Auch Pierre war längst fertig und sah zufrieden aus. Ihre Großmama sollte den Schiedsrichter spielen und so brachten beide ihren Teller nach oben, wo Charles schon im Speisezimmer auf die beiden wartete. Kurze Zeit später stieß auch Jules Großmama dazu. Sie kostete von beiden Tellern. Und entschied sich schlussendlich für Pierres Variante. ,,Du bestätigst mir jeden Tag aufs Neue, dass ich eine gute Wahl bei meinem neuen Koch getroffen habe Pierre!" Sie lächelte. Immerhin war ihre Großmutter zufrieden.
Die nächsten Tage vergangen wie im Flug. Jeden Nachmittag traf sie sich mit Pierre in der Küche um irgendein Gericht auszuprobieren. Sie begann langsam sogar ihn zu mögen. Sehr zu mögen. Nach einer Woche hatte sie Emile vergessen.
Es war Dienstag Nachmittag und ziemlich heiß, als sie sich wieder auf den Weg nach unten begab. Pierre saß auf einer der Fensterbänke in der Küche und kaute auf einer Tomate herum. Vorsichtig klopfte sie an die offene Tür. Sie wollte ihn nicht erschrecken. Als er sie hereinbat, bemerkte sie, dass er traurig war. ,,Was ist denn los? Du siehst traurig aus." Sie setzte sich zu ihm. ,,Mein Großvater ist gestern gestorben. Mama hat mich gerade angerufen." Eine Träne lief über seine Wange. Jule legte seinen Kopf auf ihre Schulter. Sie spürte, wie ihre Halsbeuge langsam aber sicher feucht wurde. Pierre übernahm wieder die Kontrolle über seinen Kopf, wischte seine Wange ab und sah nun direkt in ihre riesigen Pupillen umrahmt von einer türkisblauen Iris.
Was dann geschah hätte Jule sich niemas zugetraut. Er beugte sich leicht nach vorn und küsste sie. Doch sie rührte sich nicht vom Fleck. Sie sprang nicht auf und rannte weg. Sie holte nicht aus um ihm eine Ohrfeige zu geben. Sie lies ihn einfach machen. Sie schämte sich nicht einmal. nachdem sie sich noch eine Weile angestarrt hatten, beschloss sie letztendlich doch wieder nach oben zu gehen.
Es war schon Mittag und ihre Großmama hatte sich für ein Stündchen Schlaf auf die Schaukel im Wintergarten gelegt. Jule nutzte die Gelegenheit, um Pierre für eine halbe Stunde zu entführen. Zusammen gingen sie durch den Garten und fütterten sich gegenseitig mit Pfirsichen, Mirabellen und sämtlichen anderen Obstsorten. ,,Hey, gehts dir besser?", fragte sie ihn erwartungsvoll. Doch er nickte nur und schaute im Tunnelblick durch die herabhängenden Äste über eine Mauer hinweg auf die blühenden Lavendelfelder.
,,Früher bin ich immer mit ihm durch die Felder gelaufen wenn ich nicht schlafen konnte. Er hatte ein riesiges Feld direkt vorm Haus." ,,Wenn du willst können wir das auch machen." ,,Das ist wirklich süß von dir aber lieber nicht. Ich kann nicht mein ganzes Leben in Erinnerungen vergraben."
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Sommer im Lavendel | #Wattys2016
Teen FictionEndlich. Jule hat Semesterferien und will diese auf dem Anwesen ihrer Großmama in der Provence verbringen. Ihren Freund vermisst sie dabei ständig. Als dann noch ein geheimnisvoller Koch dazu kommt scheint alles durcheinander zu geraten. Zudem komm...