Kapitel 18

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Kurz entschlossen ging Jule nach dem Frühstück zu ihrer Großmutter. ,,Es tut mir leid Großmama, aber ich muss nach Paris. Ich muss mit Emile sprechen!", sagte sie mit einem traurigen Unterton in ihrer Stimme. ,,Geh nur mein Engel! Ich werde dich nicht aufhalten. Du kannst mich jederzeit besuchen." Sie gab ihrer Enkelin einen Kuss auf die Stirn und ließ ihre Hand los.

,,Charles?", rief sie. Er kam. ,,Ja Madame?" ,,Ruf bitte ein Taxi. Jule möchte zum Flughafen." Er willigte ein. Eine Viertelstunde später stieg sie mitsamt ihrem Gepäck in das Taxi und winkte ihrer Großmama zum Abschied. Tränen stiegen ihr in die Augen, doch sie konnte sie zurückhalten. ,,Kann ich losfahren?", informierte sich der Taxifahrer. ,,Natürlich. Ja."

Als sie eine Stunde später im Flugzeug saß, blickte sie noch ein letztes Mal auf die mittlerweile dunkelvioletten Lavendelfelder zurück. Es tat ihr im Herzen weh, ihre Großmama so plötzlich verlassen zu haben.

Das Rattern des Flugzeuges, als sie in leichte Turbulenzen gerieten riss sie unsanft aus ihren Gedanken. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass ein älterer Mann sich neben sie gesetzt hatte. Sie musste wohl geschlafen haben, denn als sie nun erwartungsvoll aus dem Fenster blickte, konnte sie schon Randgebiete Dijons unter sich erkennen. Lang konnte es nicht mehr dauern.

Die Maschine landete. Voller Hoffnung, dass Charles Emile informiert hatte und dieser nun am Flughafen auf sie wartete,um sie abzuholen, rannte sie zum Laufband. Es dauerte auch nicht lange, bis ihr Koffer erschien. Ihn hinter sich her ziehend machte Jule sich auf dem Weg zu einem Ausgang. Von Emile keine Spur.

Niedergeschlagen stieg sie in einen Bus. Ihre Blicke aus dem Fenster waren leer und vollkommen emotionslos. Sie erblickte Händchen haltende Pärchen. Fröhliche Familien mit Kindern. Freudestrahlende Schwangere. Mussten unbedingt jetzt alle so glücklich sein? Ironie des Schicksals wie es aussah.

Unter dem Eifelturm kam der Bus zum stehen. Die Räder ihres Koffers donnerten über das Kopfsteinpflaster. Manche Leute starrten sie genervt an. Andere verdrehten die Augen. Sie holte den Schlüssel für die Haustür aus ihrer Jackentasche und betrat den kühlen Hausflur. Normaler Weise würde Emile jetzt ihren Koffer in den dritten Stock tragen. Aber darauf musste sie wohl verzichten.

,,Emile? Bist du da?" Niemand antwortete. Sie schloss die Wohnungstür hinter sich. ,,Emile?" Wieder kam keine Antwort. Sie stellte ihren Koffer im Schlafzimmer ab und suchte weiter nach ihrem Freund. Wo sollte er schon sein? ,,Hey da bist du ja. Warum antwortest du mir nicht wenn ich dich rufe?"-,,Raus! Siehst du nicht, dass ich kacken muss?"-,,Es hat dich doch sonst auch nie gestört!"-,,Aber jetzt stört es mich!"

Sie knallte die Badezimmertür wieder zu und wartete mit verschränkten Armen in der Küche auf ihn. Es dauerte ewig bis er es aus dem Bad schaffte. ,,Schatz wir müssen reden. So geht das nicht weiter mit uns!", forderte sie ihn auf.


Sommer im Lavendel | #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt