Kapitel 135: Zieh'n wieder Pepp, niemand ist perfekt

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"Luisa, ist alles okay?", tippte Eike mir auf die Schulter und sah fragend zwischen mir und Tim hin und her.
"Ja, ja alles okay. Ich muss da mal eben hin", antwortete ich abwesend, ohne ihn anzusehen und rutschte von meinem Hocker hinunter, um zu Tim zu gehen, der gerade durch die Tür des Vereinshauses gekommen ist und mich keinen Moment lang aus den Augen gelassen hatte. Mein Herz klopfte dabei wie wild gegen meine Brust, sodass es schon fast wehtat und die Musik dröhnte gedämpft, wie in Watte verpackt, in meinen Ohren.
Ich hatte keine Ahnung, was mich jetzt erwarten würde, wie er reagieren würde, wie er zu mir sein würde oder warum er überhaupt hier war. Ich wusste nur, dass sich etwas in mir komischerweise unheimlich freute, ihn zu sehen, auch wenn unser letztes Treffen nicht wirklich glanzvoll verlaufen ist. Ganz im Gegenteil. Und trotzdem fühlte sich alles in mir nach absoluter Vorfreude an.

"Was machst du hier?", war das Einzige, was ich heraus brachte, als ich vor ihm stand und er mich so unendlich verletzt und traurig ansah. Es sollte gar nicht so abweisend oder grob klingen, wie es vielleicht tat, aber ich war wirklich überrascht, dass er jetzt hier stand.

"Luisa", murmelte er mit leicht bebender Stimme und sah mich so sehnsüchtig und gleichzeitig verletzt an, dass mein Herz automatisch zu schmerzen anfing. Dabei griff er ganz instinktiv nach meiner Hand und drückte sie fest. Ich entzog sie ihm nicht. "Können wir raus gehen? Reden?"
Sofort nickte ich und ging vor, um mir meine Jacke zu nehmen und zusammen mit Tim vor die Tür des Vereinshauses zu gehen. Meine Knie fühlten sich dabei so extrem wie Wackelpudding an, dass ich das Gefühl hatte, gleich einfach so umzukippen. Ich war unheimlich nervös und hatte Angst vor dem, was Tim mir zu sagen hatte. Aber konnte es was Schlimmes sein, wenn er mir extra hinterher gekommen ist? Vielleicht hatte Luis ihm ja davon erzählt, dass ich gestern ziemlich erfolglos bei ihm war und er wollte das jetzt wieder gut machen.

Direkt als die Tür sich hinter uns schloss und ich mich umdrehte, griff Tim erneut sichtlich nervös nach meiner Hand und stellte sich so nah vor mir, dass ich trotz der Dunkelheit um uns herum, jede seiner Gesichtszüge und -regungen sehen konnte.
"Luisa, es tut mir leid! Alles tut mir so leid, ich-"
"Tim, hör auf!", unterbrach ich ihn sofort und zwang mich den Klos in meinem Hals herunter zu schlucken. Es war verdammt schwer jetzt vor ihm zu stehen und zu wissen, dass doch noch so viel zwischen uns stand, was wir nicht einfach so unkommentiert lassen konnten. Ich wollte nicht, dass er sich so schlecht fühlte, wollte, dass alles wieder nochmal wäre, doch ich wusste, dass es bis dahin noch eine ganze Weile dauern würde. "Mir tut es leid! Ich hätte dich nicht ignorieren dürfen, das war total blöd von mir!"

"Ich liebe dich", war Tims plötzliche, mich unterbrechende Antwort, die nicht nur ihm Tränen in die Augen trieb und mich sofort schwach werden ließ.
"Ich liebe dich doch auch, Timi." Noch ehe ich mich versah, hatte er auch schon seine Arme um mich geschlungen und mich in seine gezogen. Es fühlte sich so gut an, wieder von seinem Geruch umhüllt zu sein, dass mir nur noch mehr Tränen kamen, die ich gar nicht erst versuchte zu unterdrücken.

"Ich wollte dir nicht weh tun! Wirklich nicht!", schniefte Tim in mein Ohr und drückte mich noch enger an sich.
"Du hast mir nicht wehgetan", erwiderte ich standhaft und legte meinen Kopf in seiner Halsbeuge ab, woraufhin Tim mich sofort noch näher an sich zog und mit einer Hand über meinen Rücken strich, während er die andere an meinen Hinterkopf legte.

"Natürlich hab ich das! Ich... ich war wie Frank", setzte er ganz leise hinterher.
"Wie bitte?", entfuhr es mir erschrocken und ich löste mich schlagartig von ihm, um ihn anzusehen. "Sag das nicht, Tim! Du kannst dich nicht im Entferntesten mit ihm vergleichen!"
"Natürlich! Ich hab dich genauso behandelt, wie er mich und meine Mutter. Und ich hab dir wehgetan. Gott, Luisa, es tut mir so unendlich leid!"

Erneut musste ich tief durchatmen, um mich ein wenig zu beruhigen und sah Tim direkt in seine braunen Augen.
"Bitte denk das nicht, Tim. Mir geht es gut, du hast mir nicht wehgetan und... ich vermisse dich wirklich", redete ich entspannend auf ihn ein und tatsächlich zeigte es Resonanz.
Tim erwiderte meinen Blick, musste sichtbar schlucken und lächelte mich dann ganz zaghaft und schwach an. Er wollte scheinbar noch etwas sagen, entschied sich aber, aus welchem Grund auch immer, dagegen und schloss mich stattdessen erneut einfach in seine Arme. In seine großen, mich stützende Arme.
Ich schmiegte mich an seinen Körper, schlang meine Arme ebenfalls um ihn und legte meinen Kopf an seiner Schulter ab.
"Ich hab dich auch vermisst, Luisa", hauchte Tim mir nach einiger Zeit in meine Ohren und strich mir dabei ganz langsam über meinen Rücken, was auf meiner Haut sofort für eine Gänsehaut sorgte. Es stimmte, er fehlte mir wirklich und das merkte ich jetzt umso mehr. Seine Wärme, seinen Geruch - einfach alles an ihm. Und nun stand er einfach so vor mir, hielt mich fest und zeigte mir, dass er mich genauso vermisst hatte. Könnte es etwas besseres geben?

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