Kapitel 7

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Pov Marie
Es ist sehr früh. Ich konnte heute einfach nicht richtig schlafen. Es ist immer so. Die Prüfungsangst lässt mich nicht schlafen und heute ist ausgerechnet meine Mündliche Prüfung in Englich. Obwohl ich fleißig gelernt habe, habe ich eines  im Kopf 'du wirst es eh nicht schaffen!' Das hat mir meine Mutter immer wieder gesagt, bis sich das in mein Gedächtnis eingebrannt hat...ich werde es eh nicht schaffen. Ohne ein Auf Wiedersehen, ohne ein viel Glück von meinen Eltern krame ich noch mein Skript ein und mach mich auf zur Prüfung. Zitternd und Schweißgebadet stehe ich vor dem Raum und warte auf die Folter. 'Du wirst es nicht schaffen'. Nun ist es soweit. Ich bin nun dran. Mein vorbereites Referat lief gut, aber der Rest war einfach enttäuschend. 'Ich habe es eh nicht geschafft' mit diesem Gewissen gehe ich ins Rektorat und ziehe mein Refertsthema für deutsch.
Zuhause setze ich eine  strenge Miene auf und antworte auf die Frage, wie es denn lief, mit gut. Ich konnte mittlerweile lügen ohne rot zu werden und meine Eltern sind schuld daran.
Meine Eltern, die mir sagen, ich scheitere immer, die nie stolz auf mich sind, außer es ist perfekt. Die mir sagen, "du wirst es eh nicht schaffen"

"Ahhh", schweißgebadet schrecke ich auf. Es waren meine Gedanken,  nur meine Gedanken an meine Vergangenheit. Heute habe ich einen Abschluss und meine Ausbildung hinter mir, sie haben mir gesagt, ich werde es nicht schaffen.
"Ich hasse euch!!", voller Wut schlage ich gegen die Wand und lass meine ganzen Emotionen raus.
Noch dazu ist Montag, das heißt, ich muss zur Arbeit. Eigentlich mag ich es in unserer Apotheke, die Arbeit, den Kundenkontakt, die Hilfsbereitschaft,  die Fachfrau für Arzneimittel zu sein.
Ich mache mir noch einen Kaffe und mache mich fertig. Es ist nicht all zu weit zur Arbeit und ich werde wie immer sehr freundlich begrüßt, ich liebe meine Kolleginnen. Und obwohl es oft sehr stressig ist, hat man bei uns gar nicht den Anschein, dass es so ist, da bei uns großer Zusammenhalt herrscht, der in unserem Beruf enorm wichtig ist.

Pov Anja
Ich wache auf, mit dem Gefühl, dass irgendwas nicht stimmt. Diese Nacht habe ich sehr schlecht geschlafen, weil irgendwas sagt, dass etwas nicht gut ist. Als ich auf mein Handy blicke, weiß ich was mir Sorgen macht. Marie. Sie hat mir heut Morgen echt komisch geschrieben. Eigentlich schreibt sie immer Sachen wie: Guten Morgen oder Servus. Aber heute kam nur ein "hi Anja, mir geht's heute nicht gut und ich bitte um keine Fragen." Denkste! Wenns sein muss, komme ich persönlich zu ihr vorbei. Ich hatte eh vor, sie zu überraschen. Ich muss ihr noch aber etwas besorgen und mich erkundigen, wann sie heute Feierabend hat.
>>Hey meine liebe. Sag mir doch bitte die Adresse deines Arbeitsplatzes, ich werde dich von der Arbeit abholen<<
Und jetzt hoffe ich, dass sie mir erst in der Pause antwortet und sich nicht von ihrer Arbeit ablenkt.
Hoffentlich freut sie sich über meine Überraschung, aber dafür muss ich in die Stadt, also mache ich mich noch fertig und erledige meine Pflicht.

Pov Marie
Montags ist oft die Hölle los. Es muss viel organisiert werden, großer Kundenansturm und etwas Chaos herrscht jedes mal hier. Aber ich mag es. Ich brauche den Stress, um meine eigenen Sorgen zu vergessen und ich mag es, meine Sorgen während der Arbeit hinter mir zu lassen. Aber irgendwann ist auch dieser Tag vorbei. Anja will mich abholen, also war ich so nett und habe ihr die Adresse gegeben. Ich mache noch die Kasse und verabschiede mich, heute beende ich meinen Tag relativ spät. Es ist mittlerweile nach 6, aber ich will meine Kollegen nicht im Stich lassen.
Draußen wartet Anja und ist etwas in ihr Handy vertieft. Ich lege meine Arme um ihre Schulter: "na du? Wartest du lange?"
"Ach, nur 10 Minuten. Wie geht's dir? Wie war dein Arbeitstag?", sofort nimmt sie mich in den Arm.
"Naja...mir geht's nicht so besonders, aber der Arbeitstag war ganz ok, auch wenns stressig war. Du willst mich aber nicht noch aufs Feld schleppen...Anja ich bin fix und alle!", etwas skeptisch deute ich auf die Sporttasche auf ihrer Schulter.
"Nicht ganz. Lass uns zu dir, ich bin mit dem Auto da"
"Du bist ein Schatz!", voller Vorfreude auf mein Sofa zu hause setze ich mich ins Auto und lehne mich zurück.
"Gibst du mir deine Adresse oder navigierst du mich selbst zu dir"
"Ich bin müde"
"Na gut, gib mir die Adresse.", sie tippt sie ins Navi ein und ich schließe meine Augen.

Anscheinend müsste ich eingeschlafen sein, denn ich werde von sanften Rütteln an der Schulter geweckt. "Hey, meine kleine. Wir sind wohl da. Komm schon", Anja lächelt mich an und hilft mir aus dem Auto.
"Jetzt sag mir doch, was hat das mit der Tasche auf sich? Bleibst du hier über Nacht?"
"Schwätz nicht und mach lieber die Tür auf."
"Jaha, Frau Mittag!"
"Du weißt, dass ich das nicht mag!"
"Was?"
"Na, dass du du mich siezst!", mit einem Grinsen mache ich die Tür auf.
"Ladys First!", vorbildhaft mache ich Platz, damit Anja vorbei kann.
"Bitches next", gibt sie währenddessen von sich.
"Was, dein Ernst? Boa Anja!", sofort gehe ich auf sie los und schubse sie.
"Alles gut. War ein Scherz", ich führe Anja in mein Wohnzimmer, wo sie sich erstmal umsieht, wärend ich mich aufs Sofa setze.
"Wer ist das auf den ganzen Bildern?"
"Meine beste Freundin Anna."
"Und deine Familie?"
"Hier eines mit meiner Mum von meinem 18."
"Du bist wohl kein Familienmensch?", ich schüttle den Kopf.
"Egal, Anja, vielleicht ein ander mal."
"Gut! Alsoo DU willst also wissen,  was ich mit der Tasche will?", sie setzt sich zu mir und legt sich die Sporttasche auf den Schoß. "Dann guck rein!", das lasse ich mir nicht 2 mal sagen. "FUSSBALLSCHUHE!", das war das erste was mir ins Auge viel. Außerdem war noch ein Ball und eine Trainingsjacke vorhanden. Und...ein Brief.

>> Liebe Marie!
Ich habe es nicht bereut, dich kennengelernt.  Du bist ein liebevoller, herzlicher und freundlicher Mensch. Ich bin froh, dir helfen zu können. Ich bin stolz auf dich! Das, was du mir auf dem Platz zeigst, deinen Spaß und dein Durchhaltevermögen. Deshalb ist dieses, von mir zusammengesetztes Geschenk für dich. Hab Spaß damit! Und vergiss nicht, ich bin immer für dich da! Pass auf dich auf.
Ps. Ich habe noch etwas für dich dich. <<

"Anja...was?"
"Naja hier", sie öffnet die Seitentasche und hält mir ein Trikot hin. Eines von ihr.
"Du bist so..ich habe keine Worte für dich!", ich nehme sie in den Arm und fange an zu weinen. Das ist so verdammt lieb von ihr!
"Marie? Kann ich dich was fragen? Und kannst du es mir auch ehrlich beantworten?", ich nicke und warte gespannt.
"Was ist los? Was macht dich unglücklich?"
"Ich habe heute Morgen an meine Vergangenheit und meine Eltern gedacht. Sie waren nie stolz auf mich, sie haben mich kontrolliert, mich unter Druck gesetzt."
"Ganz ruhig. Das reicht. Deswegen bist du kein Familienmensch?"
"Ich hasse sie...ich wurde einfach scheiße behandelt..aber du...du bist stolz auf mich. Sie sind es nicht. Meine Mutter hat mich sogar geschimpft, als ich meinte, ich will Fußball spielen, sie hat mir gesagt, dass dass ich es nicht kann.", ich lasse wieder alles aus mir raus und werde getröstet. Es folgt eine sehr bedrückende Stille, als ich endlich den Mut hab.
"Anja? Kannst du...kann ich dich um was bitten?"
"Alles was du willst!"
"Bleib bei mir, geh nicht,  verlass mich nicht,  bitte, enttäusche mich nicht. Geh nicht, nie."
"Nie", flüstert sie mir ins Ohr und drückt mich noch fester.

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