Teil 8

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Ich wollte gerade ins Bett gehen, als Olly mich erneut anrief.

"Olly, was ist los? 28 verpasste Anrufe und dann noch die ganzen WhatsApps?"

"Wenn du dir die Nachrichten durchgelesen hast, weißt du was los ist"

"Dazu hatte ich leider noch keine Zeit"

"So wie du nie Zeit hast, wenn ich dich frage ob wir zusammen ein Eis essen oder einen Kaffee trinken wollen?"

"Wir hatte heute ein Familientreffen, wenn du es genau wissen willst. Außerdem war mein Akku leer"

"Heute hast du eine halbwegs vernünftige Ausrede, aber sonst? Du und deine Stiefschwester habt doch die ersten Tage immer so aneinander geklebt und jetzt? Hat sie meistens Zeit und du bist irgendwo unterwegs. Kannst du mir nicht wenigstens sagen was du machst anstatt immer zu sagen: 'Tut mir leid Olly, aber ich habe heute keine Zeit'?

"Ich wüsste nicht, dass dich das etwas angeht, was ich mache wenn ich keine Zeit für dich habe. Du bist schließlich nicht mein Vater!"

Die Tür ging auf und Felicitas kam rein. Ich gab ihr ein Zeichen, welches bedeuten sollte, dass sie leise seien soll.

"Ich mache jetzt Schluss. Der Tag war schon anstrengend genug. Tschüss Olly, du kannst dich wieder bei mir melden, wenn du nicht mehr so besitzergreifend bist. Wozu du übrigens kein Recht hast"

"Ich weiß das du mir immer absagst, weil du in der Zeit mit Jonny zusammen bist. Deswegen wir es dir sehr, sehr leid tun, dass du mich zurückgewiesen hast, denn solche wie mich weist man nicht zurück ohne einen hohen Preis dafür zu zahlen"

Er legte auf. Und ab dem Moment kam die Angst. Ganz unerwartet und unfair von hinten. Sie packte mich und ließ mich nicht mehr los.

Auch nicht, als ich Feli von dem Gespräch erzählte und sie mir Mut machte.
Und gerade dann nicht, als ich bei dem Versuch einzuschlafen an Jonny dachte.
Erst als ich schon fast eingedöst war viel mir auf, wie sehr Olly mich verfolgen musste, denn außer Feli hatte niemand was von Jonny und mir mitbekommen.

Als ich dann morgens nach wenigen Stunden Schlaf wach wurde war Feli noch am schlafen. Kein Wunder um 7 Uhr morgends. Deswegen zog ich mich schnell an, schnappte meinen Rucksack mit den Malsachen und ging zum Strand.

Ich setzte mich an die gleich Stelle wie das letzte Mal, fand aber keine Ruhe, da ich mich andauernd umgucken musste.

Als ich nach einer Stunde auf das Blatt gucke waren da nur die Umrisse einer nicht vollständig geschlossen Tür und die eines Mädchens, das versuchte die Tür zu zudrücken.

Ich hatte also meine Gefühle mal wieder auf Papier gebracht. Wären meine Kartons mit den gezeichneten Bildern beim Umzug durch den Umzugswagen gefallen, hätten die Umzugshelfer anhand meiner Bilder alle meine Gefühlsleben der letzten 3 Jahre sehen können.

"Hey"

Ich zuckte durch den Schreck zusammen, merkte aber schnell das es Jonny und nicht Olly war.

"Was ist? Bin ich so furchteinflößend?"

Ich gab ihm diesmal, als wäre es ganz selbstverständlich, einen Kuss.

"Guten morgen. Tut mir leid, aber du weißt ja wie schreckhaft ich bin. Außerdem muss ich dir eh noch was erzählen, was mich noch schreckhafter macht"

"Schieß los."

"Olly hat mich gestern Abend angerufen. Nachdem mein Handy bei unserem Date schlapp gemacht hat, wegen den ganzen Nachrichten. Er meinte, dass ich ihn ja immer abweise und das es mir noch leid tun würde jemanden wie ihn zurück zuweisen, da man dafür einen hohen Preis zahlen muss. Seitdem bin ich ängstlicher als je zuvor"

Jonny zog mich näher zu sich.

"Also soll dein Bild ein Mädchen, in dem Fall dich, darstellen die ihre Angst nicht reinlassen will und deswegen versucht die Tür zu zudrücken?!"

"Genau. Ich male schon seit Jahren alle meine Gefühle. Aber du bist der erste der ein Bild davon sieht"

"Dann fühle ich mich aber geehrt"

Ich lachte.

"Wie spät ist es?"

"Halb neun, wieso?"

"Mist! Ich muss los. Sehen wir uns heute nachmittag um 3 hier, wie verabredet?"

"Ja. Ich freue mich"

Ich sammelte meine Sachen noch kurz ein und gab Jonny noch einen Abschiedskuss.

Als ich wieder bei der Wohnung war, kam mir Feli besorgt entgegen.

"Bist du total bescheuert? Wo warst du? Erzählst mir gestern noch von Ollys Drohung und heute morgen liegst du nicht im Bett, hast noch nicht mal einen Zettel hinterlassen und gehst nicht ans Handy! Weißt du was ich mir für Sorgen gemacht habe? Ich dachte schon Olly wäre hier gewesen und hätte dich geholt!", Felicitas kam mir wütend und besorgt entgegen.

"Tut mir leid Feli. Ich wollte eigentlich  um acht am Strand losgehen, habe dann aber Jonny getroffen und ihm von dem Telefonat mit Olly erzählt. Geplant war eigentlich, dass ich dann komme, wenn du aufstehst"

"Ist doch alles nochmal gut gegangen, Schwesterherz. Glücklicherweise, aber nächstes Mal schreibst du eine Notiz", Felis Wut war glücklicherweise schnell wieder verflogen.

"Ja mache ich. Was riecht hier denn eigentlich so lecker?"

"Guten morgen erstmal. Zu deiner Frage: Deine kleine Schwester hat in den Sprachferien gelernt, wie man super-lecker Pancakes backt und macht die jetzt für uns."

"Guten morgen Ole. Ich wollte mich nochmal für sie Aktion, mit den Zigaretten, entschuldigen. Das war unfair von mir"

"Alles gut. Ich habe zwar Ärger von Mama bekommen, aber das war auch ok so. Mama war ja auch nett zu mir, sie hätte schließlich sagen können, dass ich den ganzen Urlaub in der Blickweite von ihr bleiben muss, was sie glücklicherweise nicht getan hat. Und wo ich gerade dabei bin: Ich wollte dir einen Waffenstillstand anbieten, weil ich ja fast immer angefangen habe", Ole streckte mir eine Hand entgegen.

"Angenommen, wir werden uns gegenseitig in nichts mehr reinreiten", ich nahm seine Hand und schüttelte sie.

"Essen!", rief meine kleine Schwester aus der Küche.

"Wir kommen", riefen wir alle drei gleichzeitig.

Als wir alle unsere Pancakes hatten fragte ich meine Schwester nach der Sprachreise aus. Sie hatte zwar gestern Abend schon etwas erzählt, aber vor den Erwachsenen hatte sie bestimmt ds eine oder andere spannende Detail ausgelassen.

Und ich hatte Recht. Zum Beispiel hatte sie einen Jungen kennengelernt, der auf Fehmarn wohnt und deswegen wollte sie also unbedingt zu Mama ziehen, damit sie den Jungen öfters sehen kann und da er dort wohnt wo Mama und dieser Marius wohnen würde sie sogar auf die gleiche Schule wie er gehen.

Als ich an die Schule denken musste, musste ich auch gleich an Jonny denken und daran, dass wir uns nach 6 Tagen erstmal nicht mehr sehen werden. Dann wird es nur noch über Skype & Co. 'Hallo' heißen.

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