Kapitel 5

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"Wow"

Ich bin gerade nicht in der Lage mehr zu sagen, aber das muss ich auch gar nicht. Etwas anderes währe dem was ich gerade sehe auch garnicht gerecht.

"Schön oder?"

Schön

Ja es ist schön, aber es ist auch noch so viel mehr.

Gemütlich.
Beruhigend.
Atemberaubend
und vorallem ist es intensiev.

Ich stehe im seichten, klaren Wasser einer kleinen von Bäumen und Felsen umrahmten Bucht.
Das Sonnenlicht bricht an der Wasseroberfläche und zeichnet so kleine Streifen auf die runden, bunten Kieselsteine die hier überall herumliegen.
Ich bücke mich, halte meine Hand ins Wasser und greife nach einen dunklen, flachen Stein, den ich kurz darauf über das Wasser springen lasse.

"Der Badestrand ist etwa zwei Kilometer den Strand weiter runter.
Hier kommt eigendlich nie jemand her."
Immernoch staunend drehe ich mich zu ihr um.
Sie lächelt.

Dann geht sie die paar Meter in Richtung Strand zurück, angelt eine Flasche Sonnencreme aus der Tasche und drückt mir kurz darauf einen große Kleks davon in die Handfläche.
"Creme dich gut ein. Die ist wasserfest.", ruft sie mir noch zu bevor sie ihr Shirt über den Kopf zieht und im Bikini ins Wasser läuft.
"Komm schon."
Rasch trage ich das kühle Gel auf der Haut auf und folge ihr.
Die Abkühlung tut gut, aber das Wasser ist auch nicht so kalt, dass man frieren müsste.

"Man, das werde ich echt vermissen",säufts Solvei, als wir wieder am Strand liegen und uns in der Sonne trocknen lassen.
"Hmm"
"Den Strand, die Wellen..es ist so beruhigend...irgendwie."
Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht.
"Als wir noch kleiner waren bin ich mit meinem Bruder im Sommer jeden Tag hier gewesen. Wir haben uns damals versprochen, dass wir diesen Ort nie jemandem zeigen würden."

Sie kreutzt ihre Arme hinterm Kopf und starrt verträumt in die Wolken.
"Aber das musste ich dir einfach zeigen. Es ist einfach zu schön, als das es nie jemand anderes zu Gesicht bekommen soll."
Ich öffne meine Augen, die ich bis jetzt geschlossen gehalten hatte und lasse meinen Kopf in ihre Richtung fallen.

"Danke"

Sie lächelt.
"Warum hab ich dich eigendlich nochnie gesehen, wenn du schon so lange hier lebst. Ich habe bisher fast jeden Sommer hier verbracht."
Sie denkt kurz nach.
"Naja, wir waren eben viel hier, aber wir haben auch zwei Jahre woanders gewohnt, weil wir meinen Vater sonst so selten gesehen hätten. Er muss hin und wieder in ein Büro weiter weg fahren."
"Also kann es sein, dass ihr irgendwann wieder hier seid?"
"Nein, dieses Mal haben wir das Haus verkauft. Die nächste Familie zieht schon nächsten Monat hier ein."
Ich nicke. Schade, ich hätte Solvei wirklich gerne wiedergesehen.

Wir bleiben noch eine ganze Weile am Strand. Solvei erzählt mir viel über den Ort und die vielen Dinge, die sie schrecklich vermissen wird und ich mir unbedingt anschauen muss.
Ich kann sie gut verstehen.
Wenn ich von zuhause wegziehen müsste, würde ich wahrscheinlich erst einmal ein paar Monate daran gewöhnen, dass ich nicht mehr mit dem Fahrrad zu Claire fahren könnte und dass ich mich nie wieder auf die Schaukel in der großen Trauerweide hinter unserem Haus setzen könnte um einfach mal meine Ruhe zu haben.

Es ist dunkel geworden und das blau des Himmels hat sich in ein dunkles Violett verwandelt in dem unzählige Sterne funkeln, als ich mich von Solvei verabschiede, ins Haus gehe und mich in mein Bett lege.

Morgen ist der letzte Tag.

Never Saw HeavenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt