Kapitel 8

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Der Krieg war in vollem Gange. Berichten zufolge bekriegte sich jeder mit jedem und ich fühle mich allein in meiner Wohnung gar nicht mehr sicher. Nur wo sollte ich hin? Zum Anbruch der Nacht war ich auf dem Weg zur Arbeit, als ich jemand bemerkte, der mir folgte. Ich drehte mich um. "Oh Himmelherrgott, Ravyn! Erschreck mich nicht so!" rief ich entsetzt. Er kam auf mich zu und zog mich an sich. Ich war verwirrt, was sollte das.
"Du bist am Leben" sagte er erleichtert. "Du musst hier weg, sofort!" Ich sah ihn verwirrt an. "Was ist los?" fragte ich verwirrt. Er ließ den Blick wandern und antwortete mir nicht. "Los komm, du kannst heute nicht arbeiten gehen. Du musst weg von hier. Sofort" sagte er und zog mich mit sich. "Verdammt Ravyn, rede mit mir! Au du tust mir weh! Halt ist das Blut?" Ich hatte eine dunkle Flüssigkeit entdeckt, die ihm den Arm herunter lief. "Komm jetzt wir haben keine Zeit." Er war vollkommen anders. Was war denn passiert? So kannte ich ihn nicht.
"Gut du hast sie, verschwinden wir" hörte ich Ravyns Vater sagen. "Verdammt sagt mir mal wer was hier los ist?" verlangte ich zu erfahren. "Das kann warten" sagten beide. Ich sah beide funkelnd an. Ravyn zog mich wieder an sich, aber ich entwandt mich aus seiner warmen Umarmung. Mein Körper schrie danach mich wieder in seinen Armen zu legen, doch genau das ignorierte ich. "Verdammt ich geh nirgendwo hin, bevor ich nicht weiß was hier los ist. Ravyn was soll der quatsch? Ich erkenne dich dich gar nicht mehr wieder!" rief ich aufgebracht.
"Meine Mutter wurde entführt" sagte er finster und sah sich um. Ich sah sie an, beide, Vater und Sohn. Jetzt verstand ich zumindest warum sie sich so verhielten, aber was hatte das mit mir zu tun? Ich hatte doch... Gar nichts mit ihnen zu tun?
"Die Kobolde kommen, Mylords" rief ein Vampir in Vampirsprache. "Danke, Jayr. Ravyn, nimm sie mit. Wir müssen hier weg, sofort. Erklärungen folgen später" befahl Ravyns Vater.

Etwa eine Stunde später funkelte ich jeden an, der auch nur in meine Nähe kam. Ravyn und sein Vater waren weg und in meiner Nähe waren zwei Vampirwachen. Ich wollte hier weg, eher noch in die Bibliothek als nach Hause, aber hier wollte ich nicht bleiben. Keiner erklärte mir was los war und warum ich hier bleiben sollte. Ich sah die beiden an. "Wo ist hier ein Bad? Ich muss mal aufs Klo" sagte ich. "Folgt mir" sagte einer der beiden und brachte mich in ein riesiges Gästebad. Sie warteten draußen. Zeit genug von hier zu verschwinden. Ich tat erstmal als sei ich auf dem Klo, spülte und drehte dann den Wasserhahn auf, tat so würde ich mir die Hände waschen. Vermion hatte mir in den Monaten nicht nur beigebracht, die Vampirsprache zu sprechen, sondern auch wie ich meine Kräfte nutzen kann. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich. Alle anderen Gedanken schob ich beiseite, als ich die Kuppel in meinem Kopf betrat und damit meine Kräfte aktivierte. Ich dachte dann an den Ort, wo ich hin wollte. Vor meine Wohnung, denn in das Haus konnte ich mich wegen dem Stahlbeton nicht teleportieren. Ich merkte, dass ich einen Moment ganz leicht wurde und einen Moment später stand ich vor dem Haus, in dem sich meine Wohnung befand. Ich ging hinein und holte einige Sachen und packte sie in eine Tasche. Nahm dann noch schnell das Fotoalbum und das Tagebuch meiner Mutter mit und verließ das Haus. Jetzt schnell zur Bibliothek. Wo anders fühlte ich mich nicht sicher. Ich teleportierte mich dann dort hin und betrat das riesige Gebäude. Ich hielt mich nicht lange auf und ging zu Luras Büro und hoffte Sie war noch da. Ich klopfte.
"Herein!" kam es müde von drin und ich ging hinein. "Lea was machst du denn hier? Und was soll die Tasche?" löcherte mich die Magierin sofort. Ich sah sie eine Weile an. Ihr rundes Gesicht wurde von kurzen braunen Haaren eingerahmt. Durch die runde Brille sahen mich grüne Augen fragend an. Ihr kräftiger Körperbau schmälerte nicht im Geringsten die Macht, die von ihr Ausging.
"Ich sollte am Anfang anfangen..." begann ich und erklärte ihr, was zwischen mir und dem Königshaus der Vampire los ist. Erst dann kam der Grund, warum ich hier mit Tasche auftauchte. "Vorhin hat mich Ravyn einfach mitgenommen. Er und sein Vater sind gerade nochmal weg und haben mich allein im eigentlichen Palast zurück gelassen mit zwei Wachen. Das was ich kannte war nur die Sommerresidenz. Jedenfalls fühlte ich mich da nicht sicher und bin abgehauen. Erst zu meiner Wohnung, dann hier her. Laura, ich habe Angst und weiß nicht, wo ich hin soll..." gestand ich ihr dann.
"Du möchtest lieber hier bleiben, das ist verständlich, doch es wäre besser gewesen, wenn du bei ihnen geblieben wärst" meinte sie und legte die Fingerspitzen aneinander, während sie sich mit den Ellenbogen auf dem Eichenschreibtisch stellte. "Du kannst hier bleiben, bis sie dich holen kommen." "Aber ich verstehe nicht, warum sie mich weg holen, ich bin doch nicht mit ihnen Verwandt oder so!" Ich sah Laura verwirrt an. "Das nicht, aber du hast dem König und dem Prinzen selbstlos und ohne darüber nachzudenken dein Blut gegeben um sie zu retten. Das ist ein großer Dienst an deinem Volk. Ich habe niemand Außenstehenden gesehen, der ihnen so nah war. Damit du nicht auch noch als Druckmittel eingesetzt werden kannst, wollen sie dich in Sicherheit wissen."
Ich sah Laura geschockt an. Das hätte mir nicht mal jemand erklären können? Trotzdem hatte ich mich da nicht sicher gefühlt. Der Palast war riesig, kalt und kahl im Vergleich zur Sommerresidenz. Ich war mir da wie ein kleiner verletzter Vogel vorgekommen, der auf dem Waldboden lag, umzingelt von Wölfen.

Nur eine halbe Stunde später versuchte mich jemand über Gedankenübertragung zu erreichen. Ich versuchte mich zu verschließen, aber sich dafür einen Zaun vorzustellen war eine ziemlich dumme Idee. Somit kam der jenige durch und ich hörte Ravyns dunkle rauchige Stimme in meinem Kopf
Wo steckst du zum Teufel? rief er aufgebracht. Ich machte das Buch zu, welches ich gerade las.
Ihr hättet mir ruhig eine Erklärung geben können, bevor ihr mich allein in dem Palast gelassen habt gab ich anklagend zurück ohne ihm zu antworten wo ich war.
Wir hatten keine Wahl. Wo steckst du? wollte er wieder wissen.
Warum sollte ich dir sagen, wo ich bin? Hier fühle ich mich sicher, im Gegensatz zu eurem schwarzen kalten Palast murmelte ich und schlug wieder mein Buch auf und versuchte Ravyn aus meinem Kopf zu vertreiben. Ich las weiter in dem Buch.
Hey ignorier mich nicht, verlangte Ravyn. Es tut mir leid. Ich sehe ein, dass ich dich hätte einweihen sollen.
Ich seufzte leise. Das und mich nicht einfach allein lassen.
Eine ganze Weile schwieg Ravyn, dass ich glaubte er wäre weg. Aber das war er nicht. Wenn wir über Gedanken verbunden waren, hörte ich eine Melodie, bittersüß mit einem Funken Hoffnung und Frieden. Und diese war noch da. Darf ich dir zeigen, dass der Palast nicht so kalt und schwarz ist, wie du denkst? Moment mal was hatte er vor? Dann erinnerte ich mich an Vermions Worte.
In Ordnung teilte ich ihm deshalb mit.

Fünf Minuten später empfing mich Ravyn vor dem Palast. Er war riesig, dunkel und jagte mir dezent Angst ein. Die Statuen die einen böse anblickten machten das nicht besser. Ravyn übergab meine Tasche einem der Diener und führte mich in den Bereich des Palastes, der wirklich belebter war. Das hier war quasi noch eine größere Version der Sommerresidenz und es gefiel mir besser als der Teil den ich gesehen hatte. Ich sah viele Bilder an den Wänden, bis ich plötzlich an einem stehen blieb. Es zeigte meinen Vater. Kayrim Caradhras stand auch zur Bestätigung unten drunter. "Was hat das zu bedeuten?" fragte ich Ravyn, der neben mir stehend das Bild betrachtete.
"Wir waren mehr als nur Prinz und Mitglied der Königsgarde. Wir waren eng miteinander befreundet. Ich kann dir nicht sagen, wie er den Tod fand, aber es hat mich sehr mitgenommen" sagte er und ich erkannte Traurigkeit in seinen Augen. Er drehte sich zu mir um und sah mich an. Ich sah in seine Augen und es sah so aus, als wollte er mit einem Blick in meine Seele hinein schauen. Kurz wanderte sein Blick zu meinen Lippen, doch so oft wie ich ihn abgewiesen hatte, schien er nicht mehr den ersten Schritt zum Kuss machen zu wollen.
Ich erinnerte mich wieder an Vermions Worte zu dem Thema und beschloss, dass ich es doch einfach versuchen konnte. Ich sah in seine eisblauen Augen und nahm ihn erst in den Arm, bevor ich mich auf Zehenspitzen stellte, um ihn küssen zu können. Ich schloss die Augen und sah somit nicht was er tat.
Ganz schnell merkte ich seine Reaktion, die darin bestand mich fest an sich zu ziehen und meinen Kuss leidenschaftlich zu erwidern. Mit der Zunge bettelte er sanft um Einlass, den ich ihm gewährte. Ich hatte keine Ahnung vom Küssen, aber das hier war toll. In mir fuhren die Gefühle Achterbahn. Ich wollte seine Nähe, ihn nicht mehr her geben, gleichzeitig aber auch Zweifel, ob das die richtige Entscheidung war. Vermion hatte gemeint, dass ich eine gute Partie für ihn wäre. War ich das wirklich für Ravyn? Hielt er mich nicht für ein unerfahrenes Ding?
Er löste sich etwas. "Du denkst zu viel darüber nach" murmelte er leise, als würde uns jemand hören. "Raus aus meinem Kopf!" meinte ich darauf hin und wollte ihn von mir weg drücken, doch das ließ er nicht zu. "Dafür muss ich deine Gedanken nicht lesen, Süße. Es steht dir ins Gesicht geschrieben." Ich sah ihn verwirrt an. Was sollte das denn werden? Er schmunzelte darauf hin und ich konnte nicht anders, als dies zu erwidern.
Nur leider wurde dieser Moment wunderbar zerstört, indem einer der Wachen zu uns kam. "Mylord, euer Vater erwartet euch. Er hat eure Mutter gefunden" sagte der Wachmann. Ich konnte den Blick den er uns zu warf nicht deuten, doch er ging auch so schnell und lautlos wieder, wie er erschienen war. "Ich bringe dich in mein Zimmer. Warte dort auf mich, ja?" Ich nickte. Diesmal würde ich sicher nicht abhauen, denn ich wusste nicht warum, aber bei ihm fühlte ich mich so sicher wie nirgends.

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