Kapitel #2 - Ich bin anders...

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Es war ein ganz normaler Schultag eines Schülers der gymnasialen Oberstufe. An diesem Tag hatte ich erfahren, dass ich einen neuen Sportkurs besuchen würde. Schwimmen.
An sich war das ja eine coole Sache. Schon am Nachmittag sollte der Schwimmunterricht beginnen. Meine Badesachen konnte ich schnell daheim holen, das war kein Problem.
Am Nachmittag ging ich also mit einem guten Freund bei mir daheim vorbei, ich holte meine Sachen und dann gings zur Schwimmhalle. Unterwegs unterhielten wir uns ein bisschen über die Mädchen, die ebenfalls Schwimmen gewählt hatten. Zu Fuß waren es etwa zwanzig Gehminuten.
Dort angekommen zählte der Lehrer durch und schickte uns in die Umkleidekabinen. Auch wenn ich eigentlich kein Problem damit hatte, mich mit anderen Jungs in einer "Mannschaftskabine" umzuziehen, zog ich es doch vor, eine Kabine für mich zu nehmen. Denn eines wollte ich nicht so einfach preisgeben: den Schwanz. Einen Schwanz, wie Affen ihn haben. Ich hatte keine Ahnung, warum ausgerechnet mir oberhalb meines Hinterns ein Schwanz gewachsen ist. Auch meine Eltern konnten es mir nach mehrmaligem Fragen während meiner Kindheit nicht erklären. Besser gesagt, sie schwiegen darüber, weil sie es sich selbst auch keinen Reim darauf machen konnten. Irgendwann hatte ich mich damit abgefunden und es einfach hingenommen. Außer mir und meinen Eltern wussten nur wenige davon, eigentlich nur meine engsten Freunde, und das war nur eine Hand voll. Alles andere bezeichne ich als gute Bekannte, nicht als wirkliche Freunde.
Ich zog grüne Badeshorts an und ringelte den Schwanz knapp unterhalb des Hosenbundes um meine Taille. Damit saß die Hose ziemlich weit oben, was natürlich bescheuert aussah. Sie ging mir fast bis zum Bauchnabel. Aber wenigstens war der Schwanz nicht ganz offensichtlich zu erkennen.
So verließ ich die Kabine und ging in die Schwimmhalle, wo ich mich zu meinem Kumpel setzte.
"Alles klar?", fragte er, "Du siehst so angespannt aus."
"N bisl nervös...", gab ich flüsternd zurück.
"Die Sache mit dem Schwanz?" Danny sprach nun auch mit gedämpfter Stimme.
Ich nickte.
"Wird schon. Is ja jetz nich soo offensichtlich."
"Abwarten"
Ein Pfiff seitens des Sportlehrers beendete unsere Unterhaltung.
"Sind jetzt alle da?", fragte er mit kräftiger Stimme.
"Nur Johanna, Sandra und Verena fehlen noch. Die sitzen noch in der Umkleide. Sie albern die ganze Zeit rum."
"Dann geh hin und sag ihnen, sie sollen sich beeilen. Sonst dürfen sie die Übungen vormachen."
Damit lief das Mädchen aus der Halle. Kurz darauf kam sie zurück, in Begleitung der drei anderen Mädchen.
"Boah, wat ne Wucht..."
Ich sah Danny für diese Worte missbilligend an.
"Dein Ernst?"
"Alter, gib dir die doch mal. Wie geil die in ihrem Bikini aussieht. Mann, dieser Arsch... Zum anbeißen."
"Digga, chill. Nebenbei gesagt, persönlich finde ich einen Bikini für den Schwimmunterricht unvorteilhaft."
"Hä? Warum?"
"Wegen dem Widerstand im Wasser. Allein ihre Proportionen wären schon hinderlich."
"Was willst du damit sagen?"
"Ich? Garnichts." Ich grinste ihn an. Währenddessen hatte unser Lehrer schon angefangen zu erzählen, was alles auf uns zukommen würde. Wir hörten ihm nur indirekt zu.
"Ich will dieses Mädel haben", fing mein Freund an zu träumen. "Digga, was du da spürst ist keine Liebe. Das sind deine Triebe."
Er sah mich strafend an. Gerade als er zu einem Konter ansetzen wollte, ließ der Lehrer seine Trillerpfeife erklingen.
"Also, Jungs und Mädels, wir machen jetzt fünf Minuten freies Schwimmen zum Aufwärmen und danach verteilt ihr euch auf die Startblöcke. Alles klar?"
Wir nickten.
"Dann ab mit euch ins Wasser!"
Damit sprangen wir von unseren Plätzen auf und tauchten in das Becken. Die fünf Minuten waren allerdings schnell vorbei und mit einem weiteren Pfiff begaben sich alle Schüler zu den Startblöcken.
Allerdings hatte ich das Pech, mich als erster genau am falschen Block aufzustellen. Und zwar an dem, den der Lehrer zum Vorführen verwenden wollte.
"Ja wunderbar, Lennard, dass du dich freiwillig zum Vormachen anbietest."
Na klasse...
"Also dann. Wir üben jetzt drei Runden Kopfsprung mit Auftauchen und anschließend werdet ihr versuchen, mehrere Meter unter Wasser zurückzulegen. Verstanden? Dann, Lennard, zeig uns einen schönen Kopfsprung!"
Danke, sehr ermutigend von Ihnen...
Ich merkte, wie mich alle gespannt ansahen. Sie warteten nur darauf, dass ich mich blamierte. Ich glaubte sogar ein Kichern seitens der Mädchen vernommen zu haben.
Egal, spring einfach. Kopfsprung packst du easy
Ich spannte mich, beugte mich leicht nach vorn während ich in die Knie ging, nahm ein wenig Schwung und sprang ab. Mit den Händen über Kopf voran tauchte ich ein. Ein schöner Sprung wars, soviel war sicher. Es gab nur ein kleines Problem. Und das bemerkte ich erst, als ich mich am Beckenrand hinaufzog. Meine Badehose war verrutscht.
Och nöö...
Ich stand am Beckenrand und sah an mir hinunter. Alle Blicke waren auf mich gerichtet, das konnte ich spüren. Aus der Hose lugte ein Stück braunes Fell hervor.
Verfluchte Scheiße!...
Ich sah zu den anderen hinüber. Der Lehrer sprach noch, an die anderen gewandt: "Ein klasse Sprung, sehr ordentlich gemacht. Jetzt seid ihr an der Reihe. Ähm, ist was nicht in Ordnung? Ihr schaut so entsetzt."
Natürlich schauen die entsetzt, du Idiot. Die haben noch nie nen Typen mit Affenschwanz gesehen...
Nun sah auch er in meine Richtung. "Was zum..."
"Oh Gott, er hat einen Schwanz. Einen braunen haarigen Schwanz!", traute sich irgendwer zu sagen.
"Is ja voll eklig!" Das konnte ja nur von Johanna kommen...
"Ob der echt ist?", fragte jemand anderes.
"Spinnst du? Wo gibt's denn sowas?"
"Der kann nich echt sein, sowas gibt's garnich!"
"Welcher Idiot klebt sich denn einen Schwanz an?"
"Ja der da! Einfach dumm!"
Na bravo, jetz bin ich das Gespött des ganzen Kurses und morgen der ganzen Schule...
Danny wollte Partei ergreifen und sagte, dass der Schwanz nicht künstlich, sondern echt sei.
Das hätte er besser nicht tun sollen, denn nun fingen alle anderen an zu lachen. Und es war kein freundliches Lachen. Sie lachten mich aus. Sie hielten Danny und mich für Einfallspinsel, komplett gestörte Idioten. Mir reichte es. Ich wusste, dass es keinen Sinn hatte, gegen diese Schar anzukommen. Ich nahm mein Handtuch von der Bank und ging zu den Umkleiden. Ich ließ mich auch nicht vom Lehrer aufhalten. Ich stieß ihn, als er mir den Weg versperren wollte, sanft zur Seite ins Becken hinein. Mit einem traurigen "Entschuldigung" warf ich einen Blick zurück auf die lachende Menge und ging hinaus. Ich hatte mich schnell umgezogen und meine Sachen gepackt, da kam Danny zu mir.
"Hey, hör mal, ich..."
"Danke, Danny, aber ich komm schon allein zurecht. Bis morgen. Ciao." Mit diesen Worten ließ ich ihn stehen und ging hinaus. Draußen war es kühl geworden, Wolken waren aufgezogen und ein eisiger Wind kam auf.
Das passt ja jetz zu meiner Stimmung...
Ich zog den Reißverschluss meiner Jacke bis obenhin zu und machte mich auf den Heimweg. Unterwegs brannte sich mir ein Satz in den Kopf:
Du bist anders. Jetzt wissen es alle...

Dragonball Z mal andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt