Pünktlich zum Sonnenaufgang bretterte Jessicas Auto auch schon auf die Straße nach Norden. Das Reservat lag in der Nähe unserer Ferienhütte, weshalb mir der Weg bekannt vorkam.
Die Stimmung im Auto war ausgelassen. Wir sangen bei den Liedern unserer Lieblingsband "Cats on Trees" mit und aßen unseren Proviant.
Fünf Stunden später öffnete Jessica das Gatter des Reservats. Es gab nur Eintritt für Anwohner erklärte sie mir. Ihre Eltern wären so wie Jaydens Vater Siedler gewesen, die sich mit dem Rudel niedergelassen hatten.
Die Landschaft war atemberaubend: Gigantische Wälder, klare Seen und im Hintergrund Gebirgszüge. Jessica erklärte mir, dass im Gebirge das Revier des anderen Rudels anfangen würde.
Doch das Gebiet von Jaydens Rudel schien bis zum Horizont zu gehen. Ich konnte mir nur ausmalen, wie es sein müsste dort zu rennen, ohne auf einen Zaun oder Menschen zu treffen. Wenn die Zivilisation weit weg war und die Wölfe ganz nah.Die schmale Straße mündete in einen kleinen Parkplatz, wo wir das Auto stehen ließen und dann zu Fuß weiterliefen. Jess erklärte, dass es keine Autos und lange auch keine Elektronik im Städtchen gab. Ein Leben ohne Technik konnte ich mir kaum vorstellen!
Und dann kamen wir im Städtchen an. Es war kaum mehr als ein Dorf, mitten im Wald, doch es war wunderschön. Kleine Holzhütten und in der Mitte ragten mehrere Jugendstilhäuser auf, die einen Platz umringten.
Auf den Straßen spielten Kinder und hier und da sah ich sogar einen verwandelten verwandelten Wolf, einfach so im Wohnort.Jessica erklärte mir, dass die Jugendstilhäuser noch aus der Zeit stammten wo Jaydens Vater und ihre Eltern hier eingewandert waren. Es gab eine Schule, einen Tante Emma Laden, ein winziges Krankenhaus, was aber eher einer Praxis glich und das Rudelhaus. Dort wurden Versammlungen abgehalten und spielte sich das soziale Leben ab. Außerdem gab es dort auch ein paar Zimmer für Alpha und Beta und Besucher.
In den Holzhäusern wohnten die normalen Rudelmitglieder. Jessica zeigte auch auf ihr altes Elternhaus, aber sagte, dass sie seit dem Tod ihrer Eltern mit Ash im Rudelhaus lebte. Augenblicklich war ich froh, dass sie in der Nacht in der Nähe sein würde.Auch erklärte sie, dass die meisten Werwölfe in Gold Bridge, einer richtigen Stadt in der Nähe des Reservats, arbeiteten, denn im Reservat gab es nicht wirklich viel zum verdienen.
Ich konnte mich an den kleinen Häusern zwischen den Bäumen gar nicht sattsehen, so idyllisch schien es hier zu sein. Leider schienen aber auch die Anwohner auf mich aufmerksam geworden sein, denn viele schauten mich schief an oder zeigten auf mich. Irgendwann kam sogar ein kleiner indianischer Junge und fragte Jessica wer ich sei. Sie stellte mich als Jaydens Mate vor, was mich rot werden ließ."Hättest du mich nicht einfach als Besucher vorstellen können? Jetzt weiß gleich die ganze Stadt wer ich bin!", beschwerte ich mich.
Jessica schenkte mir nur einen belustigten Seitenblick. "Besucher? Hier gibt es keine Besucher. Ist ja nicht so als ob jeder hier einfach hineinspazieren könnte. Sie sind neue Gesichter halt nicht gewöhnt."Ich musste schlucken. Augenblicklich musste ich mir vorstellen hier zu wohnen, so man immer nur die gleichen Leute zu Gesicht bekam. Auf der anderen Seite hatte der Gedanke auch etwas Schönes, gemeinschaftliches. Und wenn man unsterblich war, musste man in einer Gemeinschaft leben, der Gedanke alleine die Ewigkeit zu verbringen war grausam.
Mittlerweile standen wir vor dem Rudelhaus. Es war wunderschön, mit riesigen, geschwungenen Fenstern und Türen, dazu Stuckverziehrungen und farbenfroh bemalte Wände.
"Weiß Jayden eigentlich das wir kommen?", fragte ich, als Jessica einen Schritt auf das große Eingangsportal zumachte."Kann sein, dass ich ihm gegenüber vergessen habe zu erwähnen, dass du auch kommst", gab sie zu. Erschrocken schaute ich sie an. Es fühlte sich falsch hier einfach ohne Vorankündigung reinzuplatzen. "Schau mich nicht so an. Wenn er es gewusst hätte, hätte er wahrscheinlich ein Willkommensfest für dich organisiert oder so. Und das hättest du sicher nicht gewollt", rechtfertigte sie sich achselzuckend.
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White Wolf Halbmond
WerewolfLiebe, Hass, Verrat, Angst. So unterschiedliche Gefühle, doch so nah beisammen. Mit dem Moment, als Jayden plötzlich in Mays unscheinbares Leben taucht, scheint das Glück nicht mehr von ihrer Seite weichen zu wollen. Endlich jemand der sie versteh...