Kapitel 6

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Pov Anja
Wieder haben wir die Zeit vergessen. Es ist schon sehr spät geworden und Marie muss auch wieder irgendwie heim.
"Hey Anja...ich muss jetzt leider heim. Begleitest du mich noch zum Bahnhof?"
"Klar. Lass uns los.", mit ein wenig Traurigkeit erheben wir uns und laufen durch die Dämmerung.
"Mir geht's so gut bei dir. Ich bin so froh, dass es dich gibt.", Marie schmiegt sich an mich und zittert ein wenig.
"Ist dir kalt?"
"Passt schon, danke"
"Hier! Ich will nicht, dass du frierst!", ich lege ihr meine Jacke um die Schulter und nehme sie in den Arm. "War nicht nötig, trotzdem danke. Meine Füße..."
"Bald kannst du dich ja hin legen."
"Ich werde schlafen wie ein Stein!", das glaube ich ihr sofort.  Wir betreten die helle Bahnhofhalle und besorgen ihr ein Ticket.
An sich ist der Bahnhof sehr leer. "Steigst du schon in deinen Zug?"
"Ich muss leider."
"Du kannst mich am Wochenende besuchen!"
"Kann ich das? Dann werde ich das tun. Bis dann Anja", ein letztes Mal nehmen wir uns noch in den Arm und verabschieden uns.

"Hey wo bleibst du? Es ist schon spät!", ohman die Mädels habe ich ja total vergessen! Sara ruft mich an und macht sich wohl Sorgen.
"Ich bin auf dem Weg. Aber ich werde noch nach Lena schauen."
"Ok. Ich geh dann schon schlafen.", jetzt muss ich mich aber beeilen. Mein schneller Atem hinterlässt kleine Wolken in der Luft, ich muss aufpassen,  nicht irgendwo zu stolpern, denn es ist schnell dunkel geworden.
Es ist sehr still, nur mein Atem und meine schnellen Schritte sind zu hören. Zum Glück habe ich es nicht mehr weit und sehr bald bin ich an meinem Ziel. Auch hier ist keine Menschenseele zu hören..
Also müssen alle schon in ihren Zimmern sein. Wo war nochmal das von Lena und Popp...ahhh ja.
Normalerweise schläft Lena um diese Zeit noch nicht, also versuche ich mein Glück und klopfe an der Tür.
"Ja?", Poppis Stimme ist fast so leise dsss ich sie kaum höre.
"Anja, was machst du hier?"
"Hey Poppi ich wollte nach Lena schauen.", ohne wirklich zu Alex zu blicken, führt mich mein Weg zur bereits schlafenden Lena.
Ich lasse mich auf ihr Bett nieder und schau sie an. Warum musste ich ihr so weh tun..
Es zerreißt mir das Herz. Selbst im Schlaf scheint sie unruhig zu sein. Wie es ihr wohl gehen wird, wenn ich hier bleibe?
"Hey Poppi. Macht es dir was, wenn ich hier bleibe?"
"Naja..solange ich morgen jugendfreie Bilder zu sehen bekomme."
"Du bist ja soooo lustig! Ich habe ein schlechtes Gewissen, dass es ihr wegen mir nicht gut geht..."
"Hat sie mit dir geredet?", die blonde kommt zu mir und schaut mich an.
"Ja hat sie. Aber ich brauche noch Zeit.."
"Lena gibt dir alle Zeit der Welt. Aber sei ehrlich mit ihr."
"Ich kenne Lena sehr gut und ich weiß schon wie ich mit ihr umgehen soll. Lass uns schlafen Popp. Gute Nacht."
"Gute Nacht", etwas enttäuscht darüber, dass ich ihr so direkt geantwortet habe, legt sie sich wieder ins Bett.
Ich selber lege mich neben meine beste Freundin und drücke sie an mich. Sofort merke ich, dass sie sich etwas entspannt. Auch ich schlafe sehr schnell ein.

Pov Lena
Heute Nacht habe ich sehr gut geschlafen, normalerweise hat mir immer etwas gefehlt.
Etwas ganz bestimmtes. Ich spüre, dass ich nicht alleine bin. Ein Bein hat sich auf mich gelegt und 2 sanfte Hände umklammern meine Hüfte. Jetzt weiß ich, was mir immer gefehlt hat. Ich dreh mich um und Anjas Lippen sind nun so nah, dass ich sie küssen könnte. Aber ich rühre mich nicht, lass ihre Hände am Platz und schau ihr beim Schlafen zu. Sie hatte es wohl sehr stressig gestern, denn sie hat noch ihre Alltagsklamotten an. Sie ist einfach wundervoll. Eine fürsorgliche, liebevolle, herzliche und taffe Frau..
"Lena, Guten Morgen", ihr Grinsen überrascht mich etwas, denn ich habe gar nicht gemerkt, dass sie wach ist.
"Guten Morgen, Anja", wie automatisch streift meine Hand über ihre Wangen und meine Augen wollen zu ihren gar nicht erst den Kontakt brechen.
"Gibt es einen bestimmten Grund, warum du hier bist?"
"Naja  ich...ich war erst spät abends hier und du hast schon geschlafen. Ich hatte ein schlechtes Gewissen und Alex hat zugesagt, dass ich hier bleibe..unter einer Bedingung.", och Gott, wie süß, Anja wird rot.
"Welche wäre es denn?"
"Dass sie heute Morgen jugendfreie Bilder zu sehen bekommt.", plötzlich brechen wir beide in Gelächter aus. "Hat sie das gesagt?"
"Ja..."
"Ach Anja...du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben. Ich gib dir wirklich alle Zeit der Welt. Hast du Hunger?", sofort sehe ich diese Erleichterung in ihrem Gesicht. "Ja, ich habe vergessen wann ich das letzte mal was zu mir genommen habe."
"Lass uns frühstücken. Ach...du kannst oft mal nachts zu mir ins Bett schleichen..dann ist mir schön warm.", sie wirft mir ein Lächeln zu und zieht mich aus dem Bett.
"Gut. Abgemacht!"

Pov Marie
Meine Augen öffnen sich ganz schwer und fühlen sich so an, als hätte ich nur sehr wenig geschlafen. Dabei ist es 11 und ich muss aufstehen und etwas im Haushalt erledigen. Meine Füße und Beine tun noch sehr weh von gestern, aber ich muss da durch. Geschrieben hat mir keiner also mache ich mich auf ins Bad und geh erst einmal unter die Dusche. In der Küche, wo mich Geschirrberge begrüßen mache ich mir einen Kaffee und setze mich an den Küchentisch.
Immer wieder kommt mir ein Gedanke: womit habe ich das verdient? Womit habe ich Anja verdient. Anja und ihr Verständnis, ihre Fürsorge. Ich weiß es nicht und wenn ich frage,  bekommme ich nur eine Antwort: du bist toll und etwas besonderes.
Besonders,  was ist das schon? Meiner Familie war ich immer egal. Ich musste in allem die beste sein und das tun, was ihnen passt. Immer war ich unter ihrer Kontrolle. Doch sobald ich 18 wurde, hat es nicht mehr lange gedauert, dass ich weg war. Ich versuche nun auch so gut wie möglich keine Hilfe von ihnen zu benötigen. Meine Ausbildung habe ich soeben beendet und verdiene ausreichend Geld. Schon immer war ich ein Einzelkämpfer,  nur eine hat mich immer unterstützt,  heute sind es 2, die wirklich für mich da sind. Anja und Anna, meine beste Freundin.
Mein Handy reißt mich aus den Gedanken,  wenn man doch vom Teufel spricht,  Anna ruft mich an.
"Hey Süße, alles in Butter? Man hört kaum was von dir!"
"Alles bestens. Ich habe dir so viel zu erzählen!"
"Echt?! Du, hör mal, hast du heute Zeit? Ich komme heut Nachmittag vorbei."
"Ehh...", hilflos schau ich um mich herum.
"Geht klar! Soll ich was kochen oder bestellen wir uns eine Pizza?"
"Pizza klingt gut! Bis dann hab dich lieb!", erschöpft lege ich auf. Oh nein...in wenigen Stunden kommt Anna. Irgendwie muss ich das alles hier in Ordnung bringen. Ok, erst mal anziehen.  Im Schlafzimmer suche ich meine gemütlichen Klamotten und binde meine Haare zu einem Zopf zusammen. Erst die Küche. Ich schalte also Musik an und mach mich ans Geschirr. "Sieht doch besser aus.", der Müll kommt später raus. Jetzt muss ich wischen und saugen.
Es geht alles schneller als ich dachte. Das Wohnzimmer und das Bad waren nicht all zu unordentlich. Nur noch mein Zimmer und alles sieht zumutbar aus. Ich weiß, dass es Anna egal ist, ob es sauber ist oder nicht, aber trotzdem finde ich es besser, wenn es ordentlich ist. Am Ende habe ich sogar noch eine halbe Stunde Zeit, mich umzuziehen.

"Heeey Süße!!", ich werde überfallen von meiner 2 Jahre älteren Freundin.
"Komm erst mal rein.", etwas aufgeregt führe ich sie ins Wohnzimmer, wo sie eine mitgebrachte Weinflasche auf den Tisch stellt. "Warte!", in der Küche hole ich 2 Gläser und schenke uns was ein.
"Boa ich bin soo kaputt!", wie automatisch lehne ich mich an ihre Schulter. "Nun erzähl! Was gibt es denn neues?"
"Du weißt ja, ich bin ein großer Frauenfußballfan. Und du weißt, dass Anja meine Lieblingsspielerin ist?"
"Na hör mal, du schwärmst schon fast von ihr."
"letzte Woche ist sie nach dem Spiel zu mir gekommen und wir haben geredet...und ich habe ihr auch erzählt, dass ich kein Fußball spielen kann und warum es so ist. und weißt du, was sie gesagt hat? Sie hat mich aufgefordert mir zu zeigen, was ich mit dem Ball kann und dann hat sie mir gesagt, dass sie mir dabei hilft Fußball zu spielen. Sie ist so lieb zu mir..sie erzählt mir, dass ich was besonderes bin und dass wir uns gegenseitig brauchen.  Außerdem kann ich sie nächstes Wochenende besuchen."
"Mensch, Marie, das freut mich so für dich! Ich glaube, sowas brauchst du, nachdem du so oft verletzt und verachtet wurdest!"
"Du hast recht. Ich bin froh, euch 2 zu haben. Aber jetzt habe ich Hunger. Wie ist es mit dir?"
"Au ja, lass uns was bestellen."

Zusammen essen wir die Pizza,  reden über Gott und die Welt und trinken den Wein zu Ende. Am Abend verabschiedet sich Anna und ich lege mich ins Bett.
>>Hey wie war dein Tag? <<
Anja hat mir noch geschrieben.
>>oh, hi. Super, ich hatte Besuch. Nur meine Beine tun noch weh. Wie ist es zwischen dir und Lena?<<
>>freut mich. Ruh dich aus. Zwischen uns scheint es sehr gut.<<
Ich bin so müde, dass ich ihr nicht mehr antworte und sofort einschlafe.

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