissen müssen, dass dies nicht möglich war.
Ich hätte all dies wissen müssen, ohne erst durch Draco Malfoy und den verzweifelten Brief meiner ehemaligen Freundin daran erinnert werden zu müssen.

Seufzend ließ ich meinen Kopf gegen das Glas meiner Fensterscheibe sinken und schloss die Augen.

Ich wusste es nicht; hatte Ginny Recht? Hatte ich mich verändert? Aber war ich im Herzen nicht schon immer Copeland gewesen und hatte es nur nie bemerkt? Die letzten Wochen waren merkwürdig; seit ich den Kontakt zu meinen Freunden verloren hatte, war Copeland alles, was ich hatte. Copeland war meine Hoffnung. Aber gleichzeitig schien Copeland mein Untergang zu sein. Dracos Anwesenheit zermürbte mich. Seit dem Lauf war kein Tag vergangen, an dem ich mich nicht krank und schrecklich erbärmlich fühlte. Ich war nicht mehr ich selbst.

Welches selbst ich auch immer sein mochte.

Schwergliedrig erhob ich mich und schlug meinen Weg ins Badezimmer ein. Ich passierte einen großen Wandspiegel und blieb zögernd stehen; fürchtete mich in einem wahnwitzigen Moment davor, mir selbst in die Augen zu sehen.

Unwirsch schüttelte ich meinen Kopf und stellte mich meinem Spiegelbild.

Und erschrak im selben Augenblick.

Meine Augen waren gerötet und wurden von ausgeprägten Tränensäcken untermauert. Meine Wangen waren schmal und mein Kinn wirkte zu spitz für meine weiblichen Kurven, welche, wie ich im nächsten Moment schockiert feststellte, jedoch bei weitem nicht mehr so ausgeprägt waren, wie ich es in Erinnerung hatte.
Schmerzhaft fiel mir auf, dass ich jedoch nicht einmal sagen konnte, wann ich mir das letzte Mal einen wirklichen Blick geschenkt hatte.
Meine Augen bohrten sich in sein trauriges Pendant. Ich streckte meine Hand nach meinem Spiegelbild aus, doch berührte nur kaltes Glas. Eiskalt fuhr es mir durch Mark und Bein. Schnell wandte ich meinen Blick ab. Hielt schockiert die Luft an. Und brach kurzdarauf in Tränen aus.

Der Druck der letzten Wochen stieg mir zu Kopf. Träne um Träne rann in einem plötzlichen Anflug von Schwäche über meine Wangen. Mein Hals schnürte sich zu. Keuchend japste ich nach Atem und mit einem Mal, begannen Sterne vor meinen Augen zu tanzen, als wären sie das Himmelszelt. Meine Beine wurden wackelig und meine Arme begannen panisch zu kreisen, suchten nach etwas haltgebenden.

Meine Hand stieß auf den metallenen Rahmen des Teufelsspiegels, welcher sich glatt an meine Haut schmiegte. Salzige Tränen brannten in meinem Mund. Schluchzend rutschte ich an ihm herunter und blieb am Boden liegen.

Ich zog meine Beine an meinen Körper und presste meine Hände auf meine Ohren. Ich wollte meine Gedanken nicht hören; Gedanken, welche meinen Körper vergifteten; Gedanken, welche mir sagten, ich sei nicht gut genug, noch nie gewesen und würde es niemals sein.

Und ich begann zu schreien.

Schrie gegen Stimmen an, die niemand außer mir hörte. Stimmen, welche nur in meinem Kopf existierten.

Mein Geist schien nicht mehr in meinem Körper zu residieren. Es waren nur noch ich und die rohe Gewalt des menschlichen Wahns nach Perfektion, welcher mich in die Knie zwang, aber gegen den ich trotzdem nicht ankämpfen konnte.

Tränen vermischten sich mit bitterer Galle, welche meinen Hals empor stieg und meinen Mund verätzte. Würgend spuckte ich die Flüssigkeit auf den staubfreien Fußboden und versuchte röchelnd Sauerstoff in meine Lungen zu pumpen.

Fahrig wischte ich mir über mein Gesicht und versuchte mit aller Gewalt meine Gliedmaßen unter die Kontrolle meines Verstandes zu bringen.

Meine Sicht war verschwommen und die Konturen der Wände und Möbel schienen sich im Sekundentakt zu verschieben. Ein Wimmern entkam meinem Mund. Und ich rollte mich wieder in Embryonalstellung zusammen; kauerte neben dem Produkt meiner eigenen Obsession. Der saure Geruch des Erbrochenen stieg mir in die Nase und ohne es verhindern zu können, verdoppelte sich die Masse.

Meine Oberkörper bäumte sich auf; demonstrierte gegen meinen Verstand. Mein Körper demonstrierte gegen meinen Willen.

Doch mein Wille war schon immer stärker als alles andere gewesen. Es war mein Wille, welcher mich die Große Schlacht überleben ließ, welcher über die Schwächen meines Körper kapitulierte, wenn dieser bereit war aufzugeben.

Mein Körper wäre längst gestorben, hätte mein Geist ihn nicht zusammengehalten.

Es war mein Geist, auf welchen ich hören musste. Nicht mein Körper.

Diese Feststellung erschien mir mit einem Mal so logisch, dass ich mich begann zu beruhigen. Mein Schluchzten ebbte ab und das unkontrollierte Zittern meiner Arme und Beine normalisierte sich, bis von meinem Aussetzer nichts, außer einem geröteten Gesicht und mein keuchender Atem zeugte.

Ich schwankte ein wenig, als ich mich erhob, doch mein Stand war sicher.

Trotzig blickte ich meinem Spiegelbild in die kampflustigen Augen. Ich ließ mein Blick über meinen Körper wandern, welcher bei näherer Betrachtung nicht mehr so dünn wirkten, wie bei dem ersten Blick.

Verwirrt hob ich mein Top an und fuhr mir über meinen Bauch. Ich stellte mich ins Profil und griff in meine Seite. Ekelerregt verzog ich mein Gesicht, als ich Fettgewebe ertastete.
Ich nahm meinen Körper weiter unter die Lupe und stellte mit immer großer werdendem Schrecken fest, dass nicht nur mein Bauch von Fettpolstern umgeben war, sondern auch meine Beine und Arme.

Zum zweiten Mal an diesem Tag wurde mir schlecht und ohne weiter darüber nachzudenken trugen mich meine Beine ins angrenzende Badezimmer. Meine Knie kollidierten mit den kühlen Fließen vor der Toilette.

Ich würde es nur ein einziges Mal tun, versprach ich mir, kurz bevor ich mich in der Toilette übergab.

-

Ja, heute ist Montag nicht Freitag, aber da ich Freitag keins hochladen kann, ich euch aber lieb habe,  habe ich dieses in einer Nachtaktion überarbeitet - deswegen entschuldigt bitte etwaige Rechtschreibfehler.

Was haltet ihr von dem momentanen Verlauf?

Wie wird es weitergehen?

MaskenhaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt