†Two†

32 3 1
                                    

Mein Leben bestand darin, in meinem „Zimmer" zu sitzen.
Ich sollte einsehen, dass ich etwas falsch gemacht hatte.
Doch es machte alles nur noch schlimmer.

Drei mal am Tag kam ein Betreuer und brachte mir essen und meine Tabletten. Antidepressiva.
Ja.
Ja, ich war schwer depressiv, aber das ist glaube ich jedem klar.

Jeden Tag aß ich nichts.
Es war ein Wunder, dass ich ein noch relativ normales Gewicht habe.
Das sagten sie mir auch jedes mal.

Auch heute kam wieder ein Betreuer und brachte mir Frühstück.
Oder schon Mittagessen?
Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren, da ich seit 6 Monaten nicht einmal raus schauen konnte.

Sie sagten mir, wenn ich mich bessern würde, würde ich eine Etage nach unten kommen.
Doch ich wollte nichts. Ich fühlte nichts. Ich weiß nicht mal mehr, ob ich überhaupt noch Gefühle habe. Ich wurde oft genug verletzt. Irgendwann habe ich einfach aufgehört zu fühlen.
So kann ich nicht verletzt werden.
Von wem auch?

Ich habe seit 5 Monaten mit niemandem mehr geredet.

Meine Eltern, für die bin ich sowieso wie schon gesagt gestorben. Freunde habe beziehungsweise hatte ich nie welche.
Meine restliche Familie durfte ich nie kennen lernen.

Ich will nicht mehr.
Ich wollte noch nie. Wiedermal starre ich nur an die weiße, gepolsterte Wand und schaue dem Betreuer nicht einmal in die Augen.

Ich frage mich, wieso sie mich nicht einfach sterben lassen.
Nach weiteren 5 Minuten gab auch er es auf.
Ich richte mein Blick auf meinen Körper. Meine Haare waren früher sehr lang, wurden hier aber abgeschnitten, damit ich mich nicht gefährde.
Mein ganzer Körper, ab meinen Handgelenken, bis zu meinen Oberschenkeln war vernarbt.
Die neusten Narben waren 6 Monate alt.

Danach konnte ich nie wieder meine Sucht ausüben.
Obwohl ich sie brauchte.
Um glücklich zu sein.

Ich ließ meinen Blick weiter wandern und blieb bei meinem Tattoo hängen.
Es ging meinen ganzen rechten Arm entlang und bestand aus mehreren Federn und einer Taschenuhr.
Es war durch viele Narben zerstört, was es für mich aber nur noch schöner machte.

Ich war extrem blass und hatte dunkel braune Haare.
Ich lächelte, warum auch immer, bis die Tür aufgeschlossen wurde.

Doktor Nemer kam in mein „Zimmer" oder wie ich es nenne, meine Zelle.
„Amy, wir müssen mal wieder die Kontrolle machen." erklärte er mir ruhig und freundlich.
Ich blickte ihn stumm an und nickte.
Er kontrollierte alles mögliche und nahm mir Blut ab. Am Ende sollte ich noch eine Tablette nehmen, bis er wieder anfing zu reden: „Amy, du weißt, was kommt, wenn das so weiter geht."

Ach.
Klar wusste ich es.
Aber es war mir egal.

Ich blickte ihn Stumm an und nickte. Nach ein paar Fragen, wo ich entweder nickte oder den Kopf schüttelte gab er sich zufrieden und ging wieder.

Ich hasse das alles hier. Alles.
Ich will hier weg. Und sterben.

Und er hat es verhindert. Wegen ihm bin ich noch am Leben.
Jeder normale Mensch wäre ihm dankbar, aber ich bin eben nicht normal.

Ich ließ mein Blick wieder durch mein Zimmer schweifen.
Es war hässlich leer hier.
Ich hatte nur ein Bett und eine Lampe.
Ich hockte in einer der hinteren Ecken und weinte, wie fast jeden Tag.
Ich hasse mich.
Und mag mich.
Ich verstehe mich selber auch nicht. Ich hasse mich so sehr, dass ich sterben will, mag mich aber so, dass ich auch leben will.

Will ich wirklich sterben?
Oder leben?

Das letzte, was ich noch mitbekam, durch meine verschwommene Sicht, war wie die Tür geöffnet wurde und mehrere Personen rein kamen.

Dann wurde alles schwarz und ich hörte nur noch gedämpft die Stimmen einiger Menschen.

Ich will leben

××××××××××××××××××××××××××××××××
So, das zweite Kapitel :)
Keine Sorge, die Kapitel werden noch länger.

«Kill me or I will die»Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt