Kapitel 2

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"BIN WIEDER DA!",brülle ich und stöpsle mir gleich darauf meine Zeigefinger in die Ohren.
Toni hat das Radio in der Küche auf volle Lautstärke gedreht und fuchtelt wild mit einem Schneebesen in der Hand in der Luft herum.
"I'M SO EXITED AND I NANANANA..",kreischt er lauthals zurück und reißt mir die Tüte mit den Eiern aus der Hand.
Ich bin gezwungen meinen Finger für einen Moment aus dem Ohr zu nehmen,weshalb es gleich darauf anfängt unglaublich unangenehm zu fiepen.
Seine Lippen bewegen sich.
"WAAAS?"
Er stellt den Regler des Radios herunter,zieht meine Hände von den Ohren und lächelt mich belustigt an.
"Danke."

Er drückt mir einen Kuss auf die Wange und wendet sich wieder seiner Schüssel zu.
"Was gibts denn?",frage ich neugierig und piekse einen Strohhalm in eines dieser Trinkpäckchen,die meine Mutter in letzter Zeit nur alzugerne kauft.
"Pfannkuchen"
Ich reibe mir den Bauch.
Gott, ich habe gar nicht gemerkt was für einen Hunger ich eigendlich habe.

In meinem Zimmer angekommen reiße ich sofort das Fenster auf.
Ein unsichtbarer Schwall heißer, stickiger Luft strömmt mir entgegen und entlockt mir ein Säuftzen.
Ich schätze die Außentemperatur der letzten Tage auf mindestens 50 Grad.

Wie halte ich das bloß aus.

Während ich über meine
Hitze-ertrage-Superkräfte staune, lasse ich mich aufs Bett fallen und starre an die Decke.
Die fünf Sterne, die Toni und ich irgendwann mal da oben aufgeklebt haben, sind schon total ausgeblichen und biegen sich mir an einigen Zaken entgegen.
Ich lasse meinen Kopf zur Seite fallen und richte meinen Blick auf den Wecker.

14:28

In einer halben Stunde wird Solvei hier sein.
Ich lege mich auf den Bauch und streiche mir die Haare aus dem Gesicht.
Staub wirbelt auf und bringt die Luft um mich herrum zum glitzern.
Ich säuftse erneut.

Was würde ich nur alles dafür geben, öfter hiersein zu können, sodass dieser angenehme Geruch nach Heu und Stroh für immer in meinem Gehirn hängenbleibt.
Ich kugle mich im Bett herum und lasse mich auf den Boden fallen.
Die alten Holzdielen quitschen gefährlich laut und ich zucke erschrocken zusammen.

Wie immer.

Das ist wohl das Einzige, an das ich mich nie gewöhnen würde.
Ich lache.

Ich bin einfach viel zu schreckhaft für einen alten Hof, auf dem es vermutlich auch noch spukt. Meine Mom kommt herein.
"Hey, wir sind wieder...."
Sie stockt.
"Was ist denn mit dir passiert?"
Ich springe auf und drücke ihr einen Kuss auf die Wange.
"Ach nichts Mom. Schön, dass ihr wieder da seid."
Verwirrrt sieht sie mir nach während ich die Treppe herrunter stolpere und mich wieder zu Toni in die Küche geselle.

Monica hat sich an den Tisch gesetzt und schiebt sich gerade einen dampfenden Pfannkuchen in den Mund aus dem der Apfelmus nur so heraustropft.
Als sie mich sieht, lächelt sie mich mit vollen Backen an.
"Hi", kichere ich und setze mich ihr gegenüber,"Wie wars?"
"hAch daf war fho söhn",murmelt sie mit vollem Mund, schluckt den Bissen herrunter und lacht.
"Entschuldige, aber Pfannkuchen sind und bleiben nunmal mein Lieblingsesssen."
"Geht mir genauso."

Ich schnappe mir auch einen Pfannkuchen,streue Zucker darauf und rolle ihn schließlich zusammen.
"Hey, würdet ihr beiden mir auch noch einen überlassen? Ich hab die Dinger schließlich gemacht."
Empört lässt sich Toni neben mir fallen und zieht die Stirn in Fallten.
Auf seiner Wange klebt ein bisschen Teig, aber das scheint ihn nicht zu stören.

"Ach komm schon Toni..jetzt tu nicht so..du hast doch schon längst gegessen."
Monica streicht ihrem Sohn eine verklebte Haarsträne aus der Stirn und pickst ihm danach spielerisch in die Wange."So lange hälst du es doch ohne etwas zu essen garnicht aus."
"Ich hab aber jetzt hunger!",mault er und schnappt sich auch einen Teiglappen.
"Ihr habt gar keine Ahnung wie anstrengend mein Tag war."

Never Saw HeavenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt