Kapitel 8

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Nachdem wir durch den Gang angekommen waren, ging ich direkt zu den Personen, die auf dem Boden saßen und Brot aßen. Männer fraßen die Lebensmittel, als hätten sie Jahre nichts gegessen.
Eine Frau kam auf mich zu.
,,Ich bin mir sicher, ihr seit hungrig.",lächelte sie offen. Ich lächelte zurück, nickte.
Sie drehte sich um, deutete uns, dass wir ihr folgen sollten.
Wir kamen in der Küche an, die Frau drückte uns zwei Tonteller in die Hand.
,,Passt auf die auf, wer welche kaputt macht, muss auch neue machen.",erklärte sie.
,,Danke...",versuchte Dean sich an ihren Namen zu erinnern, falls er sie schon gesehen hatte.
,,Mein Name ist Alove.",sagte sie abermals freundlich. Ich wusste gar nicht, dass so viel Positivität in einen Menschen passte. Insbesondere gegenüber Fremden.
,,Danke Alove.",wiederholte Dean sich.
Aloves Laune steckte an, denn ich fing ohne Grund an, zu grinsen.
Irgendeine Stimme in meinem Schädel sagte mir, dass ich hoffentlich nicht aussah, wie ein Junkie. Aber ich ignorierte diese Stimme, ich wollte ich selbst sein. Und außerdem war mir völlig gleichgültig, wie ich rüberkam.
Alove gab uns je zwei handflächengroße, lauwarme Brotscheiben, dazu ein wenig Fleisch.
,,Das ist selbstgeräuchertes Wildschwein.",kommentierte sie. Das hatte ich noch nie gegessen.
,,Vielen Dank.",bedankte ich mich, und folgte Dean aus der Küche zu einem ruhigen Platz.
Uns wurden Handtücher gebracht, ich rubbelte meine Haare trocken und legte mit das Stoffstück um die Schultern. Dann begann ich, zu essen.
Mein Teller war noch halbvoll, als Mars zu uns kam.
,,Beeil dich.",sagte er finster. Entweder lag es an ihm, oder seine Laune färbte wie bei Above ab.
Ich blickte noch finsterer zurück.
,,Was willst du? Ich gehe jagen, wenn ich aufgegessen habe.",meinte ich.
,,Aber-"
,,Du hast sie gehört.",mischte Dean sich nun ein.
Mars schüttelte leicht den Kopf, als sei er unsagbar enttäuscht über uns. Dann öffnete er leicht den Mund, aber es kam nichts raus. Er drehte sich um, wollte gehen.
Ich wandte meinen Blick wieder dem Essen zu, biss ins Brot.
,,Ich glaube, ihr habt beide das Prinzip nicht verstanden."
Ich schaute auf, sah Mars verwirrt an, der sich wieder zu uns umdrehte.
,,Was?",fragte ich mit vollem Mund. 
,,Ihr habt's echt nicht verstanden.",wiederholte er.
,,Vorauf willst du hinaus?"
Dean hörte sich genervt an.
,,Ich habe hier das sagen. Und wenn ich etwas sage, wird es umgesetzt. Wir könnten ruhig ein Paar Leute aus diesem Club aussetzten, und das werden dann die sein, die nicht genug Respekt zeigen. Ihr.",fuhr er und zornig an.
,,Was soll ich jetzt genau machen?",fragte ich desinteressiert.
,,Leg das Essen weg. Und wagt euch noch einmal, mir auch nur in einer Kleinigkeit nicht zu gehorchen.",fauchte er und sah uns an.
Was, wenn nicht? 
Mars Kiefer mahlte, als er sich ruckartig zu mir umdrehte.
,,Das willst du wirklich wissen?"
Langsam dämmerte es mir. Oh shit. Ich hatte laut gedacht.
Ich versteinerte förmlich, hörte auf zu essen, sah ihn an. Er wird mich in hohen Bogen rausschmeißen. Und Dean gleich dazu.
,,Du wirst heute das Stricken und Töpfern lernen, bis du es kannst. Ohne Pause, ohne Essen. Also iss lieber schnell dein Brot, Kätzchen.",knurrte Mars, drehte sich um und ging. Ich war so sauer auf mich selbst, dass ich gar nicht wahrnahm, dass dieser gute Anführer sich selbst widersprochen hatte.
,,Du bist so dumm.",murmelte Dean.
,,Ich weiß!",jaulte ich auf.
Still stopfte ich mir das restliche Brot in den Mund und stand ohne etwas zu sagen auf, um Mars zu suchen. 
Ich fand ihn in der Halle, er hatte zwei Bögen in der Hand und auch zwei Köcher mit Pfeilen.
Er drehte sich zu mir um, sah mich streng an.
,,Hey Mars."
Keine Antwort.
Ich ging auf ihn zu.
,,Sorry für gerade eben, das war nicht so gemeint... ich... es tut mir Leid.",stotterte ich und versuchte seinem Blick standzuhalten.
,,Du versuchst dich, von der Arbeit zu drücken.",knurrte Mars.
,,Was?! Nein! Ich wollte nur-"
,,Kätzchen, jede Frau hier muss das Stricken und Töpfern lernen. Also mach dir nichts draus.",meinte Mars schulterzuckend, allerings ohne eine Miene zu verziehen.
,,Darauf wollte ich gar nicht hinaus! Und nenn mich nicht Kätzchen!",sagte ich.
,,Ach, du willst mir vorschreiben, wie ich dich zu nennen habe?",fragte er ein wenig belustigt. Endlich hatte sein Gesicht mehr Tiefe bekommen.
,,Du weißt was ich meine.",zischte ich grinsend.
Mars drückte mir den Bogen in die Hand, ebenso den Köcher.
,,Lass uns gehen.",sagte er und ging auf die Tür zu. Er nahm einen Apfel aus seiner Tasche und biss rein.
Ich rührte mich nicht vom Fleck.
,,Mars?",rief ich.
Er drehte sich zu mir um, sah mich prüfend an.
,,Sag bloß, du hast Angst.",sagte er kauend.
,,Nein! Ich... ich kann nicht mit Bogen und Pfeil umgehen.",gestand ich.
Mars kam auf mich zu, legte mir eine Hand auf die Schulter.
,,Du kannst alles, und dann das nicht?",schmunzelte er.
,,Wozu soll ich mit einem Bogen auf Gegner schießen? Ich soll mich verteidigen können, nicht töten."
,,Dann bringe ich es dir eben bei.",lächelte Mars und ging ein Paar Schritte zurück. Er legte den angebissenen Apfel auf seinen Kopf, grinste mich breit an.
,,Fang an, ich bin die Zielscheibe."

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