"Nein ernsthaft Mia, wenn da tatsächlich etwas wäre, wärst du die erste der ich davon erzählen würde."
Nein Liebes...das funktioniert bei mir nicht.
Sie zieht schonwieder diesen Schmollmund. Das weiß ich. Und dann tut sie so, als wäre ich Schuld, weil ich ihr nicht genug vertraue. Dabei ist das wahre Problem, dass ich sie einfach zu gut kenne. Wir telefonieren bestimmt schon eine halbe Stunde lang.
Ich hätte ihr einfach schreiben sollen.
Das hätte mich weniger Zeit und Nerven gekostet. Eigentlich wollte ich nur wissen, ob sie mit mir in die Stadt kommt, um meine Bücher zurückzubringen, aber sie hat mir erzählt, dass sie sich heute mit Leroy trifft um zu lernen und...naja, was soll ich sagen?Ich konnte einfach nicht anders.
"Jane, ich bin doch nicht blind. Du schmiltzt doch jedes mal wenn er den Mund aufmacht nur so dahin und ihm geht das genauso."
"Meinst du?", murmelt sie nach einer Weile und ich spüre wie sie rot wird.
"Er ist nicht mehr ansprechbar, wenn du den Raum betreten hast."
Sie kichert.
"Okay, er muss jetzt gleich da sein. Wir sehen uns dann morgen, ja?"
"Bis dann."
Ich lasse den Hörer sinken und hake ihn wieder in die schmale, silberne Gabel des Drehscheibentelefons. Meine Mutter ist besessen von diesen kleinen Sammelstücken und deshalb bei jedem Basar, Flohmarkt oder Sperrmüll immer die erste in der Schlange.
Als es erneut klingelt hebe ich etwas zu schnell ab....ich hab das Ding ja praktisch noch in der Hand..
"Jane, mach dir keine Sorgen. Er wird dir nicht den Kopf abbeißen."
Die Leitung bleibt stumm.
"Jane?"
Keine Antwort.
Verwirrt nehme ich den Hörer vom Ohr und klopfe ihn leicht auf die Tischkannte.
Ganz nach dem Prinzip: Draufhauen geht immer.
Immernoch nichts.
Ich lege auf. Egal,..es gibt wichtigeres.
Zum Beispiel meine Bücher.
Ich schnappe mir also meine Tasche vom Stuhl, ziehe meine Chucks aus dem Regal und mache mich auf den Weg.
Es ist nicht weit bis zur Bücherei. Über die Abkürzung durch den Wald bin ich in einer viertelstunde da, weswegen es mir auch egal ist, dass ich nur in Jogginghose und Tanktop unterwegs bin. Die einzigen Leute die mir in diesem Teil des Waldes begegnen könnten sind die Esotherik-besessene Mrs. Vinter und der stehts gut gelaunte Mr. Dinkel, wenn er mal wieder einen Spaziergang mit seinem Hund unternehmen sollte.
Bevor die beiden anfangen sich für meinen Kleidungsstil zu interessieren, fängt es eher an Stühle zu regnen, das weiß ich sicher.Ich bin schon seit etwa zwei Stunden damit beschäftigt mir neue Bücher auszusuchen, als ich die Türglocke klingeln höre.
Was komisch ist, weil die meisten Kunden nur an den Wochenenden vorbei schauen und schon gar nicht um diese Uhrzeit. Es gibt einfach zu wenig Leute, die sich bei uns ernsthaft für Bücher begeistern können.Ich entscheide mich für zwei der Bücher und stehe von meinem Sessel auf, um die restlichen wieder ins Regal zu stellen.
Ein lautes Seufzen hinter mir lässt mich zusammenzucken.
"Was genau treibst du da?"....genervter ging nicht oder was?
Ich drehe mich um um diesem Mister-Ich-bin-viel-zu-cool-für-dieses-scheiß-Kaff einen finsteren Blick zu zu werfen, aber da mir noch beim Umdrehen bewusst wird, dass ich wohl ziemlich lächerlich aussehe, laufe ich stattdessen knallrot an. Total tolle Angewohnheit, Mia.
"Ich wollte grade gehen."
Seine Augen weiten sich und einer seiner Mundwinkel zuckt verräterrisch.
"Starker Kleidungsstil"
Ja, ich weiß auch, dass ich deppig aussehe.
"Lass das"
"Was?"
"Dich über mich lustig machen.""Tue ich nicht."
Herrausvordernd starre ich ihn an und puste mir eine Haarsträne aus dem Gesicht.
Er sieht mich nicht an.
"Gut,...dann...bedanke ich mich für das Kompliment."
Meine Stimme trieft vor Sarkasmus."Gut."
"Gut!"
Er prustet los.
Ich presse meine Lippen zusammen um es ihm nicht gleich zu tun, kann mich dann aber einfach nicht zusammenreißen."Deine künstlerische Inspiration für dieses Outfit in allen Ehren Mia, aber..."
"....aber die Sterne auf dem Top hätten nicht notgetan?"
"In Kombination mit der Blümchen-Jogginghose etwas gewagt..."
Wir lachen weiter. Als wir uns endlich etwas beruhigt haben, nimmt er mir die Bücher aus der Hand und sieht sich die Cover an. Dann sucht er schnell die Regalreihen ab und legt ein neues Buch auf den Stapel.
"Was ist das?"
"Lies es einfach."
Zufrieden trommelt er noch einmal mit den Fingerspizen auf das Cover und verlässt dann, seelig lächelnd das Geschäft.
Ich glaube er hat nochnichtmal etwas gekauft.
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Never Saw Heaven
Teen FictionBenommen steht er auf und legt dem Typen mit den kastanienbraunen Haaren eine Hand auf die Schulter. "Magst du dich vielleicht selbst vorstellen?" Der Junge sieht auf und lässt seinen Blick durch die Klasse schweifen. Plötzlich spiegelt sich in sein...