"Stadtgespräch Nr.1"

472 22 0
                                    

Wütend aber gleichzeitig verwirrt war ich aus dem Gespräch mit Dr. Maxwell gekommen. Mittlerweile hatten die Ärzte es aufgegeben mir weitere Untersuchungen zur Sicherheit oder einen Rollstuhl andrehen zu wollen.Und jetzt, da Joker hinter Gittern des FBI Hauptgebäude saß, gab es für mich auch keinen Grund mehr, mit Begleitschutz herum zu laufen. Jameson hatte mich natürlich nicht sofort wieder bei der Arbeit sehen wollen und um ehrlich zu sein wollte ich auch nicht wieder dorthin. Ich wusste nicht woran es lag. Der Grund, warum ich die letzten Monate zur Arbeit gefahren war, der Grund jeden Morgen aufzustehen war die Hoffnung, den Joker irgendwann in die Finger zu bekommen und den Ruhm als Retterin der Stadt zu ernten – was beinahe so verrückt gewesen war, wie J selbst. 

Aber jetzt, wo all das vorbei und ich das Stadtgespräch Nr. 1 war, fehlte mir der Antrieb, überhaupt noch das Verbrechen zu bekämpfen. Etwas in mir hatte womöglich auch Angst, auf einen weiteren Rückschlag.
Einen Rückschlag den ich – und das wussten alle - nicht verkraften würde.
So war ich nervös und meine Hände zitterten, als Aaron mich einige Tage nach Abschluss der letzten Tests wieder ins FBI fuhr um mit mir gemeinsam die Ergebnisse zu erfahren.
Als wir dort ankamen, war die Situation die gleiche wie die Tage zuvor.
Paparazzi, Journalisten und einfache Menschen die irgend etwas zu sagen hatten drängten sich um unser Auto, als es sich der Einfahrt näherte.
Securities drängten sie immer wieder zurück.
„Bleib sitzen, ich hol dich..."
„Ich gehe allein.", widersprach ich nebenbei, mein Blick starr auf die Leute und die blitzenden Kameras.
„Was? Nein, wir haben gesagt wir ziehen das zusammen durch!", beschwerte sich Aaron, aber ich hörte nicht weiter auf ihn und stieg aus.
„Kassia! Warte! Verdammt."
Ich schlug achtlos die Autotür zu.
Sofort halfen die Männer mit den Westen mir einen Weg durch die Menschen zu bahnen, nur Wortfetzen sprangen mir entgegen.
Ich hatte sie die letzten Tage bereits gesehen, aber ich war noch nie wirklich durch die Menge gelaufen, denn ich hatte immer einen Hintereingang genommen.
Ich hatte die Menge nie gehört, geschweige denn, was sie sagte.
„Detective, sind Sie hier um Ihre Arbeit wieder aufzunehmen?"
„Werden Sie weiter ermitteln um die Verbündeten des Jokers zu fassen?"
„Haben die körperlichen Folgen von Jokers Folter Auswirkungen auf Ihre Karriere?"
Ein etwas jüngerer Mann drängte sich an den Rand meines Gesichtsfeldes, er stach heraus, denn er schien weder ein Kameramann, noch ein Journalist zu sein.
Es war ein normaler Mann, ein Mensch wie jeder andere
„Es ist alles nur Ihre Schuld! Wegen Ihnen ist mein Junge gestorben! Joker hätte Sie zu Tode foltern sollen, Sie hätten es verdient!"
Es packte mich, seine Worte berührten etwas in mir drinnen, ein mir mittlerweile bekanntes Gefühl. Nein, ich wollte es unterdrücken, aufhalten und blieb stehen.
Lass es zu, Kassia.
Nein, das würde ich nicht tun! Ich wurde nicht wahnsinnig!
Das bist du schon längst. Was ist denn so falsch daran?
Ich packte reflexartig den Kragen des Mannes der gerufen hatte und zog ihn zu mir, drohte ihm mit meiner anderen Hand während ich ihn hielt.
Er schien nicht beeindruckt oder ängstlich, während Leute um uns herum aufschrien und begannen Platz zu machen.
Sie denken doch sowieso schon längst, dass du bist wie er. Sie denken, er hat dich zu seiner Lakaiin gemacht. Also warum sie enttäuschen? Warum dich quälen, gib ihnen doch einfach, was sie sehen wollen. Du bist nicht wie sie.
Womöglich hatte die Stimme sogar Recht. Womöglich war es einfacher all das zu ertragen auf diese Weise. Ich müsste ja nicht völlig abdrehen, aber ein bisschen Wahnsinn - was konnte schon schiefgehen?
Womöglich könnte ich davon lernen, irgendwann einmal.
Und es dachten ja sowieso schon alle, dass ich wahnsinnig geworden war.
Wie in Trance blickte ich auf meine Hände, dann auf den Mann und ließ ihn los.
„Sie haben Ihren Sohn verloren bei der Attacke auf das FBI?", fragte ich nach und er nickte.
Ein Heuchler, wie sie alle.
Sie wollen dich nur verunsichern, sie wollen nur ihre nächste Story, Kassia, fall nicht darauf rein. Sie beschuldigen dich um sich selbst besser zu fühlen.
Ich unterbrach die Stimme dieses Mal nicht, versuchte nicht sie zu überhören. Ich gewährte ihr, in meinem Hinterkopf zu erklingen.
Das tun sie schon immer.

"You're going mad"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt