Prolog

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Das Leben gleicht einem Kartenhaus. Man baut es sich erst mühsam auf und wenn man ganz oben ist zittert man, dass es ja nicht zusammen fällt. Doch dann geschieht etwas und BOOM die Karten falllen in sich zusammen.

Mein Kartenhaus brach in meinem zwölften Lebensjahr zum erstem Mal zusammen.

Das war, als meine Eltern meiner Schwester und mir sagten, dass sie sich scheiden ließen. Und nachdem ich mir es ein Jahr mühsam wieder aufgebaut hatte ging es wieder BOOM und mein Kartenhaus war zerstört.

Da erklärte mein Vater Rose und mir nämlich, dass er sein Herz an eine neue Frau verloren hatte.

Von da an ging mein Kartenhaus immer öfter zu bruch. Zuerst als meine Stiefmutter Silvia mit ihrer Tochter Felicitas bei uns einzog.

Danach, als ich mein Zimmer mit Felicitas teilen musste, weil wir nicht genügend Zimmer im Haus hatten.

Dann, als Dad uns sagte, dass wir umziehen müssen. Nach Bad Neustadt. Es ist zwar nur 30 Minuten von Schweinfurt entfernt, aber ich muss die Schule wechseln und neue Freunde finden.

Es fällt mir schwer meine alten Freunde zurückzulassen. Gerade bei meinen Mädels Sophia, Melanie und Jo.

Der einzige Vorteil ist, dass ich Julie, meine Cousine, schon kenne. So wird es nicht ganz so schwer am Rhön-Gymnasium Fuß zu fassen.

Und erst vor ein paar Wochen gab es ein heftiges BOOM und mein Kartenhaus brach schon wieder zusammen.

Ich hatte schon alles für unseren Flug nach Island vorbereitet. Wir wollten in der dritten und vierten Sommerferienwoche fliegen. Ich hatte eine Unterkunft gefunden, hatte den Flug schon rausgesucht und ging nach unten um Dad beim sonntäglichem Frühstück alles zu präsentieren. Nachdem ich ihm alles gezeigt und er alles abgenickt hatte sagte Silvia etwas womit ich nicht gerechnet hatte.

"Aber Markus, ich denke wir wollten an die Ostsee einen Familienurlaub machen? Außerdem können wir nicht fliegen, Felicitas hat doch so furchtbare Flugangst"

"Dann müsst ihr wohl leider hier in Bad Neustadt bleiben oder alleine an die Ostsee fahren. Dad hat mir diesen Urlaub an meinem dreizehnten Geburtstag versprochen, mir sogar einen Brief mit seinem Versprechen unterschrieben!", ich wollte unbedingt nach Island, ob mit oder ohne Silvia und Felicitas war mir egal.

"Markus ich bitte dich, das kannst du meiner Tochter und mir nicht antun. Außerdem habe ich schon alles gebucht und mit Theresa abgesprochen..."

Theresa ist die Schwester von Silvias Exmann Felix und gleichzeitig ihre beste Freundin. Nach Erzählungen von Silvia fahren die beiden schon ewig zusammen in den Urlaub.

"...Ich habe ein Haus für Ole, Felicitas und Emma gebucht und eins für Theresa, dich und mich. Außerdem musste ich schon eine nicht sehr billige Anzahlung machen."

Und da wusste ich, dass ich verloren hatte. Es würde keinen Island Urlaub geben. Ich konnte mich jetzt zwei Wochen der Sonne aussetzten und das von morgends bis Abends. Bei Silvia und Felicitas war es klar, dass sie nach so vielen Jahren schon alles von diesem Ort kannten und Papa war noch nie von dem Sightseeing Tick meiner Schwester und mir begeistert, er würde sich wohl auch lieber sonnen.

Na super, meinen fünfzehnten Sommer hatte ich mir anders vorgestellt. Ich hab mich schon seit meinem dreizehnten Geburtstag auf diese Ferien gefreut, die ich jetzt in einem Kaff verbringen durfte.

"Und was ist mit mir?", hatte meine kleine Schwester Rose plötzlich gefragt.

"Du bist in der ersten Woche leider in deinen Sprachferien in England. Ich habe es leider erst zu spät gesehen und konnte danach auch nicht mehr umbuchen."

Ich verschluckte mich fast an meinem Brötchen. Eine Woche mit Felicitas ist ja manchmal schon schlimm, aber dann auch noch eine Woche mit Ole. Das kann echt nicht gut gehen, glaube ich zumindest.

"Ich denke das soll ein Familienurlaub werden? Dann können wir Rose gar nicht ausschließen!", ich hatte so geplant, dass wir alle zusammen in den Urlaub hätten fahren können.

"Rose kann doch in der zweiten Woche nachkommen, oder nicht?", Paps Vorschlag war eigentlich gar nicht so schlecht.

"Ja sie könnte dann bei uns im Haus schlafen, oder etwa nicht?", Felicitas war wohl doch nicht ganz so zickig, wie ich vermutet hatte.

"Ich hätte nichts dagegen. Ole doch bestimmt auch nicht"

"Nein. Nachdem ich gesehen hatte, dass Rose erst in der zweiten Woche kommen könnte habe ich sofort Theresa angerufen und gefragt, ob es für Ole ok wäre. Er war natürlich sofort einverstanden."

Ob Ole sofort einverstanden war konnte ich nicht ganz glauben. Er war schon immer etwas, naja wie soll ich sagen, eigen. Zumindest kam er auf Familienfeiern immer so rüber. Kann auch sein, dass ich mich einfach täusche.

"Mäuschen bist du damit auch einverstanden, wenn wir diesen Sommer an die Ostsee fahren? Ich meine ich hab dir den Island Urlaub ja schließlich versprochen."

Ich war mir sicher, dass ich es später bereuen würde ohne einen Kompromiss ja gesagt zu haben. Deswegen überlegte ich fieberhaft.

"Zu drei Kompromissen"

"Schieß los Mäuschen"

"Erstens. Wir fahren einen Tag nach Fehmarn, ich möchte Mama mal wiedersehen"

"Was sagst du dazu Silvia? Lässt sich das in unserem Zeitplan einrichten?"

Silvia blätterte kurz in ihrem imagienärem Terminkalender und gab dann ein "Wir könnten den zweiten Montag nehmen oder den ersten oder gleich alle zwei Wochen. Außer an den Strand zu gehen haben wir nämlich nichts vor" von sich

"Ok das funkioniert also Maus. Wie lautet dein zweiter Kompromiss?", sagte mein Dad an mich gerichtet.

"Kompromiss Nummer zwei. Wir beide werden den Island Urlaub innerhalb des nächsten Jahres nachholen"

"Wie wäre es mit den Herbstferien in diesem Jahr?", mein Vater schien mit diesem Kompromiss gerechnet zu haben, denn er antwortete wie aus der Pistole geschossen.

"Dritter Punkt. Wir werden uns gleich nach der Ankunft den ganzen Ort angucken."

"Ach Mäuschen, muss das sein?"

"Ja Papa muss es. Und wo wir schon beim letzten Punkt wären. Nenn mich nie wieder Mäuschen oder Maus, klar?!"

"Das waren aber vier Kompromisse, Grinsekatze"

"Ich bin auch keine Grinsekatze. Du kannst mich Emma, Emmi oder Em nennen aber bitte komme nie wieder mit solchen komischen Spitznamen, ok? Kann ich jetzt aufstehen? Ich muss noch für meinen letzten Test vor den Ferien lernen"

"Ok Emmilein, und ja du kannst aufstehen. Räumst du diesmal den Tisch ab Felicitas?"

Als ich nach oben in mein Zimmer ging konnte ich echt nicht glauben, was gerade passiert war. Hätte mir jemand vor einem halben Jahr gesagt, dass ich meinen Island Urlaub gegen einen Urlaub an der Ostsee tauschen muss hätte ich gelacht.

Aber wie heißt der eine Spruch so schön. Der Mensch plant und das Schicksal lacht darüber.

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