Fleischklops

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Fischbein musste einen Weg hier raus finden. Die Männer waren alle um diesen sonderbaren Anführer versammelt und schienen sich zu beraten. Das war seine Chance, von hier zu entkommen. Es musste doch eine Lösung geben. Und die ergab sich in Form eines Gronckels, der beim Steine Fressen immer näher an den jungen Ingermann herangerückt war.
Das war die Gelegenheit. Fischbein lockerte ein wenig seine Hand, griff ein paar Kieselsteine und versuchte, diese dem Gronckel schmackhaft zu präsentieren.
„Komm her. Lecker Kieselsteine. Na komm schon kleiner, die willst du doch sicher haben." Doch der Drache schien sich nicht zu beirren. Eher ignorierte er den jungen Wikinger und machte keine Anstalten, zu ihm zu kommen. Fischbein musste sich was anderes einfallen lassen. Oder hatte er ihn etwa beleidigt? Vielleicht war es ja kein Er sondern eine Sie. Also versuchte er es noch einmal.
„Na komm her meine Süße. Lecker Steine gibt es hier. Also komm, oder ich muss sie essen." Bei dem Gedanken, selber Steine zu essen, war ihm nicht ganz wohl. Zum Glück musste er das auch gar nicht. Der Gronckel schien dieses Mal auf das Angebot einzugehen und bewegte sich auf Fischbein zu. Ganz langsam fraß der Drache dem Jungen aus der Hand.
Fischbein begriff: Drachen schienen doch keine aggressiven Wesen zu sein. Zumindest dieser wurde schon für ein paar Kieselsteine zu einem Schmusetier. Mal sehen, ob der Gronckel ihn hier heraus befördern könnte.
„Na los. Verbrenn die Seile, dann gibt es so viele Steine, wie du nur essen kannst.", stiftete Fischbein den Drachen an. Und als ob er verstehen könnte, was er sagte, machte sich der Gronckel an den Seilen zu schaffen. Mit denen Fischbein an den Baum gekettet wurde. Kurz darauf war er frei.
Schnell schlich er ins Gebüsch. Der Gronckel ihm folgend. „Und nun lass uns schnell hier verschwinden.", sprach Fischbein zu dem Drachen. Doch als sie sich gerade auf den Weg machen wollten, geschah etwas ungewöhnlich Lautes und Peinliches. Als sich der Gronckel ebenfalls im Gebüsch verkriechen wollte, stieß er einen so lauten Furz aus, dass die Krieger dies bemerkten. Einer von ihnen drehte sich um und sagte: „Fleischklops. Friss nicht zu viel Quarz....WAS?! Alle Mann, der Gefangene flieht."
Plötzlich waren alle Krieger in höchster Alarmbereitschaft. Fischbeins Plan schien nicht ganz so zu verlaufen, wie gedacht.
„Oh Mann, jetzt aber schnell verschwinden." So schnell seine Beine ihn tragen konnten, rannte er ins Gebüsch. Der Gronckel ihm hinterher. Dicht hinter den beiden die Soldaten.
„Lasst ihn nicht entkommen!", rief einer. Fischbein indes rannte, wie in seinem ganzen Leben nicht. Er wusste, was diese Leute mit ihm anstellen würden. Auf eine erneute Gefangenschaft konnte er nicht hoffen. Also hieß es weiter rennen und hoffen, dass die Krieger irgendwie abgehängt werden könnten.
Aber das Gegenteil war der fall. Blöd, wie es kommen musste, stoppte Fischbein, als er sich an einer steilen Klippe wiederfand. Unter ihm die tosende kalte See mit spitzen Felsen. Hinter ihm die Soldaten, die ihn gleich in Stücke schneiden würden. Da kam ihm eine Idee. So verrückt sie auch war, es war nun der einzige Ausweg.
Als der Gronckel sich ihm näherte, zögerte der junge Ingermann nicht lange und stieg auf den Drachen. „Oh Thor, hoffentlich geht das hier gut." Er kniff die Augen zusammen und hoffte, dass der Gronckel, zu dem er erst gerade eine Art Freundschaft aufgebaut hatte, losfliegen würde. Und tatsächlich. Nur wenige Momente später befand er sich in der Luft. Gut hundert Meter weit entfernt von den Klippen und weiter aufs Meer hinaus fliegend.
„Bei den Göttern. Oh meine Güte. Erst jetzt fiel ihm ein, dass er eigentlich Höhenangst hatte. Doch jetzt zurück an Land gehen, wo die Klingen von Soldaten auf ihn warteten, wäre auch keine Lösung gewesen. Also fasste er allen Mut zusammen und sprach zu der Gronckeldame: „Nun los. Auf zum Dorf. Da wo die vielen Lichter sind und ich werde einen Berk der schmackhaftesten Felsen für dich heran schaffen."
Das ließ sich die Gronckeldame nicht zweimal sagen. Sofort nahm sie Kurs auf die vielen Lichter, in der Hoffnung, bald so viele Steine zu bekommen, wie sie essen könnte.

Die Krieger indes hatten das Nachsehen. „Ach Mist. Er ist uns entwischt. Wer konnte auch ahnen, dass der mit einem unserer Drachen losfliegen würde." – „Das ist Fleischklops. Die kannst du doch schon mit einem Sandkorn bestechen.", entgegnete ein anderer.
„Und wer sagt jetzt Drago, dass wir ihn entkommen lassen haben? Ich nicht. Sagen wir einfach, er sei hier von der Klippe in den Tod gestürzt. Einigen wir uns darauf?" Die Krieger nickten und gingen wieder zum Basispunkt zurück.

Indes hatten sich alle im Haus des Häuptlings zusammen gefunden. Hicks hatte mittlerweile Kenntnis von allen. Sogar, dass seine längst verschollene Mutter unter ihnen war. Ein Schock für den jungen Haddock, dachte s Valka doch genau über Drachen wie Hicks es tat. Grobian hatte schon gescherzt, dass das wohl vererbt wurde, aber dabei traf er nicht auf die Resonanz, die erwartet hatte.
Der einzige, der noch kein richtiges Wort gegenüber Hicks herausgebracht hatte, war Haudrauf. Es war, als würde sich ihn ihm eine Blockade einschalet, immer wenn er auf seinen Sohn treffen würde. Er konnte es nicht erklären, aber immer fehlten ihm die Worte. Er war wie verklemmt, wusste nicht, was er sagen sollte und stotterte nur.
„Was machen wir nun?", warf Valka ein. Nach einigen Minuten des Schweigens unterbrach sie die fortwährende Stille und versuchte einen Plan zu erschaffen.
Astrid saß neben Hicks. Immer noch mit verheulten Augen, schien er nicht von ihrer Seite weichen zu wollen. Zu groß waren die Reue und das Gefühl, Astrid viel zu sehr verletzt zu haben.
„Nun. Drago ist weit entfern in seiner Festung sitzend. Das Heer ist zum Großteil auf mich eingeschworen. Theoretisch könnte ich mit dieser Armee gegen ihn ziehen.", schlug Hicks schließlich vor, als er sich ein wenig gesammelt hatte.
„Aber das könnte unter den Anhängern und Gegnern Dragos zu einem Bürgerkrieg im Reich führen. Und dann würden schon bald Chaos und Anarchie herrschen. Das wäre auch keinesfalls gut. Wir müssen was anderes finden."
Plötzlich wurde die Ruhe gestört, als ein Soldat von Hicks die Tür aufriss: „Herr. Kommt bitte! Wir haben einen dicken Jungen aufgegriffen, der auf einem Gronckel ritt. Er redet wirres Zeug."

The Dark RiderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt