Kapitel 14

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Erzählersicht
Die Sonne versteckte sich seit einigen Tagen hinter grauen Wolken. Die Zugvögel machten sich auf den Weg in den Süden und man merkte, dass es kälter wurde. Der Herbst war in vollem Gange, doch die Anwesenden interessierte das Wetter reichlich wenig. Vor allem dem Anführer der Kobolde war das vollkommen egal. Wütend machte ihn, dass die Elfen sich auf die Seite der Vampire und Drachen geschlagen hatten. Dafür würden sie bluten. Die Oberhäupter der Werwölfe und der Trolle verließen sein Anwesen. So wütend wie er auch war, er gab nicht auf. Noch waren diese beiden Völker seine Verbündeten, doch sobald der Krieg erstmal richtig ausgebrochen war, würde sich das alles ändern. Und wenn alles nach Plan lief - und das würde es auch - dann wären alle Völker dieser Welt unterdrückt. Die Kobolde an oberster Stelle, so sah er die Zukunft. Keiner würde sich ihnen in den Weg stellen und jeder würde aus Angst zurück weichen. Die jeweiligen Oberhäupter würden die Geiseln sein, damit die Völker bloß nicht auf Dumme Gedanken kamen.
Lächelnd stand der Anführer der Kobolde auf und ging zum Fenster. Unten trainierten seine Leute, Männer wie Frauen. Jeder sollte kämpfen, der auch nur eine Waffe in den Händen halten konnte. Alles würde so perfekt werden.

An einem anderen Ende der Welt saß der König der Wervögel in seiner Tiergestalt auf einem dicken Ast. Seine Tiergestalt entsprach einem riesigen Falken. Verborgen von den Blättern beobachtete er die Gefolgschaft der Werwölfe. Sie fanden es nicht gut wieder auf der Seite der Kobolde und Trolle zu sein, doch das hatten sie nicht zu entscheiden. Das entschied ihr König. Was er sagte, war für jeden Alpha ein Gesetz, welches er seinem Rudel aufdrücken musste. Der König der Wervögel hatte alles, was er wollte und erhob sich lautlos wie eine Eule in die Lüfte. Die Welt wurde kleiner und er flog auf einen der Berge zu. Ganz oben wohnten sie, dort wo die Luft sehr dünn war und es viel zu gefährlich war hinauf zu klettern.
Beim Landeanflug nahm er seine menschliche Gestalt an und ging auf dem Plateau entlang in die kleine Stadt. Er dachte nach. "Du denkst immer zu viel nach. Deine Entscheidung war richtig. Du weißt, was du gesehen hast, Vantor." Er sah in die Richtung und erkannte Felicitas, eine der wenigen Frauen, die sich dafür entschieden hatte sich den Göttern hinzugeben und der Königsfamilie treu zu dienen. "Trotzdem muss ich vorsichtig sein. Es ist das erste mal, dass wir uns richtig offen zeigen. Die Drachen scheinen rachsüchtig zu sein, die Elfen lassen sich nichts aufzwingen, die Werkatzen halten jederzeit die Augen offen und beobachten jeden Schritt, die Vampire... Ich weiß nicht, die beiden Oberhäupter scheinen noch jung zu sein. Er muss viel verloren haben und sie will das schützen, was ihr wichtig ist und doch ich weiß nicht, warum sie sich so unter den Flügeln der Drachen so verstecken. Sie könnten ihnen durchaus mehr als nur das Wasser reichen" meinte König Vantor.
"So wie wir uns Jahrtausende versteckt haben, so sind es viele tausend Jahre in denen die Vampire und die Drachen ein Bündnis haben. Ich habe gesehen wie alt dieses Bündnis ist" sagte Felicitas. Sie streckte ihre weißen Flügel und sah an ihm vorbei zur Klippe an der es steil hinunter ging. "Je nach dem, was jeder tut, wird das Bündnis stärken und auch bessern, doch es kann auch genau so gut das Gegenteil werden. Man weiß es nicht. Selbst die Götter wissen es nicht."
"Wir müssen das tun, was wir immer tun. Still beobachten" sagte der König der Wervögel. "Ja so wie immer" stimmte Felicitas zu.

Sicht von Leaena
Wochen und Monate waren vergangenen. Ich stand am Balkon von meinem und Ravyns Zimmer. Die abnehmende Mondsichel spendete kaum Licht. Ich seufzte leise, zwar konnte ich nun etwas mit dem Schwert umgehen, doch trotzdem war ich in Schlachten nicht Hilfreich auf dem Schlachtfeld. Klar könnte ich Vaters Schwert benutzen, doch Ravyn und ich waren uns einig, dass ich das Schwert meines Vaters nur in Notfällen einsetzen sollte. Und ein solcher Notfall war zum Glück nicht vorgekommen. Ravyn war inzwischen kaum noch zu Hause und ich machte mir mit jedem Tag immer mehr sorgen. Nicht einmal mehr Gedankenverbindungen hatten wir mehr. Von der Leibgarde waren Gareth und Nathan bei mir und einige andere Vampirkrieger. Alle anderen waren da draußen und verteidigten unser Territorium. "Ich drehe langsam durch" sagte ich beim Frühstück. Ich schob mein Essen weg. Ich hatte keinen Hunger. Seit Tagen schon nicht mehr wirklich. Immer wieder kamen Schauergeschichten von den Schlachten hier her. "Nur können wir nichts tun" meinte Gareth. "Ich bin kein Vogel im Käfig. Ich bin..." Ich hielt inne, als ich etwas bemerkte. Ich sprang auf, rannte aus dem Raum und rutschte das Geländer runter und rannte in den Eingangsbereich. Da stand Ravyn. Ich rannte zu ihm und rutschte die letzten Meter, da er auf die Knie gesunken war. "Ravyn" hauchte ich und fing ihn auf. Schwach legten sich seine Arme um mich. "Ravyn was ist passiert?" fragte ich ihn. Er zog mich fest an sich. "Ravyn..." murmelte ich. Er sagte nichts, hielt mich nur fest. Irgendwas stimmte nicht. Sein Körper war so kalt. "Ravyn rede mit mir! Was ist los? Wo sind die anderen?" fragte ich ihn und sah ihn an. "Verbrannt... Sie haben uns eine Falle gestellt. Drachenfeuer war der Auslöser" murmelte er. Hilflos sah ich zu Gareth, da ich nicht ganz verstand, was passiert war.
Es kann doch nicht sein, dass alle gestorben sind!, meinte ich zu ihm. Da muss es doch Überlebende geben!
Wenn sie sich das Drachenfeuer zu nutze gemacht haben... Wir können froh sein, dass unser König noch lebt. Gareths Antwort machte mich leicht wütend.
Verdammt nochmal gebt ihr immer so schnell auf?, fauchte ich ihn an. "Komm ich bring dich in unser Gemach" sagte ich zu Ravyn.

Vampirchroniken - Erbe der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt