1. „Du liebst mich nicht"

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Ich weiss dass es kurz ist. Ich fand es nur gerade so schön abgeschlossen. Dafür kommt auch schneller wieder was. Viel Spass :)

1.    „Du liebst mich nicht“

Lily

>>Erzwungene Liebe. Der Zwang ihn zu küssen, ihn zu lieben obwohl man ihn nicht liebt. Selbst wahre Liebe fühlte sich an wie ein Zwang. Die Tatsache ihn zu vermissen, ununterbrochen an ihn zu denken. So weit entfernt und doch in meinem Herzen. Obwohl er sich nicht erinnern kann…<<

Tom

„Du liebst mich nicht!“

Das hatte sie gesagt und es traf mich mitten ins Herz. Wie konnte sie sowas behaupten? Woher wollte sie das wissen?

Vor acht Jahren, als wir uns zu viert pitschnass auf der Lichtung wiederfanden. Keine Ahnung wie es dazu kam und wo wir uns zuvor befunden hatten. Damals realisierte ich das erste Mal, dass irgendetwas passiert sein musste. Da war so eine uns unbekannte Sache, die uns verband. Annabelle und mich. Noch immer war uns ein Rätsel, wo wir mehrere Monate lang waren und wieso. Doch was zählte war doch dass wir zurück waren, alle zusammen. Und dass ich sie liebte. Da war ich mir zumindest bis vor ein paar Minuten noch sicher.

Heiraten wollte ich sie. Eine Familie gründen, gemeinsam ein Leben aufbauen. Doch alles was sie dazu zu sagen hatte war dass ich sie nicht liebte. Ich würde eine andere lieben. Es wäre nicht richtig.

Wie kam sie darauf? Würde ich eine andere lieben, wüsste ich doch wohl davon!

Aber sie wollte nichts davon wissen. Es wäre nicht richtig, meinte sie. Was war schon richtig? Ich war mir kaum mehr sicher wo oben und unten war.

Seufzend betrachtete ich die blaue Lilie vor mir. Auch das war so eine Sache. Nach Omas Tod vor vier Jahren hatte ich ihr Gewächshaus übernommen. Überraschend, ich weiss. Alle waren es. Aber meine Abwesenheit hatte mich verändert. Was auch immer geschehen war, ich interessierte mich für Blumen und Pflanzen aller Art. Meine gesamte Weltansicht hatte sich verändert. Und so begann ich Biologie zu studieren und übernahm Omas Erbe.

Seit nun 4 Jahren also erforschte ich Pflanzen aller Art und versuchte neue zu züchten. Mehr oder weniger leicht. Bei der blauen Lilie war es schwer. Nicht sie hinzukriegen, sondern zu schaffen dass sie überlebte. Die Farbe machte sie schwach.

Aber bei dieser schien es zu klappen. Sie war wunderschön. Und doch bin ich nicht so glücklich, wie ich es erwartet hätte. Ihr Anblick, er verstärkte meine Trauer. Es war, als würde in mir eine Flut von Trauer nisten, versteckt hinter einer steinernen Mauer. Und die Lilie war ein grosser Tropfen Wasser, der meine Trauer wie in einem Stausee zum überlaufen brachte.

Tropf.

Vor meinem inneren Auge sah ich Annabelle.

Tropf.

Sie weinte, rannte davon.

Tropf.

Die Worte die alles veränderten hallten mir immer noch nach.

Tropf.

„Du liebst mich nicht!“

Wie in einer Höhle erklang der Schall dieser Worte.

Aber die Lilie, sie trieb die Flut an. Die Flut, die in die Höhle eindrang. Sie riss alles fort. Meine Gefühle, Gedanken – mein ganzes Leben.

Zurück blieb ich, voll mit Leere.

Und Tränen, die meine Seele reinigten.

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Diese Nacht konnte ich nicht schlafen. Eigentlich nicht ungewöhnlich, ich hatte oft Mühe mit einschlafen. Doch diesmal gab es auch einen Grund. Ständig musste ich an Annabelle denken. Alles in dieser dunkeln Nacht erinnerte mich an sie. Der sanfte Wind der mit meinen etwas längeren braunen Haaren spielte, als würde er mich liebkosen. Die raschelnden Blätter wie flüsternde Worte. Und der Mond wie ihr reines Herz. Vor allem aber die Sterne. Sie strahlten diese Faszination aus, die Annabelle auf mich hatte und gleichzeitig glaubte ich, ihr Funkeln wäre dies von Annabelles Augen.

Dieser Gedanke stimmte mich traurig. Das Glitzern, das ich heute gesehen hatte war nicht annähernd wie das Funkeln der Sterne gewesen. Tränen waren es gewesen. Aufgrund ihrer eigenen Worte, die ich immer noch nicht verstand. Wieso hatte sie das gesagt? Sie müsste doch wohl am besten wissen wie sehr ich sie liebte. Keinen einzigen Gedanken hatte ich an eine Andere verschwendet. Nicht eine Sekunde. Aber dass ich sie nicht lieben würde, das hatte sie behauptet.

Ein Seufzer durchbrach die friedliche Stille. Nun Stille stimmte nicht ganz. Da war dieser Vogel. Seit ein paar Wochen war er jede Nacht da und sang. Es schien mir, als täte er es für mich, denn in diesen Tönen fand ich Hoffnung, hörte ich Trost. Sein Pfeifen war regelmässig. Ein einziger hoher Ton, der sich wiederholte. Manchmal klang er fragend. Als wolle er jemanden rufen, doch dieser Jemand antwortete nicht.

Dann wiederum änderte sich sein Gesang, man hörte hoch – tief und Stille. Hoch – tief und Stille. Diesen Ruf fand ich fast noch schöner. Er regte etwas in mir. Nur, konnte ich ihn nicht deuten. Hoch – tief und Stille. Wirkte er fröhlich? Oder war es die leichte Trauer in seinen Lauten die mich bewegte? Vielleicht war es auch einfach die Tatsache, dass dieser Vogel so menschlich wirkte mit seinen regelmässigen Lauten. Als ob er einen Zugang zu unserer Welt suchte. Oder es war einfach nur seine Anwesenheit die mich tröstete. Seine Klänge, die mir Halt gaben. Und meine Fantasie die sich ein wunderbares Geschöpf ausmalte als Trost zu einem traurigen Tag und den alles vernichtenden Worten: „Du liebst mich nicht.“

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Diesen Vogel gibt es echt. Also zumindest seine Rufe. In den Ferien in Südfrankreich habe ich den öfters gehört und ich fand den so toll, da musste er einfach hier rein. Ich hab sogar Aufnahmen, aber die sind nicht die Besten, deshalb stellt ihn euch selber vor ;)

Glg Flavia

Verenuna - Stimme der Nacht (Feenland 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt