Kapitel 95: Ich will Altes nicht bekämpfen - ich will Neues formen

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"Und, wie war es mit dieser Schlampe?", war so ziemlich das Erste, was Tim gesagt hat, als ich ihm am nächsten Tag die Tür geöffnet hatte. Augenverdrehend hatte ich ihm den Weg frei gemacht und ihn reingelassen, wobei er sich schon seine Schuhe abgestreift hatte und mir hinterher gelaufen war. Ich wusste, dass es gerade nichts gab, worüber wir hätten besser sprechen können, doch ich wollte das Thema am Liebsten einfach nur ignorieren. Bis jetzt war es mir wirklich gut gelungen, denn Jenni war heute überraschenderweise nichtmal in der Schule aufgetaucht, doch Tim machte es jetzt natürlich wieder zum Thema und mich somit ziemlich nervös.

"Nenn sie nicht so."

"Also war's gut?"

"War okay", log ich und drehte mich um, um die Treppe nach oben in mein Zimmer zu gehen.

"Also war es doch nicht gut?" Tim lief die Treppe hinter mir her und sah mich fragend an.

"Doch, es war ganz nett."

"Nett ist die kleine Schwester von scheiße, das weißt du schon?" Tim hatte mich inzwischen eingeholt und oben an der Treppe seine Arme von hinten so um mich geschlungen, dass er mich zu sich ziehen und mir einzelne Küsse auf meinem Nacken verteilen konnte, wobei er mich langsam in mein Zimmer schob.

"Können wir bitte nicht drüber reden?", bat ich und sofort drehte Tim mich in seinem Arm um und zog mich noch näher an sich heran, wobei er mich angrinste.

"Nichts lieber als das." Mit diesen Worten hatte er unser Gespräch auch schon beendet und mich geküsst. Obwohl ich es zuerst total genoss, was Tim dort anstelle, kam mir sofort wieder das Gespräch von Jenni in den Sinn. Dass Tim eine Affäre hatte oder sonst irgendwen Anderes bezweifelte ich doch sehr, das konnte ich mir einfach so gar nicht vorstellen. Doch stimmte es, dass er so langsam wirklich ungeduldig wurde? Dass er wirklich nicht mehr lange warten wollte und so langsam vielleicht sogar genervt von mir war? Er hatte immer gesagt, er würde mich nie drängen wollen mit ihm zu schlafen, doch wünschte er es sich insgeheim wohl doch total, nur gab es bloß nicht zu?

"Was ist los?" Tim löste sich eher widerwillig von mir und sah mich mit schief gelegtem Kopf an. Da ich erstmal gar nichts sagte, sondern nur ertappt an die Wand hinter ihm starrte, streckte Tim seine Hand nach meinem Gesicht aus, um mir eine meiner welligen Haarsträhnen hinter mein Ohr zu streifen und sah mich weich an. "Was hat sie dir gesagt?"
Wie konnte dieser Idiot eigentlich direkt wissen, wo ich mit meinen Gedanken war?

Bei seinem Blick konnte ich nicht anders, als mich seufzend auf mein Bett fallen zu lassen und Tim dann doch von meinem ganzen Gespräch mit Jenni zu erzählen. Er hörte mir die ganze Zeit aufmerksam zu und legte irgendwann, als es mir immer schwerer wurde weiter zu reden, seinen Arm um die Schultern und lächelte mir aufmunternd zu. Ich erzählte ihm davon, dass Jenni total geschockt war, weil wir noch nicht miteinander geschlafen haben, dass ich der Grund dafür war, dass sie der Meinung war, dass er eigentlich nicht mehr warten wolle und sogar, dass er garantiert eine Affäre neben mir habe, wobei ich aber direkt einwarf, dass ich das nie im Leben glauben würde.
Während ich so redete, konnte ich Tim immer mehr ansehen, wie sein Hass auf Jenni kontinuierlich wuchs, weil sie mich so verunsichern musste und legte das auch anhand seiner Worte, die er dann verwendete, dar.

"Luisa, Erstens gibt es keine Regel, die für alle Beziehungen gleich ist und besagt, wann man was machen muss. Zweitens finde ich das absolut gar nicht außergewöhnlich und bin der Meinung, dass diese Schlampe ganz schön einen an der Klatsche hat. Sie ist diejenige, bei der so einiges schief gelaufen ist, wenn sie meint, dir vorschreiben zu müssen, was du tun sollst und währenddessen halb Bielefeld bumst." Mit diesen Worten entlockte er mir sogar ein kleines Lächeln auf mein Gesicht und stieß grinsend aufgrund von meiner Reaktion leicht mit seinem Finger in meine Seite. "Ich kann dir ganz sicher beteuern, dass ich keine Affäre oder sonst irgendwas habe und finde es auch, ehrlich gesagt, ziemlich krass, dass sie so etwas jemandem unterstellt, den sie doch gar nicht kennt, aber naja, sie scheint wohl echt dumm zu sein. Aber du kannst dir ganz sicher sein, dass ich so lange warte, bis du soweit bist und es wirklich möchtest. Das macht mir nicht viel aus, wirklich, vor allem, weil ich weiß, dass du dann, wenn es soweit sind wird, wirklich aus vollem Herzen mit mir schlafen willst und das finde ich eigentlich viel schöner, als es einfach hinter uns zu bringen."
Ich sah vollkommen gerührt und überrascht von diesen Worten, die er gerade von sich gegeben hat, zu Tim hoch und lächelte ihn erleichtert an.

"Danke", murmelte ich und rutschte ein Stück näher zu ihm, um ihm ganz nah zu sein und bei meinen nächsten Worten, die ich mir jetzt schon Tage lang zurecht gelegt hatte und quasi nur noch auf den richtigen Moment gewartet hatte, in die Augen sehen zu können. "Ich liebe dich, Timi", sprach ich es dann aus, was er mir schon vor mehreren Tagen gebeichtet hatte und konnte dabei zusehen, wie seine Augen sich überrascht weiteten und sein Herzschlag sich wohl mindestens verdreifacht haben musste. Bevor er dann noch irgendetwas machen oder sagen konnte, beugte ich mich zu ihm, legte meine Arme um seinen Hals und küsste ihn voller Leidenschaft, weil ich das, was ich gerade gesagt hatte, auch wirklich genauso meinte und obwohl es eine kleine Überwindung war, das so zu sagen, ist mir im selben Moment auch ein riesengroßer Stein von Herzen gefallen. 
Tim brauchte einen Moment, bis er so richtig verarbeitet hatte, was ich ihm gerade gesagt hatte und schlang dann auch direkt seine Arme um mich, um sich so nah wie möglich an sich heran zu ziehen und mich ja nicht mehr loszulassen.

__________

Tim blieb dann noch eine ganze Weile bei mir, während es draußen schon lange dunkel war. Nach einiger Zeit, in der wir uns lediglich geküsst haben, löste er sich irgendwann von mir und erzählte mir total euphorisch davon, wie er heute mit seinem Bruder Luis bei Ikea war und die beiden dort ein paar Sachen für ihre Wohnung gekauft haben. Dabei berichtete er mir von den lustigsten Sachen, wie zum Beispiel als Luis sich in eines der Betten gelegt hatte und daraufhin direkt von einem Angestellten Ärger bekommen hat. Ich hörte ihm währenddessen amüsiert zu und freute mich darüber, dass er solche Freude an der Wohnung und dem Umzug gefunden hatte, dass ich sogar Sabine und Frank kurz vergaß.

"Aber jetzt mal ehrlich, Luisa, du hast mir immer noch nicht gesagt, wie du von der Anzeige erfahren hast", holte Tim mich aus meinen Gedanken und sah mich erwartungsvoll an. Ich riss ertappt meine Augen auf und sofort fiel mir wieder ein, dass er ja gar nichts von Dennis' und meiner Tat wusste. Wie würde er es aufnehmen, dass wir das einfach hinter seinem Rücken gemacht haben?

"Hat Dennis dir nichts gesagt?"

"Nee, er hat mich nur gefragt, was du gesagt hast und da du gar nichts gesagt hast, wollte er dann auch nicht."

"Ja super", knurrte ich und seufzte kurz auf. "Weißt du, wir- also Dennis und ich, wir waren zusammen bei der Polizei."
Tims Augen weiteten sich und er sah mich überrascht an. "Wir wollten dir helfen und für dich Frank anzeigen, weil du es ja eigentlich nicht wolltest und, naja, dann war da halt schon eine Anzeige aufgegeben."
Etwas betreten sah ich nach unten auf meine Bettdecke und zuckte mit den Schultern. Tim sah mich einige Sekunden lang einfach nur an, wobei mir direkt warm wurde, seufzte dann aber jedoch auf und schüttelte müde lächelnd mit dem Kopf.

"Irgendwie konnte ich mir sowas in die Richtung ja schon denken", seufzte er dann und griff nach meiner Hand, die neben mir auf der Matratze lag. "Ich weiß nicht, es ist ja vielleicht gut gemeint, aber ich hätte es besser gefunden, wenn ihr mir vorher Bescheid gesagt hättet", sagte er schließlich und sah mich trotzdem leicht lächelnd an.

"Ich weiß", gab ich murmelnd zu und nickte. "Es war eigentlich eine echt blöde Idee, aber immerhin bist du dann trotzdem den Schritt gegangen und jetzt wird hoffentlich alles besser."
Tim lächelte mich an und nickte, während er wieder ein Stück zu mir rutschte und sich ganz nah neben mich setzte.

"Ja, momentan sieht es echt gut aus", berichtete er dann glücklich lächelnd. "Du weißt gar nicht, wie froh ich darüber bin, jetzt in meine eigene Wohnung zu fahren und nicht wieder zu ihm zurück zu gehen!"

"Ich kann es mir vorstellen", sagte ich lächelnd und kuschelte mich an seiner Schulter an, die viel zu verlockend direkt neben mir war. Tim legte seine Arme sofort um mich und sein Kinn auf meinem Kopf ab.

"Jetzt geht's hoffentlich erstmal nur bergauf", murmelte er dann in meine Haare und gab mir einen kurzen Kuss darauf.

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