13 - Emotionen

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Es vergingen Minuten, Stunden, Tage, in denen ich mir furchtbare Sorgen machte. Ellie wurde in ein Krankenhaus gebracht und so wartete ich auf die Erlaubnis meiner Eltern, um sie endlich wieder sehen zu können. Sie hatten mir viele Fragen diesbezüglich gestellt, die ich mit meinen Lügen umgehen musste. Ich wusste, dass es nicht lange dauern würde, bis sie es herausfanden. Bis sie nicht mehr im Dunkeln tappten und das Licht erblickten, doch ich war nicht vorbereitet.

Glücklicherweise durfte ich sie endlich am Freitag sehen. Sie sah verletzlich in ihrem Krankenbett aus, mit dem großen Verband an ihrem Kopf und ihren geschlossenen Augen. Ein Arzt teilte mir mit, dass sie Glück gehabt hätte, denn es sei nur eine Platzwunde gewesen, die sie schnell in den Griff bekommen konnten. Ich setzte mich zu ihr, auf den alten Plastiksessel und wartete.

Ab und zu kam meine Mutter herein und bestach mich mit einem Becher Kaffee, den ich sowieso nicht trank, da ich Kaffee verabscheute oder irgendwelchen Süßigkeiten, aber ich blieb stets an Ellies Seite, solange, bis sie plötzlich ihre Augen öffnete und grinsend zu mir sah.

,,Sie sagten mir, du würdest nicht kommen, um mich zu besuchen, doch ich habe es gewusst. Ich wusste, dass du hier irgendwann mal sitzen würdest." Ich lachte. ,,Natürlich besuche ich dich und ich habe dir sogar etwas mitgebracht." Behutsam legte ich die Lektüre auf ihren Nachttisch und sie strahlte. ,,Du hast es damals dort vergessen, auf der Bank und es war mir klar, dass niemand es mitnehmen würde, weil niemand diese Worte so sehr fühlte und verstand, wie du." ,meinte ich lächelnd. ,,Sie sind ein Teil von dir." ,,Das stimmt. Ich habe sie schon vermisst."

Ellie versuchte vergeblich sich aufzusetzen und blieb liegen. ,,Komm mal her, du Pappnase." Lachend stand ich auf und gesellte mich zu ihr. Sie griff sofort nach meiner Hand. ,,Ich möchte mich bei dir bedanken, Alice, weil du mir das Leben gerettet hast. Du hättest mich dort liegen lassen können, wie alle Menschen, mit denen ich je befreundet war, aber das hast du nicht und ich danke dir. Du warst mir in einem Monat ein besserer Freund, als all die anderen Wesen, mit denen ich mein bisheriges Leben geteilt habe."

Meine Emotionen platzten förmlich und ich fing an zu weinen. ,,Ellie, ich-" ,,Ich bin noch nicht fertig." ,rief sie empört und hielt meine Hand fest in ihrer.

,,Das, was die anderen dir antun, ist nicht gerecht und das weißt du. Du hast es nicht verdient, so dreckig behandelt zu werden und ich möchte, dass du eins weißt: Lass sie dich schlagen, dich verachten, dich beleidigen, doch lass niemals zu, dass sie dir deinen Stolz nehmen, Alice. Nicht einmal für einpaar Sekunden, denn du bist der wundervollste Mensch, der mir je begegnet ist und das sollst du wissen. Du sollst daran glauben, an dich glauben und nicht an das, was sie dir eintrichtern wollen. Sie wollen dich verletzen und in dem du schwach wirkst, erreichen sie genau das, aber damit ist jetzt Schluss, hast du verstanden?"

Ich nickte und umarmte sie. Sie bedeutete mir viel und ich dachte an ihre ausdrucksvollen Worte, an meinen Stolz, den sie in mir weckte. Nie wieder würde ich ihn mir nehmen lassen, nicht ein einziges Mal.

Song: Same Dark Places ~ JR JR

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