Kapitel 10

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„Hey, da bist du ja", begrüßte der Braunhaarige den Anderen lächelnd. Die beiden Jungs umarmten sich kurz und überlegten dann, wo sie überall hingehen wollten. Marco rieb sich den Hinterkopf:"Ich muss auf jeden Fall noch irgendwo hin, wo ich Handcreme und so etwas bekomme. Ein Auftrag von meiner Mutter."

„Okay...dann suchen wir nach so 'nem Laden und dann gehen wir noch irgendwo hin, wo ich ein Hemd und 'ne gute Hose herbekomme", schlug Eren vor. Beide gaben sich damit zufrieden und stürzten sich dann in die Menschenmassen.

Ziemlich schnell fand Eren ein Hemd und eine Hose für sich. Auch Marco wurde schnell fündig. Nur blieb es bei ihm nicht bloß bei der Hand- und Gesichtscreme für seine Mutter. Er hatte sich noch zwei Oberteile und eine kurze Hose geholt und stand nun etwas deprimiert vor dem letztbesuchten Laden:"Oh Mann...ich bin so schlecht, was Geld sparen angeht."

„Eher schlecht, was guten Geschmack angeht", kommentierte Eren grinsend. Marco lachte leise und boxte Eren leicht gegen die Schulter:"Nur weil das eine Hemd rosa ist!"

„Ja!", lachte Eren:"Genau deswegen! Du bist ein Kerl, Marco. Kauf dir männliche Farben."

„Du bist doch echt bescheuert", meinte Marco und schüttelte schmunzelnd den Kopf. Er war froh, dass Eren ihn ein wenig ablenken konnte. Die Sache mit Jean machte ihm doch einiges zu schaffen.

Eigentlich hätte er auch böse auf Eren sein sollen, da dieser ja Jean geküsst hatte, aber er konnte es irgendwie nicht. Ausserdem war es ja eben jener, der ihn nun von diesen wirren Gedanken ablenkte und zum Lachen brachte. Marco hatte noch lange an Jean gedacht, nachdem sie Montag so auseinander gegangen waren. Daraufhin war der Aschblonde ja auch nicht mehr zur Schule gekommen. Dafür hatte er ihm mehr als einhundert Nachrichten und Anrufe hinterlassen...

Ein schlechtes Gewissen plagte den Schwarzhaarigen schon. Es war eigentlich überhaupt nicht seine Art jemanden so extrem zu ignorieren, aber mit Jean wollte er nunmal nichts zu tun haben. Zumindest vorerst.

„Ich sollte nächste Woche mal mit Jean reden...", murmelte er vor sich hin. Eren sah zu Marco auf und legte den Kopf schief:"Und was sagst du ihm dann?"

Leise seufzte Marco und blieb stehen:"Ich weiß es nicht..."

Dann herrschte eine ganze Weile Stille zwischen ihnen, bis Marco weiterlief. Eren folgte ihm und nahm das Wort wieder auf:"Liebst du ihn?"

Augenblicklich verfärbten sich Marcos Wangen ein bisschen rot:"I-ich weiß nicht."

Doch. Und wie er das wusste. Er hatte einfach eine Schwäche für diesen blonden Möchtegern-Punk. Schon seit einer ganzen Weile. Und eigentlich wäre es auch kein Problem gewesen sich das einzugestehen oder irgendwem zu beichten. Es war keine große Kunst zu erkennen, dass Marco schwul war. Er erfüllte nämlich ziemlich viele Klischees. Er war bei den Mädchen beliebt und saß in der Pause oft mit ihnen irgendwo zusammen. Er hörte sich ihre Probleme an (und sei es nur der gebrochene Nagel). Er trug auch gerne rosa oder irgendwas mit Blumen; war immer freundlich und wahrscheinlich der beste Beste Freund, den man haben konnte.

Nur war er auch noch nie verliebt gewesen. Und hier lag das Problem: er wusste nicht, wie er damit umgehen und was er machen sollte. Seine Mutter wollte er nicht fragen. Sie hatte schon genug damit zu tun sich um seine kleine Schwester zu kümmern. Außerdem würde sie ihn dann nur über Jean ausfragen wollen. Eigentlich hatte sie das eh schon getan, nachdem sie im Supermarkt auf ihn gestoßen waren.

„Das war also Jean? Ich hatte ihn mir total anders vorgestellt! Aber ich find's toll, dass er sich so rebellisch anzieht und alles", hatte sie geschwärmt und dann gekichert:"Sein Verhalten entspricht gar nicht seinem Aussehen."

Marco war nur rot geworden und hatte stumm genickt.

Seine Mutter hätte also auch kein Problem damit gehabt, wenn Jean sein Freund werden würde.

Seufzend fuhr Marco sich durch die Haare und bemerkte erst gar nicht, wie Eren mit einer Hand vor seinem Gesicht herumwedelte:"Hallo?"

Erschrocken zuckte der Größere zusammen und Eren lachte leise:"Wusste ich es doch. Dich hat es total erwischt!"

„Na und? Sowas soll vorkommen", meinte Marco trotzig und wandte verlegen das Gesicht ab. Eren lächelte leicht:"Ich kann dich verstehen. Eigentlich ist er wirklich toll. Nicht so langweilig wie andere. Er macht auch mal seine Klappe auf und nimmt nicht alles kommentarlos hin."

Zwar stimmte das alles, was Eren sagte, aber Marco wollte trotzdem protestieren. Immerhin wusste der Braunhaarige doch offensichtlich, dass er ihn Jean verliebt war. Doch gerade, als er den Mund aufmachen wollte, sprach der Jüngere schon weiter:"Ihr würdet echt perfekt zusammenpassen. Wirklich. Dann könntest du ihn immer von seinem hohen Ross runterholen, wenn er wieder meint einen auf Boss zu machen und er könnte dich dazu ermutigen endlich mal 'Nein' zu sagen."

Marco wurde bei seinen Worten immer röter und vergrub schließlich sein Gesicht in seinen Handflächen:"Meinst du wirklich...?"

„Total", sagte Eren sofort und kicherte leicht, als er sah wie rot sein Freund wurde:"Verzeih ihm einfach den kleinen Fehltritt. Er ist nämlich genauso sehr in dich verschossen, wie du in ihn."

Leicht, aber entschlossen nickte Marco:"Okay, ich werde zu Hause gleich mit ihm telefonieren oder ihn am besten treffen!"

„Das ist mein Marco", lachte Eren und klopfte dem Größeren auf die Schulter.

Die beiden liefen weiter und wollten gerade eine Straße überqueren, als zwei Touristen sie anhielten:"Uhm...sorry. Can you speak english?"

Eren blinzelte und schob Marco vor:"Regle du das. Ich kann kein Englisch. Ich geh schon mal zur Bushaltestelle, ja?"

Etwas hilflos nickte Marco und durfte dann den beiden Engländern erklären, wie sie am besten ins Stadtzentrum kamen. Als er das irgendwie geschafft hatte, sah er Eren auf der anderen Straßenseite winken und dann den Bus. Eilig verabschiedete er sich von den beiden Männern und wollte über die Straße laufen, doch er hatte vergessen sich nach einem Auto umzuschauen.

Plötzlich hörte man das Quietschen von Reifen und kurz darauf einen dumpfen Ton des Aufpralls von Marco und das Knacken von gerissenem Glas. Marco wurde direkt vom Auto erfasst und landete auf der Windschutzscheibe, welche mit einem Mal nur noch aus vielen Rissen zu bestehen schien.

Vom Aufschlag bewusstlos geworden, lag der Schwarzhaarige nun mit einer Platzwunde am Kopf auf der Motorhaube des Wagens. Was er für innere Verletzungen hatte, konnte man nur erahnen. Eren hatte alles mit angesehen und rannte sofort zu seinem Freund:"Marco!!"

Doch der reagierte nicht. Der Fahrer war aus dem Auto ausgestiegen und wusste nicht recht, ob er sich aufregen oder schuldig fühlen sollte. Eren entschied sich für's erste und ging auf den Kerl zu, um ihm einen Kinnhaken zu verpassen:"Dämlicher scheiß Wichser!"

Liebend gerne wäre er noch weiter auf ihn losgegangen, doch dann hielt er es für wichtiger einen Krankenwagen zu rufen, welcher fünf Minuten später schon bei ihnen war. Kaum war Marco im Wagen drin und wurde mit Blaulicht ins Krankenhaus gebracht, machte auch Eren sich auf den Weg dorthin. Er durfte nicht mitfahren, da er nicht zur Familie gehörte und es schnell gehen musste.

Während er lief, schrieb er Jean an.

Shingeki no AiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt