Kapitel 9

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Sicht von Ravyn
Ich sah über den Hügel. "Und diesmal wird sie nicht abhauen?" fragte mich mein Vater. "Nein, sie ist in meinem Zimmer und bleibt da auch" antwortete ich und sah dem Haus, in welchem sich offenbar meine Mutter aufhielt. "Sicher, dass sie hier ist? Was ist, wenn das eine Falle ist?" fragte ich meinen Vater, da dieser Stahlbetonklotz von einem Haus nicht gerade danach aussah, als würde man dort meine Mutter gefangen halten. "Sie ist dort" war seine kühle Antwort. Und du bist nicht blind vor Wut und lässt es zu nah an dich heran, dass ich nicht lache, dachte ich für mich und wir machten uns daran da rein zu kommen.
Der Anblick meiner Mutter machte nicht nur meinen Vater rasend vor Wut. Sie lag auf einem Tisch gefesselt und war auf dem ganzen Körper übersät mit blauen Flecken, großen und kleinen Wunden und war momentan auch nicht ansprechbar. In einigen Wunden erkannte ich etwas metallenes. Sicherlich hatten sie ihr da Stahl rein getan, diese feigen Kobolde! Woher ich wusste, dass sie es waren? Ganz einfach, hier stank es so bestialisch nach diesen reudigen Biestern. "Mutter?" fragte ich und berührte vorsichtig ihre Schultern, als wir sie befreiten. Sie war ganz kalt und reagierte gar nicht auf mich und auf Vater auch nicht. Ich sah ihn an und er nickte mir zu, er würde sie tragen, ich würde den Weg frei machen. Ich zog meine Waffen und ging auf die Kobolde los, die gerade über uns her fallen wollten.

Sicht von Leaena
Ich wartete auf dem Bett sitzend auf Ravyn und ließ den Blick wandern. Hier merkte man eher, dass es sich um sein Zimmer handelte. Die Wände waren nicht nur mir vielen Bildern verziert. Hier und da war die Wand mit Vampirsymbolen verziert, die ich nicht deuten konnte. Ich würde nicht in seinen Sachen herum wühlen und beschloss das Tagebuch meiner Mutter zu lesen. Ich machte es mir auf dem Bett gemütlich und begann zu Lesen. Es fing an dass meine Mutter erstmal ihre gesamten Eindrücke vom Krieg niederschrieb. Jeder Tag brachte ihr neue Trauer, bis sie meinen Vater kennen lernte. Sie beschrieb ihn als gutherzigen Mann, der alles für die Tat, die seine Hilfe brauchten. Sie wusste nicht, wann sie sich in ihn verliebt hatte, aber es schien Liebe auf den ersten Blick zu sein.
Dann war eine große Lücke und es ging mit einem Datum weiter, dass etwa anderthalb Jahre vor meinem Geburtstag lag.

Ab dem heutigen Tag sind Kayrim und ich Gefährten. Nie hätte ich mir das Träumen lassen. Ich bin so glücklich. Seit langem gibt es wieder einen Lichtblick in meiner düsteren Welt. Ich möchte so viel erleben mit ihm, wie nur möglich, auch wenn der Krieg unsere gemeinsame Zeit sehr einschränkt. Als einer in der Königsgarde hat er ja auch noch andere Verpflichtungen. Ich weiß, eine Entscheidung zwischen der Königsfamilie und mir wird allein schon wegen seinem Eid sicherlich zu Gunsten der Königsfamilie ausfallen. Jeder würde so handeln, dessen muss ich mir immer bewusst sein.

Die nächsten Einträge drehten sich wieder um die Grausamkeit des Krieges, dass sie ihre Eltern verlor und beinahe auch mein Vater gestorben wäre. Einen Moment hielt ich inne mit dem Lesen, da ich das ganze erstmal sacken lassen wollte und mit dem Wissen aus dem Geschichtsbuch abgleichen wollte. In beiden war nichts verschönt worden. Ich überlegte wie alt meine Mutter zu der Zeit gewesen war. Ich wusste ja jetzt, dass ich nicht mehr wirklich alterte, zumindest äußerlich nicht mehr wirklich. Und unter den Bildern aus dem Fotoalbum standen keine Daten, somit war ich da auch nicht viel schlauer. Ich beschloss mich auf jeden Fall noch mehr über meine Eltern zu informieren und begann weiter zu lesen.

Das nächste Datum war etwa ein Jahr vor meiner Geburt und beschrieb, dass meine Mutter viel Zeit mit Vater verbrachte und sie dann wochen später bemerkte, dass sie schwanger war. Ab da gibt es mich, dachte ich leicht lächelnd und las gespannt weiter. Nun beschrieb sie ihre Gedanken und Gefühle diesbezüglich. Sie hatte Angst um mich und ihren Gefährten, hoffte dass er jeden Abend zu ihr heil zurück kam und hoffte, dass ich mich gut in ihrem Bauch entwickelte. Ab da kam auch Mama zu sprechen und der Gedanke meiner Mutter mich in ihre Obhut zu geben, was Mutter wie ich ja wusste ja dann auch getan hat.

Vampirchroniken - Erbe der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt