Kartenhaus

Teil 2

Ich stand pünklich um 6 an unserem Treffpunkt.

Normalerweise brauchte ich morgens länger, aber ich hatte mir nur schnell meine Laufsachen übergeworfen und meine braunen Haare zu einem Zopf gebunden. Deswegen konnte ich es in einer halben Stunde schaffen.

Jonny kam nach fünf Minuten und entschuldigte sich für seine Verspätung.

"Man Jonny! Das waren fünf Minuten und keine zwei Stunden"

"Ähm wie viele Kilometer läufts du denn?"

Ich musste überlegen ich wollte nicht übertreiben aber auch nicht zu wenig sagen.

"Je nachdem. Manchmal sind es nur 2,5 aber manchmal auch 5, du?"

"Meistens so um die 6 Kilometer"

"Wie wäre es, wenn wir einfach so lange laufen bis ich nicht mehr kann?!"

"Gute Idee, hoffentlich mache ich nicht vor dir schlapp", ich musste bei der Vorstellung, dass Jonny nach Luft hechelnd neben mir schlapp macht, grinsen.

"Was grinst du so komisch?"

"Wollen wir los?", ich antwortete nicht und versuchte von Jonnys Frage abzulenken was auch klappte.

"Gerne. Auf drei. 1-2-3", bei drei drückten wir beide den Startknopf unserer Laufuhren.

Wir joggten den gleichen Weg, den ich gestern zum Strand und zu der Kiteschule genutzt hatte. Ich schaute auf meine Uhr.

1,9 Kilometer?! War mir noch gar nicht so weit vorgekommen. Wir jogten noch eine Weile weiter, bis Jonny nach 4 Kilometern fragte ob wir umdrehen wollten.

"Von mir aus gerne ich halte eh nicht mehr so lange durch", wir jogten schweigend weiter. Irgendwann merkte ich das ich nicht mehr konnte.

"Können wir anhalten? Ich kann nicht mehr", kaum hatte ich meine Worte ausgesprochen fing Jonny an zu lachen.

Lachte er mich aus?! War die Strecke etwa so kurz, dass Jonny dachte ich hätte mit meinen 5 Kilometern übertrieben?

"Was ist? Warum lachst du?"

"Ich wollte dich das gerade auch fragen. Ich hab nämlich auch keine Power mehr"

"Achso. Ich dachte schon du lachst mich aus"

"Dich auslachen? Wieso? Weil du 6,5 Kilometer am Stück gelaufen bist?!"

"Was so weit? So lange bin ich noch nie gelaufen"

Wir gingen eine Weile schweigend neben einander her.

"Sagmal hast du eigentlich einen Freund?", Jonnys Frage kam irgendwie überraschend.

"Nein. Und du? Hast du eine Freundin?"

"Nein habe ich nicht"

Wir gingen eine Weile schweigend neben einander her.

"Hast du schonmal probiert zu kiten? Wie du weißt liebe ich es ja und wenn du es ausprobieren möchtest müsstest du nicht den ganzen Tag am Strand rumliegen. Ich glaube nämlich das du eher ein Mädchen bist, was gerne was erlebt. Außerdem ist ein Grundkurs bei uns in der Kiteschule ist auch echt nicht teuer!"

Jonny hatte es auf den Punkt gebracht. Ich bin ein Mädchen was ungerne den ganzen Tag faul am Strand liegt, schließlich sind Ferien und da möchte ich was erleben, bevor ich wieder in die Schule muss.

"Leider ist mein Gleichgewichtssinn genauso schlecht wie mein Orientierungsssinn. Ich weiß nicht, ob ich es dir erzählt hab, aber du könntest mich hier aussetzen und ich würde nicht mehr zurückfinden. Kiten und ich passen also auch nicht zusammen. Da könnte man genauso gut einem Hund das sprechen beibringen, das wäre auch ein hoffnungsloser Fall!"