Kapitel 11

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Kapitel 11

Ich musste im Auto eingeschlafen sein, denn als ich mein Bewusstsein wiedererlangte, lag ich vollständig angezogen in einem Bett. Wahrscheinlich hatte Paul mich hierhin getragen. Ich sah auf die Uhr in meinem Handy. Nach ihr war es jetzt zwei Uhr nachts, doch als ich aus dem Fenster schaute, sah ich strahlenden Sonnenschein.

Ich musste mich erst einmal daran erinnern wo ich war. Mit einem Kloß im Hals erinnerte ich mich an die letzte Nacht. Wie hatte ich so dumm sein und glauben können, dass meine Mutter meine Reise nach London ermöglicht hatte? Sie reiste doch in Bristol!! Und außerdem hätte sie mir Bescheid gesagt und nicht irgendetwas hinter meinem Rücken organisiert.

Aber wer steckte denn sonst hinter der Reise? Meine Eltern bestimmt nicht, Josh lebte in Amerika, ebenso wie der Rest meiner Familie. Und meine Freunde? Sie waren auch nicht hier. Außer ... Ich verbot mir, diesen Gedanken weiter zu spinnen. Nein, ER bestimmt nicht. Wieso auch? Und die anderen? Das konnte ich mir gut vorstellen, vor allem wegen Paul, der mich ja abgeholt hatte.

Ich musste hier raus. Mein Herz raste und schien zu platzen, und meine Lunge arbeitete viel zu heftig.

Ich atmete ein paar Mal tief durch, um mich zu beruhigen.

Plötzlich klopfte es an der Tür. Ich zuckte zusammen und rief dann mit dünner Stimme:"Wer ist da?"

"Zimmerservice, Miss!" "Herein!"

Die Tür ging auf, und eine junge, schlanke Frau kam herein. Sie schob ein Wägelchen vor sich her, auf dem mehrere Teller und Tassen standen.

Sie platzierte alles auf einem kleinen Tisch und ging wieder hinaus.

Seit zwölf Stunden hatte ich nichts gegessen! Ich stürzte mich auf mein Frühstück, und stopfte alles in mich hinein. Danach ging ich duschen, und mich anziehen.

Als ich gerade durch das Fernsehprogramm zappte, klingelte mein Handy. "Hallo?" "Rose? Ich bin es, Liam. Paul holt dich in fünf Minuten ab. Er kennt deine Zimmernummer, es ist absolut sinnlos sich einzusperren."

Mit diesen Worten legte er auf. Vollkommen sprachlos starrte ich auf mein Telefon. War das gerade wirklich passiert, oder sponn mein Verstand sich mal wieder irgendeine Geschichte zusammen?

Ich wusste dass es albern wäre wegzulaufen oder sowas in der Art, also zog ich mir Sneakers an und ging hinunter in die Hotellobby.

Und dort wartete schon ein Muskelpaket von Mann auf mich. Er nahm meine Handtasche, und zog mich in sein Auto. "Hey!", protestierte ich, doch es war zwecklos, er ignorierte mich eiskalt.

Er schlug die Tür hinter mir zu, und stieg auf seiner Seite ein.

"Wohin fahren wir?", wollte ich wissen. "Was glaubst du wohl, Rose?" Ich wurde kreidebleich, und schnallte mich unauffällig ab.

Ich sah aus dem Fenster. Wir waren mitten im Herzen von London, hier konnte ich aus dem Wagen springen und es sogar überleben.

Als ich meine Chancen abschätzte, zückte Paul einen Schlüssel und verriegelte die Tür auf meiner Seite, als hätte er meine Gedanken gelesen.

"Hey!" "Nur zu deiner eigenen Sicherheit, Rosie." "Nenn mich nicht so", zischte ich.

Ich ließ mich zurück in den Sitz sinken, und hoffte, dass diese Fahrt niemals enden würde.

Natürlich wurde dieser Wunsch mir nicht gewährt. Irgendwann spürte ich, wie das Auto langsamer wurde.

Ich richtete mich auf, und sah ein großes weißes Haus, auf das wir geradewegs zusteuerten.

Mit einem Mal bekam ich Panik. "Lass mich hier raus!", brüllte ich Paul an. Ich hyperventilierte, und sprang nach vorne, um Paul die Schlüssel für die Kindersicherung zu entreißen.

Er hielt sie fest in seiner Hand, und in meiner Verzweiflung kratzte ich ihm den Handrücken blutig. Er schrie auf und versuchte, mich abzuwehren. Der Wagen schlingerte schon gefährlich.

"Gib her!", kreischte ich und zog an seinem Arm. "Lass das, Rose!", brüllte er.

Plötzlich bekam er mein Oberteil zu packen, und warf mich mit gewaltiger Kraft nach hinten. Ich hörte, wie die Luft zischend aus meiner Lunge entwich. Mein Kopf war gegen die Lehne geknallt, weshalb er stark schmerzte.

Ich stöhnte auf. Aua. "Tut mir leid", sagte er kurzangebunden, dann drehte er sich wieder nach vorne und fuhr auf das gewaltige Anwesen.

Das Sicherheitstor öffnete sich sofort, und das Auto fuhr einige Minuten lang über einen weißen Kiesweg, bevor es zum Stillstand kam.

Meine Tür öffnete sich, und Paul half mir hinaus. Jetzt prangte an meinem Hinterkopf eine ziemlich dicke Beule, was meine Laune auch nicht unbedingt verbesserte.

Paul zerrte mich mehr oder weniger grob ins Haus, wo er mich in einen Sessel drückte, welcher mit Samt überspannt war.

Ich stöhnte noch einmal. Es war ein ziemlich heftiger Aufprall gewesen, immer noch drehte sich alles.

In der Ferne schlug irgendwo eine Tür zu, eilige Schritte kamen eine Treppe herunter gelaufen.

"Rose." Die Stimme kannte ich. Ich suchte in meinem Gedächtnis nach einem Namen den ich ihr zuordnen konnte: Liam. 

Don't walk away without meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt