Kapitel 15

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*klopf klopf* Wer konnte das sein? Um diese Uhrzeit? Sie löste sich von ihm und ging erwartungsvoll zur Tür. Noch bevor sie sie richtig geöffnet hatte platzte Pierre herein und knutschte sie regelrecht an die Wand. ,,Jule!", Emile war außer sich, ,,Wer ist das?" ,,Wer bist du ist wohl eher die Frage!", antwortete Pierre und stieß Jule von sich weg. ,,Er ist mein Verlobter!", schrie Jule ihn an. ,,Was machst du überhaupt hier?" ,,Ich wollte dir einen Besuch erstatten! Gestern warst du ja die halbe Nacht weg! Verlobter? Warum Verlobter? Ich dachte du liebst mich!"

Jule brach in Tränen aus. Sie warf sich aufs Bett und vergrub ihren Kopf in dem riesigen Kissen. ,,Steh auf!", befahl Emile. ,,Die Heulerei hilft dir jetzt auch nicht weiter! Ich glaube du musst mir jetzt einiges erzählen!"

Sie raffte sich auf, wischte einmal über ihre feuchten Augen und schickte Pierre zur Tür um sie hinter ihm zu schließen. ,,Also?", fragte Emile zornig. ,,Es, es ist nichts passiert! Er hat mich nur ein mal geküsst. Ich konnte nichts dafür!"-,,So so nur ein mal. Und wie kommt er dann darauf, dass du ihn liebst?"-,,Ich weiß es nicht! Ich habe ihm gesagt, dass ich einen Freund habe!"

Emile wandte sich ab und schaute aus dem Fenster. Er konnte es nicht glauben. Gerade erst hatte er seinem Mädchen, das er über alles liebte, einen Heiratsantrag gemacht. Und nun erfuhr er, dass sie etwas mit einem anderen hatte. ,,Warum sagst du nichts mehr?", hakte Jule vorsichtig nach. Alles was sie erhielt war eine verachtende Geste der linken Hand. Das musste sie wohl als Antwort gelten lassen.

Sie stritten sich noch eine Weile. Als es schließlich zu dämmern begann, gab Jule vorerst auf. Sie verließ das Zimmer und ließ ihn einfach sitzen. *klopf klopf* ,,Großmama? Bist du hier?", fragte such vorsichtig und öffnete die Tür zur Bibliothek. Ihre Großmutter saß in einem alten, knarzigen Schaukelstuhl aus Mahagoni und trank eine Tasse Tee. ,,Was ist los mein Engel?" Sie wirkte besorgt. Jule legte ihren Kopf in den Schoß ihrer Großmama. Diese sagte nichts weiter und streichelte ihr nur ganz sanft den Kopf.

Sie hatte keine Ahnung wie sie es machte, aber sie schaffte es jedesmal ihr genau das zu geben was sie brauchte. Keine aufbauenden oder tröstenden Worte, keine Schokolade oder anderen Frustfraß. Einfach nur Liebe und Geborgenheit. In ihrer Gegenwart fühlte sie sich einfach so frei und so von Herzlichkeit erfüllt. Es war unfassbar wie eine fast neunzig Jahre alte Frau ihr Herz so zum Schmelzen bringen konnte. Und sie konnte es besser als jeder gutaussehende Typ in der ganzen Welt! Und genau deshalb hatte sie Angst davor ihre Großmama zu verlieren.

Sommer im Lavendel | #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt