Kapitel 7
Mia POV
Ich telefonierte gerade mit meinem Chef, um ihm bescheid zu geben, dass ich heute nicht kommen würde. „ Natürlich dass kann ich verstehen, pass auf wir machen das so, ich gebe dir die nächste Woche frei, kümmer dich gut um deinen Bruder." „A-Aber ich kann mir keine Woche frei nehmen, ich brauche das Geld.." Kurz war es still am anderen Ende der Leitung. „ Ist schon ok, sieh es als bezahlten Urlaub an, aber dass ist eine riesen Ausnahme, verstanden?"
„Danke vielen vielen Dank."
Ja Das war mein Chef, er konnte manchmal sehr streng und ein richtiges Arschloch sein, aber in solchen Situationen war er einfach nur der beste Chef den man sich wünschen konnte.
Ich legte auf und ging zurück in das Krankenzimmer um nach meinem Bruder zu sehen, er war noch nicht aufgewacht. Das war aber auch irgendwie verständlich, so viel Blut wie er verloren hatte war er total schwach und musste erst wieder zu Kräften kommen.
Ich hatte mich für die Behandlung entschieden, ich meine, welche Wahl hatte ich?
Die andere Möglichkeit wäre gewesen, ihn so rumrennen zu lassen....in Lebensgefahr. Bis jetzt war so etwas noch nie passiert, er hatte sich aber auch nie wirklich verletzt, darauf hatte ich immer gut aufgepasst. Das schlimmste was er je hatte war eine winzige Schürfwunde, als wir fangen gespielt hatten. Es hatte auch ziemlich geblutet aber ich hatte mir nichts dabei gedacht.
Wie dumm von mir!
Ich ließ mich auf den Stuhl neben dem weißen Krankenbett nieder und sah ihn mir genauer an.
Er war sehr blass, hatte tiefe Augenringe und sah ziemlich tot aus.
Es tat weh ihn so zu sehen, normalerweise hatte er immer ein riesen Grinsen im Gesicht...Oder ein Schmollen, dann schob er immer seine Unterlippe nach vorne, dabei sah er immer so süß aus, dass ich ihm nichts abschlagen konnte.
Bei dem Gedanke musste ich unwillkürlich lächeln, doch dass hielt nicht lange an.
Ich machte mir so viele Vorwürfe. In Filmen kam an solchen Stellen immer jemand der einen in den Arm nimmt und einem sagt, dass man nichts dafür konnte. Doch für mich gab es so Jemanden nicht..schließlich hatte ich ja nur Ben und der lag hier regungslos vor mir.
In diesem Moment beneidete ich all diese glücklichen Familien, die in solchen Situationen immer zusammen hielten.
Doch selbst wenn meine Eltern noch leben würden, wäre es nicht anders als es jetzt war.
Sie hatten sich nie sehr für uns interessiert, sie hatten das meiste Geld für Alkohol oder Drogen ausgegeben. Wenn man es so sah war ich sogar ganz froh, dass sie jetzt nicht mehr da waren, sonst hätte ich wahrscheinlich überhaupt keine Möglichkeit die Behandlung für meinen kleinen Engel zu bezahlen.
Doch wie gesagt, das Geld reichte gerade mal für die Miete. Mir kam eine Idee, ich stand auf und ging zur Rezeption und fragte nach einer Zeitung. Eine nette Krankenschwester, die wohl gerade Pause hatte, gab mir ihre und ich ging dankbar mit der Zeitung und einem Kaffe-to-go, den sie mir auch noch in die Hand gedrückt hatte zurück in das Zimmer in dem Ben lag.
Ich setzte mich wieder hin und trank erst mal einen großen Schluck bevor ich anfing in der Zeitung rumzublättern. Ich las mir die Anzeigen durch:
Hausmaid gesucht: weiblich, nicht älter als 30J, Aufgaben: Putzen, Kochen,...
Was der wohl mit so einer Maid anstellen würde? Sicher würde zu ihren Aufgaben nicht nur putzen und kochen gehören...
Mal sehen was es noch für Anzeigen gab......hier-Baysitter/in gesucht....das hörte sich gar nicht so schlecht an...das Problem war nur das es während meiner Schulzeit war. Mein Schulabschluss war mir extrem wichtig, so könnte ich studieren und eine richtige Arbeit bekommen bei der man auch mehr Geld verdiente. Dann könnte ich mich auch besser um Ben kümmern.
Ich las mir noch unzählige Anzeigen durch, doch fand nichts passendes...entweder war es zu einer Zeit in der ich in der Schule war oder im Club arbeitete oder es war zu schlecht bezahlt.
Irgendwann muss ich eingeschlafen sein, denn ich wachte dadurch auf, dass eine der Krankenschwestern mich wachrüttelte. Ich sah sie nur verschlafen an. „Entschuldigung, aber ihr Bruder ist soeben aufgewacht." Sofort saß ich Kerzengerade da und blickte zu dem Bett vor, in dem ein immer noch sehr blasser Ben lag. Mit einem Unterschied, jetzt sah er mich mit angsterfüllten Augen an. Ich brauchte etwas bis ich begriff was los war. Die Ärzte hatten versucht ihm eine Infusion zu geben, das Problem war nur, dass Ben höllische Angst vor Nadeln und noch viel größere Angst vor Ärzten hatte.
Sofort setzte ich mich zu ihm aufs Bett und drückte seine Hand leicht. „ Keine Angst, dieser Mann macht dir nichts, er ist sehr nett und will dir wirklich nur helfen. Ich werde deine Hand nicht loslassen bis es vorbei ist ok?"
Er sah immer noch nicht wirklich überzeugt aus denn er drückte sich ganz dicht an mich und vergrub sein Gesicht in meinem Hoodie.
„Pass auf, wir machen dass so, wenn wir dir diese klitze kleine Nadel in den Arm mache dürfen, bekommst du einen von diesen Lollis" Er zeigte auf ein paar bunte Lollis, die in seiner Brusttasche steckten bevor er fortfuhr „und wenn wir das machen dürfen, verspreche ich dir, dass du mich heute nicht mehr sehen musst und dann darfst du morgen auch wieder nach hause gehen. Na wie findest du das? Ist das gut?" fragte er den immer noch an mich gekuschelten Jungen.
Langsam löste er sich ein bisschen von mir und schaute mich erst fragend an, bevor er leicht nickte.
Er krallte sich an meine Hand während er die Nadel in den Arm bekam. Ich konnte gar nicht hinsehen, sonst müsste ich mich noch übergeben.
Danach ging der Arzt mit den Schwestern wieder aus dem Zimmer und lies uns wieder allein.
„Und war doch gar nicht so schlimm oder?" fragte ich ihn, doch ich bekam keine Antwort. Ich drehte meinen Kopf so, dass ich ihm ins Gesicht sehen konnte und musste wieder etwas lächeln, als ich sah, dass er friedlich vor sich hin schlummerte.
Ich lehnte mich zurück und überlegte wie es weitergehen sollte.
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Nightdancer
Teen FictionMia-18 Jahre alt, hat ein sehr schweres Leben, da ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben kamen und sie sich auch zusätzlich noch um ihren Bruder kümmern muss. Tagsüber geht sie wie jedes andere Mädchen in ihrem Alter in die Schule. Doch abends...