"Diese dämliche Fledermaus"

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Joker ließ mein Gesicht nicht los, selbst nachdem unsere Lippen sich trennten. Seine Augen stachen in meine, als würde sie jegliches Leben in mir durchschauen, jeden Teil meiner Seele durchforsten nach irgend etwas. 

„Was suchst du?"; fragte ich flüsternd.
Mich überraschte, dass er nicht einmal lachte „Hoffnung.", hauchte er.
Es klang so gar nicht nach ihm, was mich irritierte.
„Hoffnung? Auf was?", fragte ich verwirrt.
„Unwichtig.", erwiderte er schnell und beendete das Gespräch indem er mich erneut küsste.
Seine Lippen waren warm und weich auf meinen, begierig drückte ich mich noch enger an ihn, ein Impuls der nicht von mir ausging, sondern eher von etwas fremdem, dunklem in mir drinnen.
Aber dieses Mal tat ich nichts dagegen, sondern gab ihm nach.
Na endlich. Hättest du auf mich gehört, hättest du das gleich haben können.
Joker schlang seine andere freie Hand um meine Hüfte und hob mich hoch als er aufstand, noch immer küssten wir uns.
Als meine Füße den Boden berührten ließ er erneut von mir ab, das wohlige Gefühl in meinem Bauch, meinen Backen und meinen Lippen blieb aber.
Meine Haut stand unter Strom an den Stellen, an denen seine Hände meinen Körper berührten, meine Hüfte, mein Nacken.
„Hast du die Antworten die du haben wolltest?", fragte er verführerisch und ich musste lachen. Aber um so mehr ich darüber nachdachte um so klarer wurde mir, dass ich sie noch lange nicht hatte.
Aber ich war auf einem guten Weg wieder Klarheit über das zu schaffen was ich wollte.
Es war nicht einfach und ich wusste, dass es nicht einfach werden würde, aber ich hatte Joker und das genügte mir für diesen Moment.
„Eine habe ich zumindest.", antwortete ich ihm und löste mich dann langsam.
„Vertraust du mir?", fragte er wie aus dem Nichts.
Das fragte er nicht wirklich oder? Wie konnte er erwarten, dass ich nach einem Kuss mein vollständiges Vertrauen wieder herstellen könnte?
„Wag es nicht mich nach Vertrauen zu fragen, so lange ich mich noch daran erinnere, wie du mich ertränkt hast.", murmelte ich empört.
Du hast es versaut, Kass.
War er so desillusioniert? So unbegreiflich, dass er es nicht verstand, dass der Kuss nichts weiter als ein Anfang und genaugenommen eine Frage war?
„Gut", sagte er grob, nahm sich meine Waffe aus meinem Gürtel und zielte an die Decke.
Ich begriff erst nicht, was er tat, als er einen Schuss abfeuerte, der die Lampe traf und uns in Dunkelheit tauchte.
Beziehungsweise, wäre es dunkel gewesen, wenn nicht der plötzlich schwarze Raum Blick auf die nun für uns durchsichtige Spiegelscheibe des Beobachtungsraums gegeben hätte, in dem eine Figur stand und uns stumm ansah.
„Bats", schnurrte Joker und begann zu lachen, „Ich habe mich schon gefragt wann du an der Party teilnimmst."
Er lachte noch lauter und sein Griff um meine Hüfte noch fester, sodass ich mitschwang, als er sich vor Lachen krümmte.
Meine Aufmerksamkeit galt Batman und seine offensichtlich mir.
Und keinem von uns beiden war zu Lachen zumute.
Diese dämliche Fledermaus.
„Detective Jester, tun Sie jetzt nichts was Sie bereuen würden.", sagte Batman und die Zellentür sprang auf. Wachen drangen in den schon engen Raum und zielten mit ihren Waffen auf uns.
Mein erster Reflex war uns zu verteidigen, aber ich zwang mich ruhig zu bleiben und eher auf die komplett verdatterte Seite in mir zu hören.
„Ist das dein Ernst, Batsy, du zielst auf sie?", fragte Joker, der etwas ähnliches gedacht hatte, „Ich fühle mich beleidigt.", fuhr er fort und ließ mich los, trat einen Schritt zurück.
„Legt ihr Handschellen an und führt sie raus.", sagte Batman weiter durch das Mikrophon.
Ich dachte erst ich hätte mich verhört „Wie bitte, was?", fragte ich, als bereits zwei der Wachen, deren Gesichter ich durchaus kannte, weil sie meine verdammten Kollegen waren, und legten mir Handschellen an.
Ich war zu perplex um mich zu wehren und zu fest davon überzeugt, dass Batman neuerdings noch durchgedrehter war als ich selbst.
Also bitte, das ist wirklich keine neue Erkenntnis. Denk doch nur mal an...
„Nein, ich will es nicht hören."; unterbrach ich die Stimme flüsternd, bevor mich die Erinnerung an diesen ganz bestimmten Moment übermannen konnte.
„J", rief ich und drehte mich um, aber Joker nickte nur und winkte.
Ich war erleichtert zu sehen, dass die Wachen hinter mir aus der Zelle gingen und ihn unverletzt zurück ließen.
Sie brachten mich in den Aufzug, wo Batman mir gegenüber stand.
„Was willst du hier?", fragte ich wütend und zerrte an den Handschellen.
„Gordon hat mich alarmiert und mir bescheid gegeben, dass ihr den Joker geschnappt habt und dass du ihm seine verrückte Besessenheit auch noch entgegen bringst.", sagte er mit seiner tiefen Stimme.
„Hast du deshalb vor ihm so getan, als würdest du mich zum ersten Mal sehen?", fragte ich ohne ihn anzusehen. Denn dann lief ich wieder Gefahr mich zu erinnern.
„Er mordet in deinem Namen, Kassia! Du denkst blos, dass du ihn magst, er spielt mit dir, wie er mit uns allen spielt"
„Tu nicht so, als wüsstest du auch nur irgend etwas über mich!"; fauchte ich und blickte ihm dieses Mal in die Augen, die neben seinem Mund als einzige zu sehen waren, „Du kennst mich doch überhaupt nicht! Joker kennt mich."
„Er hat dich gefoltert, Kassia!"
„Er hat mich zu dem gemacht, was ich bin."; antwortete ich, „außerdem quält er dich seit Jahren und du hast ihn auch noch nicht umgebracht, also tu nicht so, als wüsstest du nicht wie es mir geht."
Die Türen des Aufzugs öffneten sich und sofort kam Victor uns entgegen.
„Sind Sie denn von allen guten Geistern verlassen?!"; rief er erschüttert, als er mich in Handschellen sah und die Waffen, die auf mich gerichtet waren, „Nehmt ihr die Handschellen ab und Waffen runter."; befahl er und winkte uns aus dem Aufzug heraus.
Keiner machte Anregungen mir die Handschellen abzunehmen, aber die Waffen gingen herunter.
Erst als Batman den Wachen zu nickte gehorchten sie. Sofort schuckte ich den Mann von mir weg und stellte mich neben Victor, Batman gegenüber.
„Wer hat Sie reingelassen?", fragte Victor.
„Ich habe mich selbst eingelassen.", erwiderte Batman gleichgültig, „und Sie können mir dankbar sein, dass ich hier bin, denn offensichtlich haben Sie keine Kontrolle mehr über ihre Agents."
„Ich habe sehr wohl Kontrolle, Detective Jester ist im Moment nur in einer etwas schwierigen Situation...", versuchte Victor mich zu verteidigen.
„Nennen Sie eine Affäre mit dem Joker etwa eine schwierige Situation, Jameson?", fragte Batman sarkastisch und ohne nachzudenken hob ich die Hand und verpasste ihm einen Schlag ins Gesicht.
Er macht ihm nicht viel aus, aber das sollte er auch nicht.
Das entscheidende war, dass er ihn nicht blocken konnte und mich jetzt verwirrt ansah.
„Was hat der Joker mit Ihnen gemacht?", fragte er und betrachtete mich von oben bis unten.
Wenn du erlaubst, Kassia?
Fragte die Stimme und ich wusste, dass ich jetzt wieder die Kontrolle verlieren würde.
Aber dieses Mal fühlte es sich nicht so an, als würde etwas Fremdes mich steuern.
„Das weißt du doch ganz genau, Batsy."; schnurrte ich und schmunzelte, „Du warst da, hast die Spannung in der Luft gespürt. Er hat mich besser gemacht, als dich. Schneller, stärker. Hast du Angst, dass jemand dich von deiner Höhle verdrängt? Haha ha ha."
Batman wich zurück, sein Blick sprang zu Victor und dann wieder zu mir.
Gut gemacht, Kass. Ich bin stolz auf dich. Joker wäre es auch.
Ich lachte.
Kein Schwächeanfall.
Kein Blackout.
Kein Bereuen meiner Worte.
Kein Kontrollverlust.
Das war ich und voll ich, die da aus mir sprach.
„Du bist besessen, Kassia.", sagte Batman, „er ist in deinen Kopf gelangt."
Ich schüttelte den Kopf.
„Vielleicht liegt es gar nicht an Joker.", erklärte ich, „Vielleicht ist es einfach nur ein Teil von mir, der sich bis jetzt zurück gehalten hatte. Vielleicht ist es einfach das, zu dem ich geworden bin."
„Er hat dich in eine Waffe verwandelt. Er benutzt dich nur, warum siehst du das nicht? Warum spielst du ihm in die Karten?", fragte Batman, der nicht zu begreifen schien, dass er im Unrecht war.
Und das obwohl er Joker genau so gut kannte wie ich.
„Ich habe mich lange genug versucht zu verstellen. Ich bin nicht wahnsinnig, ich sehe die Dinge nur klarer jetzt. Keiner wollte mich so wie ich war. Also bin ich jetzt so, wie ich sein will. Also brauchst du dir keine Gedanken zu machen, Batman."
Ich schmunzelte, „Dein geliebter Joker ist bei uns in besten Händen."
Jameson legte mir zustimmend eine Hand auf die Schulter.
Batman warf mir nochmal einen warnenden Blick zu, bevor er sich auf dem Absatz umdrehte und durch das Fenster verschwand.
Wenn du das Joker erzählst, wird er ausflippen vor Freude.

"You're going mad"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt