Kapitel 5

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Sofort schlug sie sich die Hand vor ihre Augen. Auf einem ziemlich alten Sofa lag ein halbnackter, nicht wenig attraktiver, zugegeben sehr gut aussehender, junger Mann. Er hatte kurze blonde Haare und war offensichtlich recht erschöpft. Zudem kam ihr der Geruch von Schweiß entgegen. Natürlich. Es ist das normalste der Welt den Koch mit einer Angestellten im Bett -besser gesagt auf dem Sofa- zu erwischen.

Jule verabschiedete sich und die Frau schloss die Tür wieder. Sollte sie davor stehen bleiben und lauschen? Wie kam sie nur auf diese Idee? War sie wirklich so naiv, dass sie glaubte schon jetzt eine Anziehungskraft zu spüren? Unglaublich!

Seitdem sie versuchte Emile für eine kurze Zeit aus ihren Gedanken zu verdrängen
-allein dafür gehörte sie ihrer Meinung nach in die Hölle- schien sich er, dessen Namen sie noch nicht einmal wusste, immer mehr in ihren Kopf zu schieben. Das durfte nicht passieren. Emile hatte versprochen sie in zwei Wochen besuchen zu kommen. Da konnte sie wohl schlecht mit einer Affäre aufkreuzen. Affäre. Wie das klang. In ihrem Alter.

Letztendlich entschied sie sich dann nur ganz kurz an der Tür zu hören und dann sofort nach oben zu gehen. Jedoch entpuppte sich das 'kurz' als 'sehr kurz' da sie keine deutlichen Worte sondern eigentlich nur lautes schnaufen mitbekam und schon eine Minute später stand sie wieder im Eingangskorridor und versuchte das lästige Kopfkino zu verdrängen.

Ob er sie überhaupt bemerkt hatte? Sicher nicht. So sehr wie er mit der kurzen Entspannungspause beschäftigt war. Auf jeden Fall wusste sie jetzt wohin Sie die nächste zwei Tage erst einmal nicht gehen würde.

Sie ließ sich auf dem hölzernen Stuhl auf ihrem Balkon nieder und schwang die nackten Füße auf den Tisch. Der Ausblick war unbezahlbar. Riesige Obstbäume, einen wolkenlosen, blauen Himmel und ganz in der Ferne die Lavendelfelder, schon in ihrer vollsten Schönheit blühend.

Jule schloss die Augen und atmete einmal tief durch. Diese Luft. Sie duftete so... so... rein. Und blumig. Wie ein Parfum, das jeden Morgen den Weg zu ihren Schlüsselbeinen fand. Sie hatte es zusammen mit Emile im Lafayette gekauft.

Sie konnte und wollte ihn einfach nicht nicht vermissen. Am liebsten würde sie in den alten Fiat ihrer Großmama steigen und ihn besuchen. Aber wie sollte sie das nur anstellen. Sie wusste noch nicht einmal genau, wo er sich aufhielt. Sie musste sich zusammenreißen. In weniger als zwei Wochen würde er sie sowieso besuchen kommen. Bis dahin würde sie es sicherlich aushalten.

Jule öffnete ihre Augen wieder. Sie nahm die Füße vom Tisch und legte ihren Kopf auf ihre Unterarme, welche auf dem Balkongeländer Platz fanden. Sie blickte nach unten.

Sommer im Lavendel | #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt