Kapitel 1

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...sie wandte ihren Blick dem Fenster zu. Lange konnte es nicht mehr dauern, schließlich boten ihr schon die unendlich weiten, violettfarbenen Lavendelfelder unter ihr einen wunderbaren Ausblick auf die Provence. Die verträumten, malerischen Landschaften. Die einzelnen Lehmhäuser inmitten riesiger Felder.

Oh wie sie es hier liebte. Am liebsten würde sie komplett zu ihrer Großmama ziehen und sie nicht nur in den Semesterferien besuchen. Aber das ging nicht solange sie noch mitten im Studium war. Außerdem müsste sie Emile überzeugen mitzukommen. Ohne ihn würde sie nirgendwo anders hingehen.

Sie näherten sich dem Boden. Die Stewardess machte ihre Routinedurchsage von wegen hinsetzen, anschnallen, Sitze in eine aufrechte Position bringen und so weiter...
Eine halbe Stunde später stand sie schon samt ihrem Koffer vor dem Flughafen und wartete auf ihr Taxi.

,,12 Euro 70 bitte!" Endlich ein freundlicher Taxifahrer, dachte sich Jule. Seit langem hatte sie nicht mehr so ein gutes Gespräch in einem Taxi geführt. Sie gab ihm 13 Euro und stieg aus. Der Taxifahrer bedankte sich und half ihr mit ihrem Koffer welcher, zugegeben, nicht der leichteste war.

Jule betrachtete die orangefarbene Fassade des Anwesens ihrer Großmama. Sie schleppte ihren Koffer die letzten drei Stufen hinauf, die sie noch von der großen, olivgrünen Einganstür trennten. Oben angekommen läutete sie an der nostalgischen Glocke die vom oberen Türrahmen herunterbaumelte. Schon zehn Sekunden später stand der Butler in der Tür und nahm Jule ihren Koffer ab. ,,Guten Tag Fräulein Jule. Ihre Großmama erwartet sie bereits im Teezimmer."

,,Jule!" Sie fiel ihrer Großmama um den Hals. ,,Ich habe dich so vermisst!" ,,Ich dich auch Großmama."

Es musste unglaublich erwachsen sein seiner Großmutter mit 21 Jahren um den Hals zu fallen wie eine Fünfjährige. Aber in diesem Zusammenhang war ihr das ziemlich egal. Schließlich war sie über ein halbes Jahr nicht mehr hier gewesen.

Es klopfte an der Tür. Sie öffnete sich quietschend. ,,In einer Viertelstunde steht das Abendbrot auf dem Tisch Madame.", hauchte Charles in den Raum. ,,Aber natürlich Charles vielen Dank. Jule willst du dich vorher noch ein bisschen hübsch machen?", fragte ihrer Großmama mit französischem Akzent den sie unglaublich süß fand. Jule nahm das Angebot an und stieg die stählerne Wendeltreppe, die mit Efeu umwuchert war, hinauf.

Sie öffnete die Tür zu ihrem Zimmer. Es hatte sich nichts verändert. Nur die Bettwäsche war neu. Schon jetzt fühlte sie sich wie zu Hause.

Doch ebenso sehr wie es ihr hier gefiel, vermisste sie Emile. Was würde er wohl gerade machen? Wahrscheinlich mit seinen Eltern in Madrid oder New York herumspazieren. Ja seine Eltern waren ziemlich reich. Sie hatten Firmenanteile von großen Namen wie 'Uncle Sam' oder 'Tommy Hilfiger'. Aber das interessierte Jule nicht wirklich. Sie hatte sich in Emile verliebt. Ein einfacher und unglaublich gut aussehender Student. Nicht in sein Geld.

Sommer im Lavendel | #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt