Jessica hatte gut Reden gehabt. Zuhause war ich ohne ein weiteres Wort in mein Zimmer gestürmt und hatte mich dort verschanzt. Jessica hatte meinen Eltern, die ja gar nicht meine Eltern waren, erklärt was passiert war und deshalb klopfte meine Mutter jede halbe Stunde, nur um von mir ignoriert zu werden.
Zuerst hatte ich geweint. Ich hatte mit aller Macht versucht alles so gut wie möglich zu verstehen, och ich war gescheitert. Um mich abzulenken hatte ich versucht Phil anzurufen, doch dem hatte Jessica anscheinend die Geschichte erzählt ein wütender Exfreund von mir hätte ihn K.o. geschlagen, weshalb er nicht besonders gut auf mich zu sprechen war. Ich hätte ihn angelogen, da ich ihm nie etwas von Jayden erzählt hatte. Aber es ging ihm gut. Wahrscheinlich würde er uns alle sowieso für verrückt halten, wenn er die Wahrheit wüsste.
Von Google erfuhr ich, dass der nächste Vollmond in 8 Tagen seien würde, was für mich bedeutete, dass ich nur noch eine Woche als Mensch hatte.
Jessica sprach mir tausend mal auf die Mailbox und erzählte unter anderem Jayden hätte White Rock verlassen und sei zu seinem Rudel zurückgekehrt. Es täte ihm alles aufrichtig leid und wenn ich ihm je verzeihen konnte, wäre ich bei seinem Rudel willkommen. Er würde mir die Zeit geben die ich brauchte um mir über alles klar zu werden.
Nach einem Tag hielt ich es nicht mehr aus und sprach mich mit meinen Eltern aus. Noch nie zuvor hatte ich mit ihnen so lange nicht gesprochen und irgendwie taten sie mir leid. Sie erzählten mir davon, wie sie immer den Traum von einem normalen Leben und Kindern gehabt hatten. Und wie sie kurz nach der Zeremonie feststellen mussten keine Kinder bekommen zu kommen. Und dann von der Nacht, wo plötzlich Jayden an der Haustür stand mit einem kleinen Baby im Arm und sie darum bat mich bei ihnen aufzunehmen, unter der Bedingung mir ein normales Leben zu ermöglichen. Deshalb hätten sie mir nie von meiner wirklichen Herkunft erzählt.
Am Ende war ich eingeknickt und hatte ihnen beiden unter Tränen vergeben. Ich musste zugeben, dass sie wirklich keine Wahl gehabt hatten. Trotzdem fühlte es sich komisch an zu wissen, dass sie nicht meine wahren Eltern waren. Abends kuschelte ich mich zu meiner Mutter auf die Couch und schaute mit ihr Grace Anatomy. Ich war froh, dass wieder etwas Normalität in mein Leben gekehrt war. Tatsächlich- alles schien wieder ein wenig wie früher zu werden. Doch tief in mir wusste ich, dass sich bald- ob ich wollte oder nicht- mein Leben verändern würde.
Die Versöhnung mit Jessica erfolgte heute Morgen. Plötzlich stand sie einfach so vor meiner Haustür und umarmte mich. Ich hatte es in diesem Moment aufgegeben zu versuchen ihr böse zu sein und hatte sie einfach ohne weiteres in mein Zimmer gezerrt. Dort hatte sie mir versprochen mich nie mehr zu belügen und mir dafür die schönsten letzten 7 Tage als Mensch zu bereiten. Auch hatte sie versucht meine Vorstellungen vom Wolfsein etwas zu verändern (doch ohne großen Erfolg).
"Man ist nicht nur unnatürlich schnell und stark, man ist auch immun gegen jegliche Krankheiten. Ich meine stell dir vor: Ein Leben ohne Grippe! Und man muss sich ja nur an Vollmond verwandeln, an allen anderen Tagen kann man ein ganz normaler Mensch sein wenn man will. Gut manchmal übermannt einen eine ziemliche Lust auf rohes Fleisch. Außerdem ist die Verwandlung gar nicht übel. Tut beim ersten Mal vielleicht ein bisschen weh, aber wenn du erstmal ein Wolf bist wirst du merken, dass du dann viel freier und glücklicher bist!"
Eine halbe Stunde versuchte sie meine Meinung zu ändern, am Ende mit Argumenten wie:" Wir hören viel mehr Oktaven als Menschen und unser Geruchssinn kann rohes Fleisch aus 10 Meter Entfernung riechen!" Für mich klang das aber weniger verlockend. Jedoch bemerkte ich ihre leuchtenden Augen, wenn sie über Wölfe sprach: Sie schien es wirklich zu mögen was sie war.
Irgendwann gab sie es auf und wir redeten ein bisschen über banale Dinge wie Schule und Wetter, wobei mir immer mehr klar wurde, wie sehr sich mein Leben jetzt schon verändert hatte: Was vorher noch wichtig erschienen war, rückte in dem Hintergrund. Meine Probleme die ich noch letzte Woche hatte kamen mir irrwitzig vor.
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White Wolf Halbmond
WerewolfLiebe, Hass, Verrat, Angst. So unterschiedliche Gefühle, doch so nah beisammen. Mit dem Moment, als Jayden plötzlich in Mays unscheinbares Leben taucht, scheint das Glück nicht mehr von ihrer Seite weichen zu wollen. Endlich jemand der sie versteh...