7. Die erste Lilienfee

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7. Die erste Lilienfee

Lily

>>Es gab ein Märchen über die Entstehung der ersten Lilienfee. Amaya liebte diese Geschichte über alles. Immer wenn sie traurig war, erzählte ich es ihr und am Ende war die Welt wieder in Ordnung. Auch mir bedeutete dieses Märchen viel. Manchmal sah ich es als meinen Ursprung, als Heimat und manchmal sogar als meine Bestimmung. <<

Es war einmal vor langer Zeit, als das Volk der Feen gerade frisch entstanden war aus der Quelle der Magie. Sie waren noch nicht der Kontrolle ihrer grossen Kräfte mächtig und besassen auch noch keine Gabe zur Verwandlung in Tiere oder Blumen.

In dieser Zeit lebte ein Feen-Jüngling. Er war stark, er war schön und er war mutig. Aber er war auch traurig, denn er war alleine.

Er sehnte sich nach der Ferne, wollte die Welt erkunden, nach dem Unendlichen streben. Das machte ihn anders und es machte ihn einsam. Denn niemand verstand seinen Wunsch. So verkümmerte der Jüngling, wie eine Blume ohne Wasser, denn er verlor den Glauben an seinen grössten Traum.

Eines Nachts, da erschien ihm eine Stimme im Traum. Sie war klar und glockenhell wie die einer Blume im Morgentau. Das Mädchen sprach von fremden Wäldern, schönen Gärten und wilden Tieren. Es schwärmte von einem zauberhaftem Ort und unendlichen Gefühlen.

Da schöpfte der Jüngling Hoffnung und seine Augen sprühten Funken bei dem Gedanken an das ferne Paradies. Von da an erschien die Stimme jede Nacht in seinen Träumen und gemeinsam schmiedeten sie Pläne von einem perfekten Leben. Und auch der Alltag des Jünglings war voller Freude, denn er fand wieder zu sich selbst.

Nur etwas trübte sein unendliches Glück. Es war der Anblick des Mädchens mit der samtweichen Stimme, der er begehrte, doch bekam er jede Nacht nur das Bild einer blauen Lilie zu sehen. Und immer wenn er sie bat, doch wenigstens einmal in ihre Augen sehen zu dürfen, da wich sie aus.

Sie meinte nur, wenn er sie wirklich liebte und sehen wollte, dann würde er sich auf den Wege machen, sie zu suchen.

Das stimmte den Jüngling sehr nachdenklich, wusste er doch nicht wo sie sich befand. Und wer machte sich schon auf den Weg, jemanden zu suchen, dem man nie begegnet war. Es bedrückte ihn, zu wissen, dass niemand ihn verstand. Und niemals jemand verstehen würde was er begehrte. Und dass all seine Wünsche und Träume so unerreichbar schienen.

Doch eines Tages traf er die Erkenntnis. Es sollte ihn nicht kümmern, was die anderen wollten. Wenn sie zufrieden waren mit diesem Dorf, so sollten sie bleiben. Ihn aber zog es weg. Seine Wünsche waren grösser als dieses Dorf. Sein Glück lag in der Ferne. Und so zog er noch am gleichen Tag los. Alleine. Ins Unbekannte gehend.

Er wusste nicht, wo er sich befand, wohin er gehen musste. Doch er liess sich leiten von seiner Sehnsucht, der Liebe zu diesem Mädchen. Und er fand seinen Mut und seinen Instinkt tief in sich drin. Dieser Weg war seine Bestimmung, die Wanderschaft seine Heimat. Und wie er sich so auskannte in diesem Gefühl, brachte es ihm keinerlei Probleme, sein Mädchen zu finden. 

Doch als er es fand, so verliess ihn der Mut. Befand sich doch zu seinen Füssen eine Lilie, ohne Haut, ohne Haar. Nur Blüten zierten sie, säumten ihre zerbrechliche Stimme. Und wie er sie flüstern hörte „Du hast mich gefunden, Liebster!“, da flossen seine Tränen. Tränen aus Liebe zu diesem Mädchen, flüssiges Salz aus Verzweiflung aufgrund ihrer Blumengestalt.

Erst als seine Tränen zu seinen Füssen einen Fluss bildeten, begannen seinen Wangen zu trocknen. Und erst da nahm er erneut ihre Stimme wahr. Sie sang ein Lied, so schön wie ein Sonnenaufgang und ihre Liebe war so hell und klar wie die Mittagssonne. Da empfing er die Wärme ihrer Gefühle und ihre Anwesenheit klärte seine Gedanken. Er stimmte ein in dieses schönste aller Lieder und wer hörte diese wundervollen Klänge, bemerkte wie sie miteinander verschmolzen. Und gemeinsam bildeten sie einen Teppich voller Magie. Ihre Liebe, sie setze eine Kraft frei, wie noch nie zuvor. Und während Fee und Blume sangen voller Leidenschaft, tat die Magie ihren Rest.

Als die Magie verklang, gemeinsam mit dem Lied, da wurde aus zwei Liebenden ein Wesen. Und es ward wie neugeboren, sprach sein erstes Wort, trank seinen ersten Schluck aus dem Fluss der Tränen. Und es betrachtete die Welt mit neuen Äugelein, aber mit dem Wissen endlich komplett zu sein.

Mit der Gestalt eines Mädchens, so zart wie eine Blume. Dem Mut eines Mannes, den die Sehnsucht nach der Liebe anspornte. Voller Neugier und mit dem Wunsch nach dem Fremden war es gefüllt. Beschenkt mit zarten Flügeln, die jede Schönheit der Welt in ein vielfaches Licht brachen. Ja, es hatte alle Fähigkeiten die es brauchte um seinen aussergewöhnlichen Wünschen nachgehen zu können. Endlich besass es die Freiheit, anders zu sein, seinen Instinkten zu folgen. Und den unbezwingbaren Willen, nach den Sternen zu greifen.

Und so endet die Geschicht der ersten Lilienfee. Ist sie aber wohl nicht zu Ende. Denn sie lebt weiter in jeder neuen Generation, in all unseren Lilienkindern. Doch muss jedes Wesen finden seinen Weg zu seinem Herzen. Und erst dann, wenn es seine Wurzeln spürt in seinen Adern schlagen und lernet seinem Instinkte zu folgen, ja erst dann wird es fähig sein, und erst dann wird es würdig sein – Nachfolger dieser beiden Kreaturen zu sein, vereint durch Liebe, Geist und Körper. Alleine aufgrund ihren Wünschen, ihrem Liede der Sehnsucht.

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Ich weiss, es ist nur kurz. Ich hatte gerade Lust dazu, ein bisschen Märchen zu schreiben und ich fand, dass es einzeln besser zur Geltung kommt, als gemeinsam mit einem Kapitel! ;)

Das nächste Kapi lässt auch nicht mehr lang auf sich warten.

Ich widme dieses Märchen @NoxLunae. Ihre Texte regen zum nachdenken an und ich mag ihr Schreibstil <3

Glg Flavia

Verenuna - Stimme der Nacht (Feenland 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt